Die Vergewaltigung und Folter von Kurden und Dissidenten im Iran – Männern wie Frauen – ist mittlerweile weithin verbreitet und systematisch.
Jüngstes Beispiel ist das von Farinaz Khosrawani (25). Wie kurdische Medien berichten, stürzte die im Hotel Tara in Mahabad, in Iranisch-Kurdistan beschäftigte Kurdin am 4. Mai aus einem Fenster im vierten Stock eben jenes Hotels.
Khosrawani soll in den Tod gesprungen sein, um der Vergewaltigung durch einen Sicherheitsagenten der iranischen Regierung zu entgehen; die Umstände ihres Todes wurden bislang nicht bestätigt.
Wohl aus Zorn über Khosrawanis ungeklärten Tod gingen Tausende Kurden auf die Straße und zündeten das Hotel an, in dem sie gearbeitet hatte. Laut Beobachtern setzte die Polizei Tränengas ein, um die Menge zu zerstreuen.
"Als Farinaz' Leiche vor dem Hotel gefunden wurde und sich eine Menschenmenge versammelte, wurde der beteiligte Sicherheitsbeamte der Regierung festgenommen und zum Verhör gebracht", berichtet das Kurdistan Human Rights Network (KHRN). "Die Nachricht verbreitete sich über die sozialen Medien und führte zu wachsenden Spannungen und nervösem Warten auf Nachrichten, die Aufschluss über die Ursache von Farinaz' Tod geben könnten."
Sicherheitskräfte führten Hausdurchsuchungen durch und verhafteten Menschen, die angeblich anhand von Videoaufnahmen und Fotos der Proteste identifiziert worden waren, berichtet das KHRN. "Die Festgenommenen wurden in Internierungszentren außerhalb von Mahabad gebracht; ihr genauer Aufenthaltsort ist jedoch zur Zeit unbekannt."
Laut Dr. Amir Sharifi, dem Direktor der Menschenrechtsorganisation Kurdish Human Rights Advocacy Group, zeigt der tragische Tod Khosrawanis das wiederkehrende Muster der institutionalisierten Gewalt und der Ermordung von Frauen: "Im Iran gibt es für Frauen im Allgemeinen und insbesondere für kurdische Frauen kaum rechtlichen Schutz vor sexueller Nötigung oder Gewalt."
Einige weitere Beispiele:
- Die Studentin Hananeh Farhadi, die sich das Leben nahm, nachdem sie zwei Monate in einem Gefängnis des iranischen Geheimdienstes verbracht hatte, wie die Kurdistan Press Agency (Kurdpa) berichtet.
- Shadieh Basami, 23, die sich selbst anzündete, nachdem sie von einem Soldaten der Islamischen Revolutionären Garde vergewaltigt worden war, wie sie gegenüber Kurdpa sagte.
Dr. Sharifi schreibt: "Es liegt eine offensichtliche Gemeinsamkeit darin, wie ISIS und die Islamische Republik [Iran] Vergewaltigung als politische Waffe gegen kurdische Frauen einsetzen, in Abhängigkeit von der Volkszugehörigkeit, dem Geschlecht und der Religion. Der einzige Unterschied ist, dass die Islamische Republik den gut dokumentierten Missbrauch leugnet, während ISIS die Versklavung kurdischer Frauen und Mädchen verteidigt."
Unter den Opfern von Vergewaltigung und Folter in iranischen Gefängnissen sind auch politische Dissidenten und Homosexuelle:
- Saeeda Siabi wurde gemeinsam mit ihrem Ehemann und ihrem vier Monate alten Säugling festgenommen und im Gefängnis vergewaltigt.
- Mojtaba Saminnejad, ein iranischer Blogger, Journalist und Menschenrechtsaktivist, sagt, er sei mit Elektroschocks gefoltert worden, zudem habe man ihm mit Vergewaltigung gedroht; im Gefängnis habe er viele Vergewaltigungen miterlebt.
- Maryam Sabri sagt, sie sei in einem unbekannten Internierungszentrum wiederholt vergewaltigt worden, nachdem sie 2009 an den Demonstrationen gegen die Präsidentschaftswahlen teilgenommen hatte.
- Matin Yar (ein Pseudonym), ein junger homosexueller Mann, sagt, er sei im Gefängnis gefoltert und vergewaltigt worden.
Ein detaillierter Bericht der Gruppe Justice for Iran (JFI) zeigt außerdem eine der grausamsten Formen von staatlich geförderten Menschenrechtsverletzungen, die im Iran an Frauen in Haft verübt werden: die Vergewaltigung von Jungfrauen vor ihrer Hinrichtung.
Andere der in dem Bericht erwähnten Frauen waren bei ihrer Festnahme schwanger oder hatten ihre kleinen Kinder bei sich. "Physische Folter wie Schläge, Peitschenhiebe oder Vergewaltigung vor den Augen ihrer Kinder führte auch zu einem psychischen Trauma für Mutter und Kind."
"Es ist wichtig, im Kopf zu behalten, dass die Unterdrückung und die Menschenrechtsverletzungen im Iran in den Gebieten ethnischer Minderheiten – etwa in Kurdistan – noch viel schlimmer sind", sagt Mahmood Amiry-Moghaddam, Sprecher von Iran Human Rights gegenüber dem Gatestone Institute. "Die ethnischen Minderheiten im Iran sind nicht zufrieden mit der derzeitigen Lage und zeigen den Behörden ihren Protest, wann immer es möglich ist."
Die Provinz Mahabad ist für die Kurden von großer Bedeutung. Dort wurde im Januar 1946 ein unabhängiger kurdischer Staat – die Republik Kurdistan – ausgerufen. Obwohl die unabhängige kurdische Republik nicht mal ein Jahr existierte, ist sie immer noch eine große Inspiration für kurdische Patrioten auf der ganzen Welt. [1]
Am 15. Dezember 1946 marschierte die iranische Armee in Mahabad ein und besetzte es erneut, die Kurdische Republik fand so ein brutales und blutiges Ende. Ihre Infrastruktur wurde zerstört, das Lehren der kurdischen Sprache verboten. Am 31. März 1947 wurde Qazi Muhammad, der Präsident der Republik Kurdistan von einem iranischen Militärgericht zum Tode verurteilt und in Mahabad öffentlich gehängt.[2]
69 Jahre nach dem Ende der Kurdischen Republik ist das Schicksal der Kurden im iranischen Teil Kurdistans immer noch in den Händen eines Regimes, das sowohl ihnen als auch sämtlichen westlichen Werten feindlich gegenüber steht.
Uzay Bulut, als Muslimin geboren und aufgewachsen, ist eine türkische Journalistin und lebt in Ankara.
[1] Die Republik Kurdistan (auch bekannt als Republik Mahabad) war der zweite selbsterklärte moderne kurdische Staat im Nahen Osten (nach der Republik von Ararat).
[2] McDowall, David (2004): A Modern History of The Kurds.