
Adam Boehler, der Sondergesandte des US-Präsidenten für Geiselaffären, erklärte am 9. März, er schliesse die Möglichkeit eines langfristigen Waffenstillstands zwischen Israel und der vom Iran unterstützten palästinensischen Terrorgruppe Hamas im Gazastreifen nicht aus.
Boehler schloss auch nicht aus, dass die Hamas bereit sein könnte, ihre Waffen abzugeben:
"Ich glaube, es gibt eine Antwort, und ich glaube, die Antwort ist, dass die Hamas ihre Waffen niederlegt. Wir tauschen Gefangene aus, und sie [die Hamas] gehen in einen langfristigen Waffenstillstand, in dem sie nicht kämpfen und keiner politischen Partei angehören, und das verschafft uns viel Zeit für eine Entspannung."
Boehlers Äusserungen kamen, nachdem das amerikanische Medienportal Axios enthüllt hatte, dass die Trump-Administration direkte Gespräche mit der Hamas über die Freilassung der im Gazastreifen festgehaltenen US-Geiseln und die Möglichkeit eines umfassenderen Abkommens zur Beendigung des Krieges geführt hat, der am 7. Oktober 2023 ausbrach, als Tausende von Hamas-Terroristen und gewöhnlichen Palästinensern in Israel eindrangen, etwa 1.200 Israelis ermordeten und Tausende andere verwundeten. Weitere 251 Menschen wurden in den Gaza-Streifen entführt. Über fünfzig Geiseln werden immer noch von der Hamas festgehalten, von denen die Hälfte möglicherweise nicht mehr am Leben ist.
Die Trump-Regierung verdient zwar grosse Anerkennung für ihre aufrichtigen Bemühungen um die Freilassung der israelischen und amerikanischen Geiseln, muss aber aufpassen, dass sie sich nicht von der Hamas täuschen lässt.
Viele Jahre lang glaubte Israel, die Hamas sei nicht an einem totalen Krieg mit Israel interessiert und strebe wirtschaftlichen Wohlstand im Gazastreifen an. Als die israelischen Verteidigungskräfte (IDF) vor kurzem die Ergebnisse einer Untersuchung des Massakers vom 7. Oktober veröffentlichten, zeigten sie, wie es der Hamas gelang, Israel vorzugaukeln, dass die Terrororganisation nicht an einer weiteren Kampfrunde interessiert sei. Als Teil der Täuschung, so der IDF-Bericht, arbeitete die Hamas daran, Israel davon zu überzeugen, dass sie an einer Beruhigung der Lage interessiert sei und sich für wirtschaftlichen Wohlstand einsetze. Die IDF-Untersuchung ergab, dass die Hamas den Anschlag vom 7. Oktober seit mehr als 10 Jahren geplant hatte.
Zu den Täuschungsmanövern der Hamas gehörte die Übermittlung von Botschaften an Israel, in denen sie ihr Interesse an einem langfristigen Waffenstillstand bekundete. In einem Bericht heisst es:
"Die Hamas sandte kürzlich eine Reihe von Nachrichten an Israel, in denen sie ihr Interesse an einem langfristigen Waffenstillstand bekundete, der mehrere Jahre dauern sollte... Hochrangige Hamas-Vertreter trafen sich mit westlichen Diplomaten, um über den Waffenstillstand zu sprechen, und trafen auch eine Reihe von Absprachen über den Charakter des Waffenstillstands, der auch als Hudna bezeichnet wird."
Im Jahr 2018 wurde berichtet, dass Ägypten die Einzelheiten eines langfristigen Waffenstillstandsabkommens zwischen Israel und der Hamas ausarbeitet. Eine ägyptische Sicherheitsquelle wurde mit den Worten zitiert, dass "die Zeit der Waffenruhe für ein Jahr gelten wird, während derer Kontakte stattfinden werden, um sie um weitere vier Jahre zu verlängern".
Heute weiss jeder, dass das Gerede über einen langfristigen Waffenstillstand nur ein Vorwand war, um die wahre Absicht der Hamas zu verschleiern, ihren Angriff auf Israel am 7. Oktober zu starten.
Die Hamas ist ohnehin nicht dafür bekannt, sich an Waffenstillstandsvereinbarungen zu halten. In den vergangenen 15 Jahren wurden mehrere Waffenstillstandsvereinbarungen zwischen der Hamas und Israel gebrochen, nachdem die Terrororganisation sie verletzt hatte, u. a. durch Testabschüsse von Raketen in Richtung Meer, darunter auch solche mit einer besonders grossen Reichweite. Am 15. Juli 2014 akzeptierte Israel einen von Ägypten initiierten Waffenstillstand und stellte das Feuer ein. Die Hamas-Terroristen feuerten daraufhin jedoch mehr als 50 Raketen auf israelische Ortschaften ab. Am 17. Juli stimmte Israel einer fünfstündigen humanitären Waffenruhe zu. Die Hamas lehnte dies ab und feuerte Raketen ab, unter anderem auf die Stadt Beerscheba. Am 20. Juli genehmigte Israel auf Ersuchen des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes eine zweistündige medizinische und humanitäre Feuerpause im Gebiet von Shejaiya im Gaza-Streifen. Vierzig Minuten nach Inkrafttreten der Waffenruhe verletzte die Hamas diese. Dennoch hielt Israel die Waffenruhe ein und verlängerte sie sogar um zwei weitere Stunden. Am 26. Juli 2014 kündigte die Hamas eine 24-stündige humanitäre Waffenruhe für 14.00 Uhr an. Kurze Zeit später verletzte die Hamas ihre eigene Waffenruhe.
Manche Menschen im Westen denken fälschlicherweise, dass die Hamas mit ihrer Rede von einer Hudna (Waffenstillstand oder Waffenruhe) andeutet, dass die Terrororganisation Frieden mit Israel anstrebt. Für viele Muslime, insbesondere für Extremisten, hat die Hudna jedoch eine andere Bedeutung. Die Wurzeln der Hudna lassen sich bis zum Vertrag von Hudaybiyya im Jahr 628 n. Chr. zurückverfolgen, einem entscheidenden Abkommen zwischen dem Propheten Mohammed und dem Stamm der Quraisch in Mekka. Dieser Vertrag erlaubte den Muslimen, nach Mekka zu pilgern, und legte einen Waffenstillstand zwischen den beiden Parteien für 10 Jahre fest. In den folgenden zwei Jahren bewaffnete sich Mohammed jedoch erneut, brach die Hudna und begann mit der vollständigen Eroberung Mekkas.
Für die Hamas ist eine Hudna eine vorübergehende Unterbrechung des Krieges – sie ist kein Zeichen für den Wunsch, den Krieg zu beenden und Frieden zu schliessen. Während die Hamas zehn Jahre lang vor dem 7. Oktober 2023 über ihren Wunsch nach einem langfristigen Waffenstillstand sprach, war sie mit den Vorbereitungen für das schlimmste Massaker an Juden seit dem Holocaust beschäftigt.
Zu glauben, dass die Hamas jemals ihre Waffen niederlegen und sich bereit erklären würde, ihren Dschihad (heiligen Krieg) gegen Israel zu beenden, ist schlichtweg falsch und töricht.
Die Trump-Administration sollte auf das hören, was die Hamas-Führer auf Arabisch zu ihren eigenen Leuten sagen, und nicht auf das, was sie US-Beamten bei geheimen Treffen in Katar erzählen. Anfang dieses Monats versicherte beispielsweise der ranghohe Hamas-Funktionär Sami Abu Zuhri in arabischer Sprache, dass seine Gruppe die Forderungen Israels und der USA nach Entwaffnung ablehne, und betonte:
"Das Recht auf Widerstand ist nicht verhandelbar. Die Waffen des Widerstands sind eine rote Linie, und wir werden sie nicht gegen den Wiederaufbau [des Gazastreifens] und humanitäre Hilfe eintauschen."
Die Annahme, dass ein langfristiger Waffenstillstand zu einer "Abkühlungsphase" führen würde, ist ein Irrtum. Wie in der Vergangenheit werden die Hamas und andere palästinensische Terrororganisationen jede Phase der Ruhe nutzen, um sich neu zu bewaffnen, neu zu gruppieren und neu zu versorgen.
In der Vergangenheit haben sich Hamas-Führer auch mit westlichen Vertretern getroffen, was sie jedoch nicht daran hinderte, ihren Dschihad gegen Israel fortzusetzen. In der Vergangenheit haben einige Hamas-Vertreter auch die Möglichkeit eines langfristigen Waffenstillstands mit Israel erwähnt, aber diese Finte hat die Terrororganisation nicht davon abgehalten, Raketen auf israelische Städte abzuschiessen oder das Massaker vom 7. Oktober vorzubereiten.
Ein Waffenstillstandsabkommen würde es der Hamas ermöglichen, an der Macht zu bleiben und weitere Massaker gegen Israel vorzubereiten. Die einzige Lösung für die derzeitige Krise besteht darin, dass die Hamas entwaffnet wird, die Kontrolle über den Gazastreifen abgibt und die palästinensische Bühne verlässt.
Khaled Abu Toameh ist ein preisgekrönter israelisch-arabischer Journalist.