Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass Lebensmittel, die in so genannten jüdischen Siedlungen in Ost-Jerusalem, im Westjordanland und auf den Golanhöhen hergestellt werden, besonders gekennzeichnet sein müssen und nicht das allgemeine Etikett "Made in Israel" tragen dürfen. Das Urteil hat seinen Ursprung in einer Klage der Kellerei Psagot (im Bild), die Weinberge in den sogenannten besetzten palästinensischen Gebieten betreibt, und der Europäischen Jüdischen Organisation. (Bildquelle: iStock) |
Der Gerichtshof der Europäischen Union, das oberste Gericht der EU, hat entschieden, dass Lebensmittel, die in so genannten jüdischen Siedlungen in Ostjerusalem, im Westjordanland und auf den Golanhöhen hergestellt werden, speziell als solche gekennzeichnet sein müssen und nicht das generische Etikett "Made in Israel" tragen dürfen.
Das Urteil, das Israel ausgrenzt, ist vermutlich nicht auf Bedenken hinsichtlich der Lebensmittelsicherheit oder des Verbraucherschutzes zurückzuführen, sondern auf die antiisraelische Außenpolitik der EU. Es wurde scharf kritisiert als voreingenommen, diskriminierend und antisemitisch.
Der Fall der Etikettierungspflicht hat seinen Ursprung in Fragen der Auslegung der EU-Verordnung 1169/2011 vom 25. Oktober 2011 über die Verbraucherinformation über Lebensmittel. Die Verordnung war in der Frage der Kennzeichnung von Lebensmitteln aus Israel nicht eindeutig.
Am 12. November 2015 hat die Europäische Kommission im Bestreben, die bestehenden EU-Rechtsvorschriften über Herkunftsinformationen von Produkten aus von Israel besetzten Gebieten zu klären, eine so genannte Auslegungsdirektive veröffentlicht. Diese Direktive besagt, dass Lebensmittel, die in der EU verkauft werden, nicht als "Made in Israel" gekennzeichnet werden dürfen, wenn sie außerhalb der Grenzen Israels von vor 1967 hergestellt werden. Das Dokument erklärt:
"Im Einklang mit dem Völkerrecht erkennt die Europäische Union die Souveränität Israels über die von Israel seit Juni 1967 besetzten Gebiete, namentlich die Golanhöhen, den Gazastreifen und das Westjordanland einschließlich Ostjerusalem, nicht an und betrachtet sie nicht als Teil des israelischen Staatsgebiets, ungeachtet ihres rechtlichen Status nach israelischem Recht."
Am 24. November 2016 veröffentlichte das französische Wirtschafts- und Finanzministerium eine so genannte Ministerialmitteilung (JORF Nr. 0273, Text Nr. 81), in der die Auslegung der EU-Rechtsvorschriften über Kennzeichnungspflichten für israelische Produkte durch die französische Regierung dargelegt wurde. Die französischen Anforderungen, die noch strenger sind als die der EU, verlangen:
"Für Erzeugnisse aus dem Westjordanland oder den Golanhöhen, die aus Siedlungen stammen, ist ein Hinweis auf 'Erzeugnisse von den Golanhöhen' oder 'Erzeugnisse aus dem Westjordanland' nicht zulässig. Obwohl sich diese Begriffe tatsächlich auf das weitere Gebiet oder Territorium beziehen, aus dem das Produkt stammt, ist anzunehmen, dass das Weglassen der ergänzenden geografischen Informationen, dass das Produkt aus israelischen Siedlungen stammt, den Verbraucher über den tatsächlichen Ursprung des Produkts irreführt. In solchen Fällen ist es notwendig, in Klammern den Ausdruck 'israelische Siedlung' (colonies israéliennes) oder gleichwertige Begriffe hinzuzufügen. Beispielsweise können Ausdrücke wie 'Produkt aus den Golanhöhen (israelische Siedlung)' oder 'Produkt aus dem Westjordanland (israelische Siedlung)' verwendet werden."
Im Januar 2017 reichten Psagot Winery Ltd., eine israelische Weinkellerei, die Weinberge in den so genannten besetzten palästinensischen Gebieten betreibt, und eine französisch-jüdische Gruppe namens European Jewish Organization (Organisation Juive Européenne) eine Klage ein, in der sie den Staatsrat (Conseil d'État), das höchste Verwaltungsgericht Frankreichs, aufforderten, die Ministerialmitteilung für nichtig zu erklären, da die französischen Anforderungen der Förderung eines Wirtschaftsboykotts gegen Israel entsprechen würden.
Am 30. Mai 2018 machte der Staatsrat geltend, dass er nicht in der Lage sei, über die Rechtssache zu entscheiden, und verwies sie an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Beratung.
Am 12. November 2019 entschied der in Luxemburg ansässige Gerichtshof zugunsten der französischen Regierung:
"Auf Lebensmitteln aus vom Staat Israel besetzten Gebieten [muss] ihr Ursprungsgebiet und, wenn sie aus einer Ortschaft oder einer Gesamtheit von Ortschaften kommen, die innerhalb dieses Gebiets eine israelische Siedlung bildet, zusätzlich diese Herkunft angegeben werden."
"Das Ursprungsland oder der Herkunftsort eines Lebensmittels [ist] anzugeben, wenn ohne diese Angabe eine Irreführung der Verbraucher möglich wäre, weil bei ihnen der Eindruck erweckt würde, dass dieses Lebensmittel aus einem anderen als seinem tatsächlichen Ursprungsland oder Herkunftsort kommt."
"Die Verbraucher [könnten] irregeführt werden, wenn auf Lebensmitteln der Staat Israel als 'Ursprungsland' angegeben wird, obwohl die Lebensmittel tatsächlich aus Gebieten stammen, die jeweils über einen eigenen völkerrechtlichen Status, der sich von dem des Staates Israel unterscheidet, verfügen, aber von diesem Staat besetzt sind und im Sinne des humanitären Völkerrechts einer beschränkten Hoheitsgewalt dieses Staates als Besatzungsmacht unterliegen."
"Die Angabe des Herkunftsgebiets der fraglichen Lebensmittel ... [ist] verpflichtend, um zu vermeiden, dass die Verbraucher in Bezug auf die Tatsache irregeführt werden könnten, dass der Staat Israel in diesen Gebieten als Besatzungsmacht und nicht als souveräne Einheit präsent ist."
"Die Verbraucher [könnten] ohne diese Angabe, wenn also lediglich das Ursprungsgebiet angegeben wird, irregeführt werden. Die Verbraucher können nämlich, wenn jegliche Information fehlt, die ihnen darüber Aufschluss geben könnte, nicht wissen, ob ein solches Lebensmittel aus einer Ortschaft oder einer Gesamtheit von Ortschaften kommt, die eine Siedlung bildet, die in einem dieser Gebiete unter Verstoß gegen die Regeln des humanitären Völkerrechts errichtet wurde."
"Die Bereitstellung von Informationen [muss] es den Verbrauchern aber ermöglichen, unter Berücksichtigung nicht nur von gesundheitsbezogenen, wirtschaftlichen, umweltbezogenen oder sozialen, sondern auch von ethischen Erwägungen oder solchen, die die Wahrung des Völkerrechts betreffen, eine fundierte Wahl zu treffen. Der Gerichtshof hat insoweit darauf hingewiesen, dass solche Erwägungen die Kaufentscheidung der Verbraucher beeinflussen können."
Das Urteil des Gerichtshofs, das effektiv die strengen französischen Kennzeichnungsvorschriften in der gesamten Europäischen Union zur Geltung bringt, wurde entschieden verurteilt, als Ausdruck der antiisraelischen Ausrichtung der EU. Viele Kommentatoren stellten fest, dass die EU von allen territorialen Konflikten der Welt — von der Krim über Nordzypern bis hin zu Tibet und der Westsahara — Israel als das einzige Land mit besonderen Kennzeichnungspflichten herausgestellt hat.
Das israelische Außenministerium sagte, das Urteil sei "moralisch und prinzipiell inakzeptabel". In einer Erklärung fügte es hinzu:
"Israel lehnt das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), das als Instrument in der politischen Kampagne gegen Israel dient, entschieden ab. Das gesamte Ziel des Urteils besteht darin, eine Doppelmoral gegenüber Israel herauszustreichen und anzuwenden. Weltweit gibt es über 200 laufende territoriale Dispute, doch der EuGH hat keine einzige Entscheidung über die Kennzeichnung von Produkten aus diesen Gebieten getroffen. Das heutige Urteil ist sowohl politisch als auch diskriminierend gegenüber Israel.
"Dieses Urteil mindert nur die Chancen auf Frieden und widerspricht den Positionen der Europäischen Union zu diesem Konflikt. Es spielt der Palästinensischen Autonomiebehörde in die Hände, die sich weiterhin weigert, direkte Verhandlungen mit Israel aufzunehmen, und es ermutigt radikale anti-israelische Gruppen, die Boykotte gegen Israel fördern und fordern und sein Existenzrecht verweigern."
Israels Botschafter bei den Vereinten Nationen, Danny Danon, sagte, dass die Entscheidung das antisemitische Klima in Europa heute widerspiegelt:
"Dies ist ein weiteres Beispiel dafür, dass Europa seine Kapitulation gegenüber den Feinden Israels fortsetzt. Die Diskriminierung des zionistischen Unternehmens durch die EU wird dem Antisemitismus juristischen Schutz bieten. Die Entscheidung des Gerichts wird diese alte Bigotterie nur auf dem Kontinent verbreiten und den Kräften, die versuchen, den jüdischen Staat zu untergraben und zu schädigen, zusätzlichen Treibstoff liefern. Der heutige Tag ist ein durch Europas eigenes Tun zu verantwortender dunkler Fleck, der nie weggewaschen wird."
Das in New York ansässige Lawfare Project, das rechtliche Schritte zur Bekämpfung des Antisemitismus finanziert, sagte, dass das EU-Recht eine Diskriminierung israelischer Juden zulässt und es ermöglichen wird, Produktkennzeichnungen für politische Zwecke zu verwenden:
"Die Entscheidung des Gerichts ist diskriminierend; Waren, die von Juden und Muslimen in derselben Region hergestellt werden, werden aufgrund politischer Entscheidungen von europäischen Beamten unterschiedliche Bezeichnungen tragen. Die Verpflichtung zur Kennzeichnung von Produkten mit einem ethnischen und religiösen Element ist ein gefährlicher Präzedenzfall. Tatsächlich ist die Entscheidung in Gebieten wie dem Golan, in denen es keine definierten "Siedlungen" gibt, völlig undurchsetzbar, und die Einhaltung würde eine Art Volkszählung der Ethnie, Nationalität und/oder Religion der Erzeuger erfordern, um festzustellen, wie Produkte gekennzeichnet werden müssen. Die Unlogik des Urteils zeigt sich auch darin, dass palästinensische Muslime — genau diejenige Bevölkerung, die nach Ansicht des Gerichts rechtmäßige Einwohner von israelisch kontrollierten Gebieten ist und in diesen tätig ist — selbst einer abwertenden Kennzeichnung unterliegen werden. Und obwohl Israel die historische Heimat des jüdischen Volkes ist, versucht der Gerichtshof, Juden Ausländer in ihrem eigenen Haus zu nennen. Die Behauptung des Gerichts, dass selbst der genaueste geografische Standort oder die genaueste Anschrift des Herstellers unzureichend ist und dass die ethnische Zugehörigkeit und/oder Nationalität der Hersteller selbst ein notwendiger Faktor für die Kennzeichnung ist, ist ein klarer Hinweis darauf, dass die Absicht darin besteht, Diskriminierung zu fördern."
Die Exekutivdirektorin des Lawfare Project, Brooke Goldstein, sagte, dass die "Entscheidung, religiöse Diskriminierung in ein Gesetz zu kodifizieren, für Europa peinlich ist". Sie fügte hinzu:
"Es gibt keinen legitimen Grund dafür, dass Produkte, die von Muslimen und Juden am gleichen geografischen Ort hergestellt werden, unterschiedlich gekennzeichnet werden. Tatsächlich ist die unterschiedliche Behandlung von Menschen aufgrund ihrer Religion die Definition von Bigotterie, und wir wissen, was passiert, wenn Europa diesen Weg geht. Muslime, die unter der Herrschaft der Palästinensischen Autonomiebehörde leben, sind ebenso 'Siedler' wie Juden — sie dürfen sich beide legal nach demselben Vertrag, den Osloer Abkommen, niederlassen."
Der leitende Anwalt des Lawfare Project, François-Henri Briard, sagte, dass das Gericht "politischen Vorurteilen" Rechnung getragen habe. Er fügte hinzu:
"Wenn eine solche Kennzeichnung auf israelische Produkte angewendet wird, muss sie sicherlich auch auf zahlreiche andere Länder auf der ganzen Welt angewendet werden, von denen behauptet werden könnte, dass sie gegen das Völkerrecht verstoßen."
Der Rechtsberater der Kellerei Psagot, Gabriel Groisman, sagte:
"Während es viele Bemühungen gibt, Israel zu diskriminieren und zu boykottieren, müssen sich die von Boykotten Betroffenen weiterhin für ihre Rechte vor Gerichten in allen Teilen der Welt einsetzen. Trotz des ungünstigen Urteils dieses Gerichtshofs können Sie sicher sein, dass Psâgot nicht aufhören wird, für die Gleichbehandlung seiner Rechte nach dem Gesetz zu kämpfen."
Das U.S. Aussendepartment sagte, dass die Kennzeichnungspflicht "auf ein antiisraelisches Vorurteil hindeutet" und fügte hinzu:
"Diese Forderung dient nur dazu, Boykotte, Devestitionen und Sanktionen (BDS) gegen Israel zu ermöglichen, zu erleichtern und zu fördern. Die Vereinigten Staaten lehnen jede Anstrengung, sich an BDS zu beteiligen oder anderweitig wirtschaftlichen Druck auszuüben, Israel zu isolieren oder anderweitig zu delegitimieren, eindeutig ab. Der Weg zur Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts führt über direkte Verhandlungen. Amerika steht mit Israel gegen die Bemühungen, wirtschaftlichen Druck auszuüben, es zu isolieren oder zu delegitimieren."
Eugene Kontorovich, Professor an der Antonin Scalia Law School der George Mason University und Direktor des Kohelet Policy Forum in Jerusalem, sagte, dass der Europäische Gerichtshof "eine neue Art von gelbem Stern auf jüdische Produkte setzt". Er fügte hinzu:
"Nun sind jüdische Produkte die einzigen, die je nach Herkunft mit speziellen Etiketten versehen werden müssen. Diese eklatante Diskriminierung macht es dringender denn je für die Trump-Regierung, sich Brüssel zu widersetzen, indem sie offiziell das macht, was seit langem in den USA üblich ist, damit diese Produkte als 'Made in Israel' bezeichnet werden können.
"Das Urteil zeigt auch, dass es nicht um die Palästinenser geht, sondern um die Juden. Denn selbst auf den Golanhöhen, wo es keine Palästinenser und keine Diskussion über einen palästinensischen Staat gibt, haben die Europäer dieselbe Regelung eingeführt. Und wir wissen, dass es nicht um Besetzung geht, weil sie diese Regeln in keinem anderen besetzten Gebiet der Welt oder irgendwo anders anwenden."
Der Vorsitzende der European Jewish Association mit Sitz in Brüssel, Menachem Margolin, fasste es wie folgt zusammen:
"Die gesamte Basis der Kennzeichnungspflicht ist eine reine Diskriminierung des einzigen jüdischen Staates der Welt. Ist irgendein anderes Land der Welt mit umstrittenem Territorium einer so eklatant einseitigen Politik unterworfen? Die Antwort ist nein. Sie steht auch im Widerspruch zu dem von der Welthandelsorganisation festgelegten internationalen Handelsstandard.
"Besonders beunruhigend ist die Botschaft, die damit heute an die israelische Öffentlichkeit übermittelt wird.
"Da Geschäfte, Schulen und Unternehmen wegen des Angriffs durch massives willkürliches Raketenfeuer aus dem Gazastreifen geschlossen werden müssen, da Israelis Schutz suchen und Grenzstädte und -dörfer sich gegen das Schlimmste behaupten müssen, sendet die EU ihnen ein Signal nicht der Unterstützung oder Solidarität, sondern der strafrechtlichen und unnötigen Markierung.
"Das ist die schlimmste Art, zu fiedeln, während Rom brennt. Der Europäische Gerichtshof, der Israel für seinen 'Verstoß gegen die Regeln des humanitären Völkerrechts' zitiert, während die Hamas und ihre Akolythen unschuldige Zivilbevölkerungen in Israel bombardieren, ist eine der perversesten Ironien, die ich seit geraumer Zeit erlebt habe."
Soeren Kern ist ein Senior Fellow am New Yorker Gatestone Institute.