Es herrscht die verbreitete, jedoch falsche Auffassung, dass Mahmoud Abbas endlich bereit ist, die im November 1947 von der UN vorgeschlagene Zwei-Staaten-Lösung zu akzeptieren, bei der das Völkerbundsmandat für Palästina in zwei Teile aufgeteilt wurde: einer für das jüdische Volk, der andere für das arabische Volk.
Die Juden von Palästina akzeptierten die Kompromiss-Teilung und erklärten einen Nationalstaat für das jüdische Volk, der dessen historischen Namen tragen sollte: Israel. Die Araber Palästinas ihrerseits lehnten jedoch die Teilung ab und erklärten, sie würden niemals einen Staat für das jüdische Volk oder die Eigenstaatlichkeit für das palästinensische Volk akzeptieren. Sie wollten ebenso wenig einen Staat für das jüdische Volk wie einen Staat für ihr eigenes Volk. Also traten sie den umliegenden arabischen Armeen bei und versuchten, gemeinsam mit diesen Israel zu zerstören und dessen jüdische Bevölkerung ins Meer zu treiben. Ihr Vorhaben scheiterte damals, doch über die Jahre hinweg und bis zum heutigen Tag wollen sie nach wie vor ebenso wenig einen Staat für die Juden wie einen für die palästinensischen Araber. Dies ist der Grund, warum sich Abbas weigert zu sagen, er würde je das UN-Prinzip der zwei Staaten für zwei Völker akzeptieren. Ich weiss das, weil ich ihm selbst bei verschiedenen Anlässen diese Frage gestellt habe.
In ein paar Monaten wird Israel den 70. Jahrestag des historischen UN-Kompromisses feiern, die Führung der Palästinensischen Autonomiebehörde weigert sich jedoch nach wie vor, das Prinzip dieser Resolution zu akzeptieren: zwei Staaten für zwei Völker.
Präsident Trump seinerseits hat sein Bestreben zum Ausdruck gebracht, "das endgültige Abkommen" zwischen den Israelis und den Palästinensern zu schliessen. Dies hat die Diskussionen über den schlummernden Friedensprozess erneut ins Licht der Öffentlichkeit gerückt. Kurz vor seiner Reise in den Nahen Osten – wo er sich in Israel mit Premierminister Netanyahu und mit Präsident Abbas in Bethlehem traf – hatte Trump den palästinensischen Präsidenten ins Weisse Haus eingeladen. Abbas war zuletzt im März 2014 im Weissen Haus gewesen, kurz bevor sich die Pendeldiplomatie-Bemühungen der Obama-Regierung – angeführt von Aussenminister John Kerry – zerschlugen.
Im Vorfeld seines Treffens mit Präsident Trump in Washington sagte Abbas in einer deutschen Veröffentlichung: "Wir sind bereit, mit ihm zusammenzuarbeiten und treffen uns unter seiner [Trumps] Ägide mit dem israelischen Premierminister, um Frieden zu schaffen." Anschliessend äusserte er seine Unterstützung für eine Zwei-Staaten-Lösung, indem er sagte: "Es ist höchste Zeit, um an den Voraussetzungen dafür zu arbeiten." Dies wurde als Bereitschaft vonseiten Abbas' gedeutet, das Konzept eines Staats für das jüdische Volk zu akzeptieren. Im Allgemeinen unterstützt die internationale Gemeinschaft den Gedanken, den israelisch-palästinensischen Konflikt mit zwei Staaten für zwei Völker beizulegen: einem Staat für das jüdische Volk Seite an Seite mit einem Staat für die Palästinenser. Abbas nun als einen Befürworter von zwei Staaten für zwei Völker zu präsentieren hiesse jedoch, die Wahrheit zu leugnen. Die allgemeine Idee einer Zwei-Staaten-Lösung – die Abbas dem Namen nach unterstützt – spezifiziert jedoch nicht, dass einer dieser Staaten für das jüdische Volk und der andere für die Araber wäre. Im Laufe der Jahre hat Präsident Abbas zwar sein Engagement für eine Zwei-Staaten-Lösung ausgedrückt – indem er sagte, er unterstütze einen arabischen Staat in den Grenzen von 1967 mit Ost-Jerusalem als dessen Hauptstadt – sich aber bislang immer wieder geweigert, die Legitimität eines Nationalstaates für die Juden an der Seite dieses arabischen Staats zu akzeptieren.
Betrachten wir Präsident Abbas' eigenen Worte. 2003 sagte er in einem Interview: "Ich habe es schon früher gesagt, und ich wiederhole es: Ich werde das Judentum des Staats oder einen 'jüdischen Staat' niemals akzeptieren." Auf die Frage, ob Israel der Nationalstaat des jüdischen Volks sei (im Kontext von Ehud Olmerts grosszügigem Friedensangebot im Jahr 2008) sagte der PA-Vorsitzende: "Vom historischen Standpunkt aus betrachtet, gibt es zwei Staaten: Israel und Palästina. In Israel leben Juden und auch andere. Dies sind wir bereit anzuerkennen, nichts anderes." Und in einem späteren Interview mit der Tageszeitung Al‑Quds bekräftigte Abbas seine Weigerung, Israel als Nationalstaat des jüdischen Volks anzuerkennen erneut:
"Wir sprechen nicht über einen jüdischen Staat, und wir werden dies auch künftig nicht tun. Für uns gibt es den Staat Israel, und diesen werden wir nicht als jüdischen Staat anerkennen. Ich habe ihnen gesagt, dass es ihre Sache ist und sie sich nennen können, wie immer sie wollen. Aber [ich habe ihnen gesagt], man kann nicht von uns erwarten, dass wir das akzeptieren."
Die Liste solcher Äusserungen vonseiten des Mannes an der Spitze der Palästinensischen Autonomiebehörde liesse sich beliebig fortsetzen. Abbas weigert sich nicht nur die Formulierung "jüdischer Staat" anzunehmen, darüber hinaus lehnt er es hartnäckig ab, die eher beschreibende Formulierung "Nationalstaat des jüdischen Volks" zu akzeptieren.
Selbstverständlich versteht Abbas Palästina als einen muslimischen Staat unter dem Gesetz der Scharia, trotz der realen Tatsache, dass ein wesentlicher Anteil der palästinensischen Araber christliche Palästinenser sind (wenn auch diese Zahl stark rückläufig ist). In Artikel 4 des palästinensischen Grundgesetzes heisst es:
- Der Islam ist die offizielle Religion in Palästina. Der Respekt und die Unantastbarkeit aller anderen himmlischen Religionen sollen gewahrt bleiben.
- Die Prinzipien der islamischen Scharia werden als Hauptquelle für die Gesetzgebung betrachtet.
In einem Artikel für die New York Times sagte der ehemalige israelische Botschafter Michael Oren zum Auftakt des 50. Jahrestags des Sechs-Tage-Kriegs: "Bei dem Konflikt geht es nicht um die 1967 von Israel eingenommenen Gebiete. Es geht in erster Linie darum, ob ein jüdischer Staat im Nahen Osten eine Existenzberechtigung hat. Wie Herr Abbas öffentlich verkündete: 'Ich werde niemals einen jüdischen Staat akzeptieren'."
Oren stellt fest, dass keine sinnvolle Lösung erreicht werden wird, solange Abbas und andere palästinensische Anführer nicht in der Lage sind, die Worte "zwei Staaten für zwei Völker" auszusprechen.
Ann Dismorr (rechts), die Direktorin der UNRWA im Libanon, posiert im Mai 2013 mit einer Karte, auf der der Staat Israel ausgelöscht ist und das gesamte Gebiet zu "Palästina" gehört. (Foto: Palestinian Media Watch) |
Die vorbehaltliche Unterstützung des palästinensischen Anführers für eine friedliche Lösung wird auch durch seine Taten unterminiert. Seit Jahren betreibt die Palästinensische Autonomiebehörde – zuerst unter der Führung von Yasser Arafat und nun unter der des 82-jährigen Abbas – eine abstossende Politik der finanziellen Unterstützung für Terroristen und deren Familien.
Laut offiziellem PA-Haushalt gingen 2016 174 Millionen USD des gesamten Haushaltsbudgets der Palästinensischen Autonomiebehörde als Zahlungen an die Familien sogenannter "Märtyrer" und weitere 128 Millionen Dollar an Gefangene in Sicherheitsverwahrung – Terroristen in israelischen Gefängnissen.
Abbas behauptet, ein Mann des Friedens zu sein. In Wahrheit aber schafft er Anreize, vergibt Belohnungen und stiftet zu Terrorismus an.
Darüber hinaus gilt es zu bedenken, dass Israel 2000–2001 anbot, die Besetzung und den Siedlungsbau zu beenden. Diese grosszügigen Friedensinitiativen hätten einen entmilitarisierten palästinensischen Staat geschaffen. 2008 machte Premierminister Ehud Olmert sogar einen noch grosszügigeren Vorschlag, als er den Palästinensern 97 % des Westjordanlands anbot. Mahmoud Abbas blieb ihm jedoch eine Antwort schuldig. Und auch in den vergangenen Jahren bot die aktuelle israelische Regierung immer wieder die Verhandlung einer Zwei-Staaten-Lösung ohne Vorbedingungen an – noch nicht einmal die vorgezogene Anerkennung von Israel als Nationalstaat des jüdischen Volks. Dennoch fanden keine substantiellen Verhandlungen statt.
Ein Teil der Schuld daran muss sich Barack Obama auf die Fahne schreiben. Indem er ausschliesslich auf die israelische Seite Druck ausübte und nicht auf die Palästinenser, sorgte Obama dafür, dass Abbas auch weiterhin kein Anreiz geboten wurde, das Paradigma der zwei Staaten für zwei Völker anzunehmen. Einen Höhepunkt erreichte dies im Dezember, als Obama den USA erlaubte, bei der sinnlosen UN-Resolution, in der die Klagemauer und weitere historisch jüdische Stätten nicht als Teil Israels anerkannt werden, kein Veto einzulegen. (Man erinnere sich, dass die UN-Resolution 181 eine "besondere internationale Regierung für die Stadt Jerusalem" verfügt hatte und Jordanien sie dennoch illegal in Besitz nahm. Israel befreite Jerusalem 1967 und gestattete es allen, die Klagemauer zu besuchen.)
Es ist eine Tragödie, dass die internationale Gemeinschaft – unter Führung der UN – lieber die Verweigerungshaltung der Palästinensischen Autonomiebehörde ermutigt, als sie dazu zu drängen, den schmerzhaften Kompromiss einzugehen, der von beiden Seiten notwendig ist, um zu einer verhandelten Zwei-Staaten-Lösung zu gelangen. Tatsächlich demonstrierte die UN vor nur wenigen Tagen einmal mehr, dass sie eine Barriere im Friedensprozess ist. In seiner Ansprache vor der UN-Generalversammlung anlässlich des 50. Jahrestags des Sechs-Tage-Kriegs und der israelischen "Besetzung" des Westjordanlands sagte der UN‑Generalsekretär Antonio Guterres:
"1947 erkannte die Welt auf Basis der Resolution 181 der Generalversammlung der Vereinten Nationen die Zwei-Staaten-Lösung an und rief zur Bildung 'unabhängiger arabischer und jüdischer Staaten' auf. Am 14. Mai 1948 wurde der Staat Israel gegründet. Beinahe sieben Jahrzehnte später wartet die Welt immer noch auf die Gründung eines unabhängigen palästinensischen Staats."
Guterres versäumte jedoch zu erwähnen, dass "der Grund dafür, dass die Welt immer noch auf die Gründung eines unabhängigen palästinensischen Staats" wartet, darin liegt, dass die Araber den UN-Teilungsplan, der ihnen ihren eigenen Staat verschafft hätte, ablehnten und sich stattdessen sieben Jahrzehnte lang damit beschäftigten, Israels Legitimität zu untergraben.
Wenn der Wunsch der palästinensischen Führung und des palästinensischen Volks nach ihrem eigenen Staat stärker ist, als ihr Wunsch, dass es keinen Staat für das jüdische Volk geben soll, wird das Ziel der UN-Resolution von 1947 – zwei Staaten für zwei Völker – erreicht werden. Ein guter Anfang wäre es, wenn Abbas endlich der UN-Resolution zustimmen und die folgenden Worte aussprechen würde: "Ich akzeptiere die UN-Resolution von 1947, die zwei Staaten für zwei Völker fordert." Das ist nicht zu viel verlangt von einem Führer, dessen Ziel die Gründung eines muslimischen Palästinenserstaates ist.
Professor Alan M. Dershowitz ist Inhaber des Felix Frankfurter-Lehrstuhls für Rechtswissenschaften, emeritierter Professor und Autor des Buchs "Taking the Stand: My Life in the Law and Electile Dysfunction."