Befürchtungen um die Zukunft der religiösen Minderheiten in Ägypten wurden betont, als Anfang September bekannt wurde, dass die letzte Synagoge des Landes geschlossen werden würde. Die Elijahu-Hanavi-Synagoge in Alexandria war das letzte noch wirksame Zentrum jüdischen Lebens in Ägypten. Es ist nun klar, dass seine im 19. Jahrhundert erbauten tiefliegenden Hallen für die Gläubigen in diesem Jahr nicht geöffnet sein werden. Diese hofften darin die Gottesdienste an Rosch Haschana und Jom Kippur feiern zu können.
Traditionell ist die Synagoge von Rabbi Avraham Dayan, einem Israeli ägyptischer Herkunft, der häufig in das Land zurückkehrt, um dort Gottesdienste abzuhalten, geführt worden. Obwohl es in Ägypten viele Synagogen gibt, ist diejenige in Alexandria die einzige aktive; die anderen sind in touristische Sehenswürdigkeiten umgewandelt worden.
Als Dayan Vorbereitungen für diesjährigen Hohen Feiertage durchführte, wurde ihm mitgeteilt, dass die ägyptischen Behörden keine Garantie für die Sicherheit der Synagogenbesucher übernehmen könnten. "Dieses Jahr gab es einige gewalttätige Demonstrationen in Alexandria, und [die Behörden] haben Angst, die Verantwortung für die Menschen zu übernehmen," sagte Dayan gegenüber der Nachrichtenwebsite Ynet. "Wir versuchen, ein Quorum zu organisieren, aber wegen der sicherheitsrelevanten Situation sind wir nicht wirklich erfolgreich."
Religiöse Spannungen in Ägypten haben sich seit der Revolution im vergangenen Jahr verstärkt, wobei die christlichen Minderheiten die Hauptlast der Gewalt tragen. Eine der unbeabsichtigten Folgen des Arabischen Frühlings ist, dass die Gewährleistung der Sicherheit – lange durch die alten Diktatoren gesichert – von der Flut der Unruhen im Volk, die durch die Region fegt, versagt hat.
Instabilität hat dazu geführt, dass die jüdische Präsenz in Ägypten über weite Teile des vergangenen Jahrhunderts kontinuierlich zurückgegangen und nun auf nur eine Handvoll in Kairo und Alexandria geschrumpft ist. Eine Studie von Stanley Urman von der Organisation "Jews for Justice from Arab Countries" hat festgestellt, dass dieser Exodus im Mai 1926 begann, als das erste Staatsangehörigkeitsgesetz in Ägypten verabschiedet wurde.
Das Gesetz legte fest, dass ein in Nachkommenschaft eines "ausländischen" Vaters geborener Ägypter – selbst wenn der Vater in Ägypten geboren und zuvor als Ägypter anerkannt worden war – nur dann die Staatsbürgerschaft beanspruchen konnte, wenn der Vater nachweisen konnte, dass er "… rassisch zur Bevölkerungsmehrheit des Landes, dessen Sprache Arabisch und dessen Religion der Islam sind, gehört".
Dieses Gesetz schloss die Juden effektiv davon aus, die ägyptische Staatsangehörigkeit zu beantragen, und degradierte sie zu einem geringeren Rechtsstatus in ihrem eigenen Land. Später war die Regierung in der Lage, eine Anzahl von ihnen zu vertreiben, da die Juden offiziell keine Ägypter waren.
Dieses Problem verstärkte sich im Jahr 1947, als Änderungen verabschiedet wurden, die festlegten, dass mindestens 75% der Verwaltungsangestellten in einem Unternehmen Ägypter zu sein hatten, während 90% der Gesamtbelegschaft ebenfalls Ägypter sein mussten. Dies war natürlich ein Schlag gegen den jüdischen Handel im Land, legte einem Teil ihrer Unternehmungen erstickende Zwänge auf und beschleunigte die Auswanderung von noch mehr Juden.
Die Nachricht, dass Ägyptens letzte aktive Synagoge, die Elijahu-Hanavi, nun nicht in der Lage sein wird, Gottesdienste abzuhalten, beendet jeglichen noch verbleibenden Schein des jüdischen Lebens in Ägypten. Dies sollte nicht nur Juden, sondern auch Muslime beunruhigen, da es wachsende Intoleranz einer Minderheit verkörpert. Wo Fanatiker mit dem Verfolgen von Minderheiten begonnen haben, dauerte es nicht lange, bevor sie sich ihresgleichen zuwendeten und ihnen Irreligiosität oder Ketzerei vorwarfen. Die Religionsfreiheit aller Ägypter ist in Gefahr.