Die Europäische Union hat dem Druck Chinas nachgegeben und einen Bericht über die Bemühungen Chinas, die Schuld an der Coronavirus-Pandemie abzuwehren, abgeschwächt. Offizielle Stellen in Peking haben Berichten zufolge damit gedroht, den Export von medizinischen Hilfsgütern nach Europa zu blockieren, falls der Bericht in seiner ursprünglichen Form veröffentlicht würde. Abgebildet: Chinas Außenminister Wang Yi im EU-Hauptquartier in Brüssel, am 17. Dezember 2019. (Foto von John Thys/AFP über Getty Images) |
Die Europäische Union hat dem Druck Chinas nachgegeben und einen Bericht über die Bemühungen Chinas, die Schuld an der Coronavirus-Pandemie abzuwehren, abgeschwächt. Offizielle Stellen in Peking haben Berichten zufolge damit gedroht, den Export von medizinischen Hilfsgütern nach Europa zu blockieren, falls der Bericht in seiner ursprünglichen Form veröffentlicht würde.
Die Enthüllungen kommen, während chinesische Diplomaten auf der ganzen Welt eine aggressive Desinformationskampagne führen — beschrieben als Diplomatie im Stil eines "Wolfskriegers", benannt nach einer chinesischen nationalistischen Actionfilmreihe — die darauf abzielt, das Narrativ über den Ursprung des Coronavirus unter Kontrolle zu halten.
Chinesische Gesandte waren besonders aggressiv auf Twitter, das sie dazu benutzen, westliche Journalisten, Parlamentarier und Think-Tank-Gelehrte anzugreifen, einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen — im Wesentlichen jeden, der Chinas offizieller Version der Ereignisse widerspricht.
Im vergangenen Jahr richteten laut der Nachrichtenagentur Reuters mehr als 60 chinesische Diplomaten und diplomatische Vertretungen Twitter- oder Facebook-Konten ein, obwohl beide Plattformen in China verboten sind, und nutzten sie, um Pekings Kritiker auf der ganzen Welt anzugreifen.
Am 21. April berichtete die in Brüssel ansässige Nachrichtenagentur Politico Europe, dass sie eine Vorabkopie eines EU-Berichtes über chinesische und russische Desinformationsaktivitäten im Zusammenhang mit der Coronavirus-Krankheit (Covid-19) erhalten habe. Der Bericht, den die EU am selben Tag veröffentlichen wollte, enthielt den folgenden Absatz:
"China hat weiterhin eine weltweite Desinformationskampagne geführt, um die Schuld für den Ausbruch der Pandemie abzuwehren und sein internationales Image zu verbessern. Es wurden sowohl offene als auch verdeckte Taktiken beobachtet".
Chinesische Funktionäre setzten sich rasch mit den Vertretern der Europäischen Union in Peking in Verbindung, um zu versuchen, den Bericht zu verhindern, wie die New York Times berichtet, die ebenfalls eine Originalversion des Berichts erhalten hatte.
Der Auswärtige Dienst der EU veröffentlichte den Bericht — Covid-19 Desinformation — schließlich am 24. April, doch die Sprache über China wurde stark abgeschwächt. Die New York Times erklärte:
"Der ursprüngliche Bericht zitierte Pekings Bemühungen, die Erwähnung des Ursprungs des Virus in China einzuschränken, indem man teilweise die Vereinigten Staaten für die internationale Verbreitung der Krankheit verantwortlich machte. Er stellte fest, dass Peking Frankreich kritisiert hatte, dass es nur langsam auf die Pandemie reagiere, und falsche Anschuldigungen erhoben habe, dass französische Politiker rassistische Beleidigungen gegen den Chef der Weltgesundheitsorganisation...
"Doch China agierte rasch, um die Veröffentlichung des Dokuments zu blockieren, und die Europäische Union zog sich zurück. Der Bericht stand kurz vor der Veröffentlichung, bis hohe Beamte Revisionen anordneten, um die Sprache abzumildern...
"Der Satz über Chinas 'globale Desinformationskampagne' wurde gestrichen, ebenso jede Erwähnung des Streits zwischen China und Frankreich. Andere Sätze wurde abgeschwächt...."
Unter dem Druck chinesischer Funktionäre griff Esther Osorio, Kommunikationsberaterin von Josep Borrell, dem Leiter des diplomatischen Dienstes der EU, persönlich ein, um die Veröffentlichung des ersten Berichts zu verzögern. Die New York Times schrieb:
"Frau Osorio, die Assistentin von Herrn Borrell, bat Analysten, das Dokument zu überarbeiten, damit es sich weniger explizit auf China und Russland konzentriert, um den Vorwurf der Voreingenommenheit zu vermeiden, wie aus einer E-Mail und Interviews hervorgeht. Sie bat die Analysten, zwischen dem Pushen von Desinformation und dem aggressiven Pushen eines Narrativs zu unterscheiden und beides zu dokumentieren, 'da wir bereits einen starken Pushback von CN sehen' — eine Abkürzung für China."
Die EU erhoffte sich angeblich eine bessere Behandlung europäischer Unternehmen in China. Am 25. April enthüllte jedoch die South China Morning Post, die ebenfalls eine Kopie des Originalberichts erhalten hatte, dass Peking gedroht hatte, medizinische Lieferungen nach Europa zurückzuhalten, falls der Abschnitt über China nicht entfernt werde.
Der indische geopolitische Analyst Brahma Chellaney fasste die weitreichenderen Auswirkungen des Handelns der EU zusammen:
"Die EU zensiert ihren Bericht auf Druck Chinas selbst. Um ihren Bericht abzuschwächen, entfernte die EU Hinweise auf Chinas pandemiebedingte "Desinformationskampagne". Die EU bleibt ein schwaches Glied beim Aufbau eines Konzerts der Demokratien gegen Chinas muskelbepackten Autoritarismus".
In der Zwischenzeit haben chinesische Diplomaten in der ganzen Welt, angeführt von Außenminister Wang Yi, auf Regierungen und Einzelpersonen, die ihrer Meinung nach China beleidigt haben, eingeprügelt. Einige Analysten sagen, dass dies den wachsenden Einfluss Chinas in internationalen Angelegenheiten widerspiegelt. "China will, dass andere Länder wissen, wer der Boss ist", schrieb die China-Beobachterin Bethany Allen-Ebrahimian.
Andere Analysten argumentieren, dass Chinas Unnachgiebigkeit die Zerbrechlichkeit der Kommunistischen Partei Chinas widerspiegelt und dass der chinesische Präsident Xi Jinping den Nationalismus schürt, um seine Kontrolle inmitten wachsender innenpolitischer Wut über seinen falschen Umgang mit der Coronavirus-Krise zu festigen. "Alle Regierungen machen sich Sorgen, wie sie diese Seuche überleben werden, aber für eine autoritäre Ein-Parteien-Regierung sind die Ängste existentiell", bemerkte Kevin Libin, Kolumnist und geschäftsführender Herausgeber der kanadischen National Post.
Auf jeden Fall hat die chinesische Drucktaktik in einigen Fällen funktioniert — auch bei der Europäischen Union und den Philippinen. Bei anderen ist Chinas Mobbing spektakulär nach hinten losgegangen.
Am 15. April veröffentlichte Deutschlands populärste Zeitung Bild einen Artikel mit dem Titel "Was China uns bisher schuldig ist", in dem vorgeschlagen wurde, dass China Deutschland 150 Milliarden Euro (162 Milliarden Dollar) als Reparation für die Coronavirus-Pandemie zahlen sollte. Der Artikel enthielt eine detaillierte Auflistung der wirtschaftlichen Schäden, darunter 50 Milliarden Euro für Verluste von Kleinunternehmen und 24 Milliarden Euro für entgangenen Tourismus.
Die chinesische Botschaft in Berlin reagierte darauf mit dem Vorwurf, Bild sei rassistisch. In einem Brief schrieb der Botschaftssprecher Tao Lili:
"Ihr Bericht entbehrt nicht nur ganz wesentlicher Fakten und genauer Zeitabläufe sondern auch einem Mindestmaß an journalistischer Sorgfaltspflicht und Fairness. Wer so aufrechnet, wie Sie das mit der BILD-Zeitung von heute tun, schürt Nationalismus, Vorurteile sowie Fremden- und Chinafeindlichkeit. Es wird weder der traditionellen Freundschaft zwischen beiden Völkern noch einem seriösen Verständnis von Journalismus gerecht. Ich frage mich gerade vor diesem Hintergrund, woher in Ihrer Redaktion die Abneigung gegen unser Volk und unseren Staat kommt?"
Statt sich einschüchtern zu lassen und sich zu unterwerfen, konterte Bild-Chefredakteur Julian Reichelt mit einem eigenen Brief: "Sie gefährden die ganze Welt". Er erschien in deutscher und englischer Sprache und richtete sich direkt an Präsident Xi Jinping. Reichelt schrieb:
"Sie regieren durch Überwachung. Ohne Überwachung wären Sie nicht Präsident. Sie können alles überwachen, jeden Ihrer Bürger, aber Sie weigern sich, die hoch seuchenriskanten Tiermärkte in Ihrem Land zu überwachen.
"Jede kritische Zeitung oder Internetseite machen Sie dicht, aber nicht die Buden, an denen Fledermaussuppe verkauft wird. Sie überwachen Ihr Volk nicht nur, Sie gefährden es auch – und damit die ganze Welt.
"Überwachung führt zu Unfreiheit. Wer nicht frei ist, ist nicht kreativ. Wer nicht innovativ ist, erfindet nichts. Deswegen haben Sie Ihr Land zum Weltmeister im Diebstahl von geistigem Eigentum gemacht.
"China bereichert sich an den Erfindungen anderer, statt selber zu erfinden. Der Grund dafür ist, dass Sie die jungen Menschen in Ihrem Land nicht frei denken lassen. Der größte chinesische Exportschlager, den keiner haben wollte, aber der trotzdem um die Welt gegangen ist, ist Corona...
"Sie haben ein undurchschaubares, intransparentes China geschaffen, das erst für einen unmenschlichen Überwachungsstaat stand und nun für die Verbreitung einer tödlichen Seuche steht. Das ist Ihr politisches Erbe.
"Ihre Botschaft schreibt mir, ich würde der "traditionellen Freundschaft unserer Völker" nicht gerecht werden. Ich nehme an, Sie betrachten es als große "Freundschaft", wenn Sie jetzt großzügig Masken um die Welt schicken. Ich nenne das nicht Freundschaft, sondern lächelnden Imperialismus.
"Sie wollen China stärken durch eine Seuche, die von China ausging. Ich glaube nicht, dass Sie persönlich Ihre Macht dadurch noch retten können. Ich glaube, dass Corona über kurz oder lang Ihr politisches Ende bedeutet."
Weitere Beispiele aus jüngster Zeit sind die Bemühungen chinesischer Diplomaten, diejenigen im Ausland einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen, die die chinesische Regierung herausfordern:
Australien
Am 23. April rief der australische Premierminister Scott Morrison alle Länder, die Mitglieder der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind, dazu auf, eine unabhängige Untersuchung der Coronavirus-Pandemie zu unterstützen. Er sagte, dass alle Mitglieder der WHO verpflichtet sein sollten, sich an einer Überprüfung zu beteiligen, und fügte hinzu, dass Australien während der WHO-Versammlung am 17. Mai auf diese Untersuchung drängen werde.
Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Geng Shuang, antwortete: "Die von Australien vorgeschlagene so genannte unabhängige Untersuchung ist in Wirklichkeit eine politische Manipulation. Wir raten Australien, seine ideologischen Vorurteile aufzugeben."
Brasilien
Chinas Botschafter in Brasilien, Yang Wanming, teilte einen Tweet, der später gelöscht wurde und die Familie von Präsident Jair Bolsonaro als "großes Gift" bezeichnete, nachdem sein Sohn Eduardo die "chinesische Diktatur" für die Coronavirus-Pandemie verantwortlich gemacht hatte. Der Tweet zog eine Rüge des brasilianischen Außenministers Ernesto Araújo nach sich, der den Tweet als unangemessenes Verhalten für einen Botschafter bezeichnete.
Kanada
Am 19. April prangerte die chinesische Botschaft in Ottawa das Macdonald-Laurier-Institut (MLI), eine führende kanadische Denkfabrik, an, nachdem dieses einen offenen Brief veröffentlicht hatte, in dem es die chinesischen Behörden beschuldigte, die Pandemie zu vertuschen. Die chinesische Botschaft schrieb:
"Kürzlich veröffentlichte das Macdonald-Laurier-Institut den so genannten offenen Brief, behauptete fälschlicherweise, die Wurzeln der Pandemie lägen in einer Vertuschung durch China, führte böswillige Verleumdungen und Angriffe auf die Kommunistische Partei Chinas und die chinesische Regierung durch und mischte sich grob in die inneren Angelegenheiten Chinas ein. Die chinesische Seite bringt ihre entschiedene Ablehnung solcher Aktionen des MLI zum Ausdruck.... Wir fordern das MLI auf, sich an die Berufsethik zu halten, sich auf die Arbeit zu konzentrieren, die ein Think Tank leisten soll, die Forschungsarbeit nicht zu politisieren und den antichinesischen Unsinn aufzugeben".
Ein Gelehrter am MLI, Kaveh Shahrooz, twitterte:
"Die chinesische Botschaft in Kanada hat eine Erklärung herausgegeben, in der sie das @MLInstitute, in dem ich als Senior Fellow tätig bin, angreift. Wir sind den Regierungen wie denen Chinas, Irans und Russlands ein Dorn im Auge. Ich bin ungeheuer stolz auf diese Tatsache."
Ein weiterer MLI-Stipendiat, Shuvaloy Majumdar, twitterte:
"Ich möchte die Botschaft der Volksrepublik China in Ottawa dazu beglückwünschen, dass sie dazu beigetragen hat, mehr Licht auf die Einschüchterung der Kommunistischen Partei gegenüber ihrem eigenen Volk und deren fortgesetzten Missbrauch im Ausland zu werfen."
Die kanadische Regierung hat zu diesem Thema geschwiegen. Charles Burton, ein hochrangiger Kollege und China-Experte am MLI, sagte, das Schweigen Ottawas werde Peking nur ermutigen, weitere Versuche zu unternehmen, die Redefreiheit in Kanada zu ersticken:
"Man würde erwarten, dass die kanadische Regierung mit der chinesischen Botschaft über eine solche Erklärung sprechen würde. Es handelt sich eindeutig um den Versuch, in die Meinungsfreiheit eines kanadischen Think-Tanks einzugreifen und Anschuldigungen gegen den Think-Tank zu erheben, die offensichtlich jeglicher Grundlage entbehren."
Am 19. April twitterte der Premierminister von Alberta, Jason Kenney:
"Ich bin schockiert darüber, zu erfahren, dass mein langjähriger Freund Martin Lee, der Gründer der Demokratischen Partei Hongkongs, heute zusammen mit vielen der prominentesten Bürger Hongkongs verhaftet wurde. Martin ist der älteste Staatsmann der Demokratie in Hongkong. Ich hoffe auf seine sofortige Freilassung."
Das chinesische Generalkonsulat in Calgary antwortete:
"Der Premierminister von Alberta kommentierte auf Twitter die rechtmäßige Festnahme eines Anti-China-Aufrührers durch die Hongkonger Polizei. Niemand bleibt vor dem Gesetz verschont. Die Fakten zu ignorieren und offen für die Randalierer einzutreten, kann die Rechtsstaatlichkeit nur untergraben, was nicht im eigenen Interesse Kanadas ist. Wir fordern die Politiker vor Ort dringend auf, sich an die grundlegenden Normen der internationalen Beziehungen zu halten, die Strafverfolgung in der Sonderverwaltungsregion Hongkong zu respektieren und unverzüglich damit aufzuhören, sich in die inneren Angelegenheiten Chinas einzumischen."
Kenney antwortete:
"Ich gebe zu, dass Alberta keine Außenpolitik hat und ich bin nicht freiberuflich in der Außenpolitik tätig, aber ich sage nur dies — wenn ein persönlicher Freund von mir als politischer Gefangener verhaftet wird, kann ich nicht guten Gewissens schweigen."
Als China 1997 die Souveränität über Hongkong von den Briten zurückerlangte, stimmte Peking zu, Hongkong bis 2047 seine Freiheiten genießen zu lassen, und zwar in einer Vereinbarung, die als "ein Land, zwei Systeme" bekannt ist.
Am 14. April veröffentlichte The Globe and Mail, die meistgelesene Zeitung Kanadas, einen Meinungsartikel mit dem Titel "Die Kultur der Korruption und Repression der Kommunistischen Partei Chinas hat auf der ganzen Welt Leben gekostet". In dem Artikel wurde die KPCh beschuldigt, Informationen über die Epidemie zu verbergen, zu zerstören, zu fälschen, zu fabrizieren, zu unterdrücken, falsch darzustellen, abweichende Meinungen zum Schweigen zu bringen und zu kriminalisieren sowie Informanten verschwinden zu lassen. "Das alles widerspiegelt das Ausmaß der Kriminalität und Korruption in der Partei." Der Artikel forderte die internationale Gemeinschaft auf, die chinesischen Behörden für ihre Rolle bei der Schaffung "einer der größten humanitären Krisen der Geschichte" zur Rechenschaft zu ziehen.
Die chinesische Botschaft in Ottawa antwortete, der Artikel sei "voller Hass und Vorurteile" gegen die Kommunistische Partei Chinas (KPCh):
"Wie kann man von so etwas wie Rechenschaftspflicht sprechen? Der "politische Virus" der Stigmatisierung ist gefährlicher als die Krankheit selbst. Diejenigen, die versuchen, der KPCh diese so genannte 'Kriminalität' zuzuschreiben, betrachten China mit ideologischen Vorurteilen, und das dahinter stehende 'politische Motiv' ist zweifelhaft.
"Wir raten diesen Personen, sich auf ihre heimischen Bemühungen zur Prävention und Kontrolle von Epidemien zu konzentrieren. Schuldzuweisungen werden weder zur Eindämmung der Epidemie im eigenen Land noch zur internationalen Zusammenarbeit bei der Prävention und Kontrolle der Pandemie beitragen."
Am 1. April veröffentlichte The Globe and Mail einen Meinungsartikel mit dem Titel "Warum sollten wir Chinas offiziellen COVID-19-Nummern vertrauen? Er fragte:
"Der erste Instinkt der chinesischen Regierung war immer, die Tatsachen zu verbergen, vor allem, wenn sie ihre eigenen Versäumnisse aufdeckt. Warum sollte also jemand den Daten glauben, die jetzt aus China zu COVID-19 kommen? Die kommunistische Regierung verdankt ihre eigentliche Legitimität der Überzeugung der chinesischen Bürger, dass sie beim Schutz ihrer Interessen bessere Arbeit leistet als demokratisch gewählte Verwaltungen. Zu diesem Zweck hat sie lange Zeit die Statistiken des Wirtschaftswachstums des Landes aufgebläht und die Treibhausgasemissionen zu niedrig angegeben. Warum sollte jemand erwarten, dass es in Bezug auf seine eigene COVID-19-Epidemie ehrlich ist?"
Die chinesische Botschaft in Ottawa replied:
"Der Artikel vertritt die Ansicht, dass die Vereinigten Staaten ein demokratischer Staat und China ein Land ist, das von der kommunistischen Regierung geführt wird, was zu der lächerlichen Schlussfolgerung führt, dass die Daten der USA transparenter sind als die von China... Dies ist eine nackte Doppelmoral. Wir fordern The Globe and Mail auf, Vorurteile aufzugeben, Fakten zu respektieren und aufzuhören, unverantwortliche Kommentare gegen Chinas Bemühungen im Kampf gegen COVID-19 zu machen."
Frankreich
Am 14. April bestellte der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian den chinesischen Botschafter in Frankreich, Lu Shaye, ein, um zu erklären, dass er mit einigen Äußerungen chinesischer Vertreter in Frankreich im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie nicht einverstanden sei. "Einige der jüngsten öffentlichen Äußerungen von Vertretern der chinesischen Botschaft in Frankreich stimmen nicht mit der Qualität der bilateralen Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern überein", sagte er.
In einer Reihe jüngster Medienerklärungen beschuldigte Lu "eine gewisse französische Presse", das Bild Chinas durch "Lügen" über seine Rolle bei der aktuellen Coronavirus-Pandemie zu beschmutzen. Diese Medien — die er nie nannte, die aber seiner Ansicht nach die gesamte französische Presse zu repräsentieren scheinen — haben China unter Verletzung "aller Medienethik und des elementarsten guten Glaubens" mit einem Ansatz "verspottet", der, in Lus Worten, "an Paranoia grenzt".
In einer Rede auf dem Kabelfernsehsender Mandarin TV am 15. März warf Lu den Medien vor, "Propaganda"-Methoden anzuwenden, um die Öffentlichkeit einer "Gehirnwäsche" zu unterziehen. In Erklärungen, die am 14. und 29. Februar auf der Website der Botschaft veröffentlicht wurden, verurteilte er die "unverantwortlichen" Kommentare und "Absurditäten", die in den französischen Medien über China geäußert wurden.
Der Generalsekretär von "Reporter ohne Grenzen" (RSF), Christophe Deloire, sagte:
"Diese 'Lektion in Journalismus' für die französische Presse ist unangebracht, wenn sie von einem Vertreter der Volksrepublik China kommt, einem Land, das auf dem Weltindex für Pressefreiheit der RSF auf Platz 177 von 180 Ländern rangiert und einer der weltweit größten Kerkermeister von Journalisten ist. Die Zensur Pekings gegenüber den chinesischen Medien hatte sehr negative Auswirkungen, da sie die Reaktion des Regimes zu Beginn der Coronavirus-Epidemie verzögerte."
RSF fügte in einer Pressemitteiung hinzu:
"Die Erklärungen des Botschafters spiegeln eine auf höchster Ebene der chinesischen Regierung abgestimmte Politik wider, die darauf abzielt, die internationale Medienberichterstattung unter Kontrolle zu halten, wie die RSF in einem Bericht mit dem Titel 'Chinas Streben nach einer neuen Weltmedienordnung' im Jahr 2019 zeigte."
Deutschland
Am 12. April berichtete die Welt am Sonntag, dass sie durchgesickerte Dokumente aus dem deutschen Auswärtigen Amt erhalten habe, aus denen hervorging, dass chinesische Funktionäre direkt mit Beamten und Angestellten mehrerer Bundesministerien Kontakt aufgenommen und sie gebeten hatten, sich "positiv" über Chinas Umgang mit der Coronavirus-Krise zu äußern. Chinesische Funktionäre "engagierten auch Entscheidungsträger aus dem politischen Umfeld einschließlich Lobbyisten", um sie "für chinesische Interessen in Deutschland zu nutzen, um die politische Agenda der Kommunistischen Partei zu fördern". Die chinesische Botschaft in Berlin reagierte darauf mit dem Vorwurf, "Diese Unterstellung [der Welt am Sonntag] ist unwahr und auch verantwortungslos."
Indien
Der chinesische Botschafter in Indien, Ji Rong, hat wiederholt gegen indische Beamte und Medienvertreter ausgeteilt. Am 8. April twitterte er:
"Die so genannte Beschwerde bestimmter indischer Organisationen beim UNHRC, in der China aufgefordert wird, die durch #COVID19 verursachten Verluste zu begleichen, ist lächerlicher & augenfälliger Unsinn. In dieser schwierigen Zeit müssen wir zusammenarbeiten, anstatt andere zu stigmatisieren und die Schuld abzuwälzen.
Am 10. April twitterte Ji:
"Es ist bedauerlich, dass einige indische Medien Artikel veröffentlicht haben, in denen #COVID19 erneut als 'WuhanVirus', 'ChineseVirus' bezeichnet wurde. Es ist ein klarer Konsens der internationalen Gemeinschaft, dass ein Virus nicht mit einem bestimmten Land, einer bestimmten Region oder ethnischen Gruppe in Verbindung gebracht werden sollte. Eine solche Stigmatisierung ist inakzeptabel".
Philippinen
Am 29. März entschuldigte sich das Gesundheitsministerium für Bemerkungen, die es einen Tag zuvor gemacht hatte, dass zwei Chargen von Coronavirus-Testkits, die von China zur Verfügung gestellt worden waren, minderer Qualität seien. Die Unterstaatssekretärin für Gesundheit, Maria Rosario Vergeire, hatte gesagt, dass die von den chinesischen Herstellern BGI Group und Sansure Biotech hergestellten Testkits bei der Diagnose von Covid-19 nur eine Genauigkeit von 40% hätten und dass einige von ihnen weggeworfen werden müssten. Die chinesische Botschaft in Manila twitterte:
"Die chinesische Botschaft weist jede unverantwortliche Bemerkung und jeden Versuch, unsere diesbezügliche Zusammenarbeit zu untergraben, entschieden zurück."
Schweden
Am 18. Januar bestellte die schwedische Außenministerin Ann Linde den chinesischen Botschafter in Schweden, Gui Congyou, ein, nachdem er die schwedische Medienberichterstattung über China mit einem Leichtgewichtsboxer verglichen hatte, der mit einem Schwergewicht "eine Fehde provoziert". Congyou, der für seine freimütigen Angriffe bekannt geworden ist, sagte dem staatlichen Fernsehsender SVT, dass die "häufigen bösartigen Angriffe einiger schwedischer Medien auf die Kommunistische Partei Chinas und die chinesische Regierung" vergleichbar seien mit einem 48 kg leichten Federgewichtsboxer, der es mit einem fast doppelt so großen Kämpfer aufnimmt:
"Der 86 kg schwere Boxer rät aus gutem Willen, um den Leichtgewichtsboxer zu schützen, wegzugehen und sich um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern, doch dieser weigert sich, auf ihn zu hören, und bricht sogar in das Haus des Schwergewichtsboxers ein. Was erwarten Sie vom Schwergewichtsboxer, wie er sich verhält?"
Utgivarna, eine Gruppe, die Schwedens Medien des privaten und öffentlichen Sektors vertritt, sagte in einer Erklärung:
"Chinas Botschafter Gui Congyou hat immer wieder versucht, die Pressefreiheit und die Meinungsfreiheit unter der schwedischen Verfassung mit falschen Aussagen und Drohungen zu untergraben. Es ist nicht hinnehmbar, dass die größte Diktatur der Welt versucht, freien und unabhängigen Journalismus in einer Demokratie wie Schweden zu verhindern. Diese wiederholten Angriffe müssen sofort eingestellt werden".
Venezuela
Am 18. März veröffentlichte die chinesische Botschaft in Venezuela eine wütende "Erklärung", bestehend aus 17 Tweets, nachdem nicht näher identifizierte venezolanische Parlamentarier das Coronavirus als "Chinesisches Coronavirus" oder "Wuhan-Coronavirus" bezeichnet hatten. Die chinesische Botschaft sagte, die Parlamentarier seien von einem "politischen Virus" befallen und empfahl ihnen, "sich behandeln zu lassen". Ein erster Schritt, so twitterte sie, wäre, dass sie "eine Maske aufsetzen und den Mund halten" sollten.
Soeren Kern ist ein Senior Fellow am New Yorker Gatestone Institute.