Im Rahmen der umfassenden Bemühungen, Kritiker mundtot zu machen, hat die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) von Präsident Mahmoud Abbas ihren Krieg gegen palästinensische Journalisten, die sich nicht unterordnen oder die man verdächtigt nicht hinreichend loyal gegenüber der Führung in Ramallah zu sein, wieder aufgenommen.
Das ist allerdings nichts Neues: Abbas und sein Umfeld sind seit Langem bekannt dafür, dass sie keine Nachrichten tolerieren, die sie im Besonderen und die Palästinenser im Allgemeinen negativ darstellen.
In den vergangenen Tagen verhafteten die Sicherheitskräfte der PA sechs palästinensische Journalisten aus Bethlehem, Nablus und Hebron. Den Journalisten – Mamdouh Hamamreh, Qutaiba Kassem, Tarek Abu Zeid, Amer Abu Arafeh, Thaer Al-Fakhouri und Ahmed Al-Halaykeh – wird vorgeworfen, "sensible Daten an feindliche Parteien weitergegeben zu haben".
Dies ist allerdings das erste Mal, dass Abbas' PA einen derart lächerlichen Vorwurf gegen palästinensische Journalisten erhebt. In dem Bemühen, ihr aktuelles hartes Vorgehen gegen die freien Medien zu rechtfertigen, veröffentlichte Abbas' Nachrichtenagentur Wafa die Stellungnahme eines "hochrangigen Mitarbeiters der Sicherheitsbehörden", dem zufolge die festgenommenen Journalisten wegen ihrer Rolle bei der "Weitergabe sensibler Daten an feindliche Parteien" verhört werden. Die inhaftierten Journalisten gingen unterdessen in einen Hungerstreik, um gegen ihre Verhaftung zu protestieren.
Kundgebung für die verhafteten Journalisten. (Foto Screenshot Youtube / RT) |
Zahlreiche palästinensische Journalisten sagten, sie hätten nicht gewusst, ob sie lachen oder weinen sollten, als sie von den haltlosen Vorwürfen hörten. Sie sagten, sie wüssten nicht, welche "sensiblen Daten" Abbas und die PA geheim halten wollten.
"Wir verfügen über keine nuklearen Anlagen", bemerkte ein palästinensischer Journalist aus Ost-Jerusalem sarkastisch. "Es ist ganz klar, dass die Führung der Palästinensischen Autonomiebehörde das Sicherheitsthema als Entschuldigung verwendet, um ihre Strafmassnahmen gegen die Journalisten zu rechtfertigen."
Ein anderer Journalist aus Ramallah machte sich lustig über den Vorwurf gegen seine Kollegen. "Das ist die lächerlichste Behauptung seit Jahren", lautete sein Kommentar. "Sie erinnert sehr an die arabischen Diktatoren, die ihre Gegner und Kritiker beschuldigen, Staatsgeheimnisse preiszugeben und Drogen zu konsumieren."
Die Tatsache, dass sich die PA-Führung weigerte, nähere Details über die Natur des von den verdächtigten Journalisten begangenen Vergehens bekanntzugeben, bekräftigte die Ansicht, dass ihre Festnahme nur Teil einer aktuellen Kampagne von Abbas und seinen Schergen ist, um Kritiker zum Schweigen zu bringen und andere Journalisten davon abzuhalten, ihre Jobs zu erledigen oder über Geschehnisse zu berichten, die die palästinensische Führung in einem negativen Licht erscheinen lassen könnten.
Einige palästinensische Journalisten sehen die Sache jedoch in einem anderen Licht. Sie sind der Ansicht, dass die Verhaftung der sechs Journalisten dazu dient, Druck auf die Hamas auszuüben, damit diese zwei Journalisten freilässt, die sie im Gazastreifen festhält: Amer Abu Shabab und Fuad Jaradeh.
Mit anderen Worten, die Sicherheitskräfte der PA halten die sechs Journalisten solange als Geiseln fest, bis die Hamas die beiden Reporter freilässt, die sie ihrerseits gefangen hält. Die von der PA festgehaltenen Journalisten arbeiten für Hamas-nahe Medienkanäle im Westjordanland.
Bezeichnenderweise haben es beide palästinensischen Regimes – die Palästinensische Autonomiebehörde im Westjordanland und die Hamas im Gazastreifen – bislang versäumt, sich für Meinungsfreiheit und freie Medien in ihren Gebieten stark zu machen. Tatsächlich sind sich beide Parteien durchaus einig, wenn es darum geht, Kritik in jeder Form zu unterdrücken. Dutzende palästinensische Journalisten wurden in den vergangenen zwei Jahrzehnten sowohl von der PA als auch von der Hamas ins Visier genommen.
Diese Regimes haben ihre ganz eigene Art, Pressefreiheit zu definieren. Nämlich: Die Presse geniesst unumwundene Freiheit – wenn es darum geht, den Namen Israels zu beschmutzen. Der Name der Hamas oder der Palästinensischen Autonomiegebiete ist jedoch unantastbar. Kritik an einer der beiden Parteien bringt Reporter hinter Gittern oder in ein Vernehmungszimmer.
Hamas und PA ziehen es gleichermassen vor, dass Israel Zielscheibe der Presse ist. Alles was sie dulden, ist journalistische Kritik an kommunalen Dienstleistungen oder an mangelnder Medikamentenversorgung in den Krankenhäusern.
Heute kann mit Sicherheit gesagt werden, dass die Lage der Medienfreiheit unter der PA und der Hamas nicht deutlich anders aussieht, als die unter Bashar Assad in Syrien oder in Nordkorea. Dass es nicht gelungen ist, freie Medien für die Palästinenser zu etablieren, ist nur ein weiteres Zeichen für das palästinensische Versagen beim Aufbau ordnungsgemässer und transparenter staatlicher Institutionen.
Die Palästinenser verfügen über kein funktionierendes Parlament, sie führen keine offene Debatte und sie haben keine freien Medien. Im Westjordanland werden die Medien direkt und indirekt von Abbas und seinen Gefolgsleuten kontrolliert. Im Gazastreifen sind die einzigen "Medien" die von der Hamas kontrollierten – und auch hier stehen sie unter direkter und indirekter Kontrolle der Organisation.
Es gibt jedoch einen interessanten Aspekt in der Geschichte der jüngsten Angriffe von PA und Hamas auf die Freiheit der Medien. Traurigerweise nämlich scheint es vielen palästinensischen Journalisten ziemlich gleichgültig zu sein, wie ihre Kollegen durch ihre Führer in Ramallah und im Gazastreifen schikaniert und unterdrückt werden.
Anstatt breite Protestaktionen für die Freilassung ihrer von den PA- und Hamas-Vernehmern gefolterten Kollegen zu organisieren, machen palästinensische Journalisten immer noch Israel zum Sündenbock. Es ist unglaublich, aber nach wie vor hetzen sie weiter gegen Israel und ignorieren die Tatsache, dass ihre Kollegen von PA und Hamas festgehalten und gefoltert werden.
Anstatt die Freilassung ihrer sechs Kollegen aus den PA-Gefängnissen zu fordern, protestieren palästinensische Journalisten, weil einige israelische (jüdische) Reporter vergangene Woche nach Ramallah kamen, um über den Besuch des jordanischen Königs Abdullah II. zu berichten.
Die Anwesenheit der israelischen Reporter in Ramallah brachte einige palästinensische Journalisten derart auf, dass sie in den sozialen Medien ihrer Wut darüber Luft machten, dass die Palästinensische Autonomiebehörde diesen Reportern erlaubt hatte, in die Stadt zu kommen, um über den Besuch des Monarchen zu berichten.
In einem Cartoon des palästinensischen Karikaturisten Mohammad Sabaaneh ist ein israelischer Journalist zu sehen, der ein bluttriefendes Mikrofon in der Hand hält und einen Hund interviewt.
Solcherlei Hetze war diese Woche auf den palästinensischen Social-Media-Websites nur allzu häufig zu finden. Die Anwesenheit mehrerer israelisch-arabischer Journalisten schien die rassistischen, aufgebrachten palästinensischen Reporter geradezu zu überrollen – es ist die Anwesenheit jüdischer Journalisten, die sie nicht ertragen können.
Dieser Angriff auf israelische Journalisten wurde unterstützt vom palästinensischen Journalistenverband (PJS), einer der Fatah-zugehörigen Organisation unter Leitung von Nasser Abu Baker, einem Korrespondenten der offenkundig unprofessionellen Agence France-Press: Baker war auch Kandidat für die Wahl zum Revolutionsrat der Fatah.
In einer in Ramallah veröffentlichten Stellungnahme verurteilte der PJS die Anwesenheit israelischer (jüdischer) Journalisten in Ramallah aufs Schärfste und drängte Abbas, denjenigen zur Verantwortung zu ziehen, der den israelischen Reportern die Erlaubnis erteilt hatte, in die Stadt zu kommen, um über den Besuch des Königs von Jordanien zu berichten.
Offensichtlich ist die Anwesenheit israelischer (jüdischer) Reporter in Ramallah beunruhigender als die Verhaftung palästinensischer Journalisten durch die PA und Hamas.
An dieser Stelle muss man festhalten, dass der PJS in den vergangenen Jahren das Sprachrohr für Abbas' Behörde war. Anstatt die Rechte der Journalisten zu verteidigen, verwendet die Organisation über 95 % ihrer Texte und Aktionen darauf, Israel zu denunzieren und die Wut gegen israelische Journalisten anzuheizen.
Die hasserfüllte Israel-Besessenheit der palästinensischen Journalisten bringt ihnen jedoch keinen Gewinn. Vielmehr lenkt eine solch gefährliche Befangenheit die Aufmerksamkeit von den wahren Herausforderungen und Bedrohungen ab, mit denen sie von Seiten der PA und der Hamas konfrontiert sind. Indem sie ihre Anstrengungen auf diese verquere Art und Weise ausdehnen, leisten die Reporter ihren Anführern Schützenhilfe beim Aufbau diktatorischer Regimes, die die öffentlichen Freiheiten unterdrücken.
Bassam Tawil ist Muslim und lebt als Wissenschaftler und Journalist im Nahen Osten.