Seit 2012 besuchen Cineasten aus der Themse-Metropole und von auswärts gerne Seret, das israelische Film- und Fernsehfestival in London. Die jüngste Feier zu Ehren von Israels Kinotalenten findet vom 11. bis zum 21. Juni statt; Vorstellungen sind in der Hauptstadt und auch außerhalb geplant: in Manchester, Leeds und Liverpool. Es ist ein Großereignis, das eine Menschenmenge anzieht, Juden und Nichtjuden, alle vereint durch die Liebe zu gutem Kino und Fernsehen. Die Filme sind immer eine bunte Mischung, die darauf ausgerichtet ist, Menschen unterschiedlicher politischer, religiöser und künstlerischer Orientierungen anzusprechen. Zum diesjährigen Programm gehört:
"ein Spektrum faszinierender Themen, von der Düsternis des Inzest zu den Gefahren der Spionage; von der komplexen Lage behinderter Menschen beim Dating zu den Abgründen von Geisteskrankheit; vom Rassismus zur Romanze verlorener Liebe; dazu Geschichten von Handelsplätzen bis zur Poesie."
"Ein weiteres hervorstechendes Merkmal des diesjährigen Festivals ist sein Fokus auf Spiel- und Dokumentarfilme, bei denen Frauen das Drehbuch geschrieben und Regie geführt haben und die von Frauen produziert wurden. In Einklang mit dem Ruf des Festivals, Grenzen zu verschieben, zeigen wir zudem zwei Filme, die von ultraorthodoxen Juden aus der Haredi-Community gemacht wurden."
Zum diesjährigen Programm gehört der Film Apples from the Desert, über ein in einer strenggläubigen Haredi-Familie aufgewachsenes Mädchen, das sich in die säkulare Welt begibt; Beneath the Helmet, eine Entwicklungsgeschichte über Abiturienten, die in die israelische Armee eingezogen werden ("Beneath the Helmet zeigt, wie diese jungen Männer und Frauen nicht nur ihre Heimat verteidigen, sondern auch die Werte des Friedens, der Gleichheit, der Möglichkeiten, der Demokratie, der religiösen Toleranz und der Frauenrechte"); Dancing Arabs, über einen palästinensischen Jungen, der einen Platz in einer israelischen Eliteschule ergattert, dort Akzeptanz findet und sich mit einem jüdischen Klassenkameraden anfreundet; oder The Kindergarten Teacher, ein von Kritikern hochgelobter Film, in dem "ein Kindergärtner und Gedichtschreiber das außergewöhnliche Talent eines Fünfjährigen entdeckt, der spontan verbale Poesie erschafft. Der Kindergärtner wird besessen von der Notwendigkeit, sein Talent für Kompositionen zu fördern, in denen so viel Schönheit steckt, trotz der tragischen Umstände im Leben des Kindes."
Man sollte meinen, jeder normale Mensch – und erst recht Leute, die sich für Kino und Fernsehen begeistern – würde sich sofort eine Eintrittskarte für dieses faszinierende humanistische Programm reservieren. Doch es handelt sich um ein israelisches Filmfest, also darf es niemanden verwundern, wenn all die Israelhasser mit einem Defizit an Menschlichkeit versuchen, die Veranstaltung zu verhindern.
Am Montag, den 8. Juni, brachte eine Gruppe von 40 britischen Künstlern und Filmschaffenden just diese Forderung vor – in einem Brief, den sie an die Bastion der Liebe zu Israel sandten, den Guardian. Die Unterzeichner des Briefes sind ein buntscheckiger Haufen: Regisseure, Produzenten und Schauspieler, ein Komponist, ein Lehrer, ein Universitätsdozent, Schriftsteller, ein Bildhauer, ein "Künstler", ein Kameramann und allerlei andere. Nicht gerade eine repräsentative Stimme der britischen Filmindustrie – unter den Unterschriften sind jedoch einige sehr bekannte Namen, etwa Mike Leigh, Ken Loach, Miriam Margolyes, Peter Kosminski und John Pilger. Natürlich kommt das bei keinem von diesen überraschend, doch dass diese Namen unter all den anderen stehen, ist ein starker Beweis dafür, dass es sich hier bloß um einen neuen Dreh der BDS-Schraube handelt.
Tatsächlich setzen die Unterzeichner ihre Forderung explizit mit der Boycott, Divestment, and Sanctions (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen, BDS)-Bewegung in Verbindung. Hier ist der größte Teil ihres Briefes:
"Wir, die unterzeichnenden Künstler, Produzenten und besorgten Bürger, sind enttäuscht und traurig darüber, zu sehen, dass Curzon, Odeon, Bafta und andere Kinos Gastgeber des Londoner israelischen Film- und Fernsehfestivals sind.
Dies kommt zu einer Zeit, wo die weltweite Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen-Bewegung beispiellos an Fahrt gewinnt und die israelische Regierung wegen ihrer systematischen Verstöße gegen die palästinensischen Menschenrechte, die Genfer Konvention und internationales Recht immer mehr isoliert ist. Der israelische Staat fördert dieses Filmfestival und unterstützt es finanziell. Durch ihre Rolle als Gastgeber ignorieren diese Kinos den Aufruf der palästinensischen Zivilgesellschaft von 2004, Sanktionen gegen Israel zu erlassen, bis Israel sich an internationales Recht hält und seine illegale Umsiedlung von Palästinensern, ihre Diskriminierung und die Besatzung ihres Landes beendet.
Dieses Festival folgt auf die mutwillige Zerstörung und das Töten im Gazastreifen durch das israelische Militär im Jahr 2014 und die Wiederwahl eines israelischen Ministerpräsidenten, der den Palästinensern gleiche Rechte und das Recht auf Selbstbestimmung verweigert.
Das Festival wird von der israelischen Regierung über die israelische Botschaft in London mitunterstützt; so entsteht eine direkte Verbindung zwischen diesen Kinos, den Filmaufführungen des Festivals und der israelischen Politik. Dadurch, dass sie von Geld des israelischen Staates profitieren, werden die Kinos stille Komplizen der an dem palästinensischen Volk verübten Gewalt. Solche Kollaboration und Kooperation ist inakzeptabel. Sie normalisiert, wenn auch unabsichtlich, die gewalttätige, systematische und illegale Unterdrückung der Palästinenser.
Dies ist keine Forderung danach, die Aufführung von Filmen einzelner Filmemacher zu verweigern, sondern danach, die Einbeziehung und die finanzielle Unterstützung des israelischen Staates abzulehnen. Wir rufen diese Kinos dazu auf, an der Seite der unterdrückten Palästinenser zu stehen und bei der Veranstaltung des Festivals nicht mitzumachen."
Soll man jeden der vielen Fehler und Ausdrücke von Bigotterie auflisten? Die von der Hamas im letzten Gazakrieg verübten Kriegsverbrechen werden nicht erwähnt, auch die Berichte von Amnesty International und Human Rights Watch, in denen diese Verbrechen aufgeführt werden, finden keine Erwähnung: In diesen wird detailliert dargestellt, wie die Hamas Palästinenser foltert und tötet, und ihre Behauptung, die Angriffe auf Israel seien keine Kriegsverbrechen gewesen, wird widerlegt. Ich habe immer gedacht, dass Menschenrechtsaktivisten für Informationen und Unterstützung sehr stark auf Amnesty International und Human Rights Watch zurückgreifen, aber es ist sonnenklar, dass ein Wunsch nach treffender Information nicht aufkommt, wenn diese einer schrillen Verurteilung Israels im Wege stehen könnte. Auch die Phrase: "mutwillige Zerstörung und das Töten im Gazastreifen durch das israelische Militär im Jahr 2014" steht in völligem Widerspruch zu den Tatsachen – Tatsachen, die zeigen, dass Israel mehr als jede andere Armee der Geschichte getan hat, um die Verluste unter der Zivilbevölkerung zu minimieren, und dass es bei seinen Angriffen auf in Wohngebieten gelegenen militärische Einrichtungen ganz im Rahmen des internationalen Rechts handelte.
Vorwürfe wie: "Diese Kinos ignorieren den Aufruf der palästinensischen Zivilgesellschaft von 2004, Sanktionen gegen Israel zu erlassen, bis Israel sich an internationales Recht hält und seine illegale Umsiedlung von Palästinensern, ihre Diskriminierung und die Besatzung ihres Landes beendet" sind purer Quatsch. Israel hält sich seit seiner Gründung an internationales Recht. Inwiefern hat Israel, als es den Palästinensern im Westjordanland politische Autonomie gegeben und sich 2005 vollständig aus dem Gazastreifen zurückgezogen hat, Palästinenser umgesiedelt? Warum wird in Israel existierende Diskriminierung als Grund für einen politischen Boykott betrachtet, wenn in Großbritannien, Europa und Nordamerika Diskriminierung auf demselben Level bloß ein Fall für öffentliche Debatten und bessere Gesetzgebung ist? Und wieso ist das ungewöhnlich niedrige Maß an Diskriminierung in Israel ein Grund, ein Filmfestival zu stoppen, wenn die durch und durch abscheuliche Diskriminierung in Ländern wie dem Iran, Saudi-Arabien, dem Sudan, Afghanistan und anderswo auf der Welt nicht einmal erwähnt wird?
Der Iran hat einen guten Ruf für die dort produzierten Filme von internationalem Rang. Die Arbeiten von Regisseuren wie Darius Mehrjui, Mohsen Makhmalbaf, Abbas Kiarostami oder Ja'far Panahi werden bei internationalen Filmfestivals gewürdigt, von Cannes über Venedig bis London. In vielen dieser Filme gibt es großartige Leistungen von Schauspielerinnen wie Leila Hatami, der weibliche Star in dem bemerkenswerten Film "Nada und Simin – Eine Trennung". Man denke auch an die Schauspielerin und Regisseurin Pegah Ahangarani.
Doch der Iran ist in der heutigen Welt auch einer der schlimmsten Staaten, was die Verletzung von Menschenrechten betrifft. Er richtet fast ebenso viele Menschen hin wie China, unterdrückt Frauen, verfolgt religiöse Minderheiten, sperrt Dissidenten ein und verkündet, Israel von der Landkarte wischen zu wollen. Leila Hatami wurde Auspeitschung angedroht, nachdem sie den Präsidenten des Filmfestivals von Cannes auf die Wange geküsst hatte, wie es in Frankreich Brauch ist. Ahangarani wurde für ihre Teilnahme an den vom Regime brutal unterdrückten Pro-Demokratie-Protesten 2009 zweimal verhaftet und eingesperrt.
Die Unterzeichner des Briefes über das israelische Filmfestival haben meines Wissens nach nie einen Aufruf gemacht, irgendeinen iranischen Film nicht aufzuführen – einen Aufruf wohlgemerkt, der nicht mit der individuellen Qualität des Films begründet wird, sondern mit den Menschenrechtsverletzungen des Landes, in dem der Film produziert wurde, oder der Nationalität der Regisseure, Produzenten und Schauspieler.
Der Guardian hat in der Vergangenheit zahlreiche lobende Besprechungen nordkoreanischer Filme veröffentlicht, wie etwa von Flower Girl. Nordkorea aber ist einer der repressivsten und gefährlichsten Staaten der Welt, regiert von einem Regime, das vielleicht sogar die Ajatollahs im Iran in den Schatten stellt. Warum also findet man im Guardian keine Briefe, die zum Boykott dieser Filme aufrufen? Ich vergaß: Niemand ruft je zu einem Boykott Nordkoreas oder irgendeines wahrhaft unterdrückerischen Staates auf.
Die Aktivisten demonstrieren nie gegen Saudi-Arabien, das gerade die Strafe des Bloggers Raif Badawi bestätigt hat: 1000 Peitschenhiebe, "sehr feste", so der Auspeitschungsbefehl, als Strafe für Gedanken wie: "Es ist meine Verpflichtung, ... jede Unterdrückung im Namen der Religion abzulehnen, ... ein Ziel, das wir auf friedlichem und gesetzestreuem Weg erreichen werden." Sie demonstrieren nie gegen Katar, den Iran, Nordkorea, China, Russland oder den Sudan. Sie protestieren einzig und allein gegen die Handlungen einer der freiesten liberalen Demokratien der Welt und des einzigen Landes im Nahen Osten, in dem alle Bürger Menschenrechte genießen.
Jeder dieser vierzig Unterzeichner sollte sich schämen. Menschenrechte hochhalten, indem man einen mörderischen terroristischen Staat unterstützt, während man eine Demokratie verurteilt, die gezwungen ist, sich gegen äußere Feinde zu verteidigen, welche auf ihre Vernichtung aus sind – weiß irgendeiner dieser Schreiber, was Redefreiheit und Menschenrechte sind, was Demokratie bedeutet, oder worin das internationale Recht besteht? Anscheinend nicht.
In der Zwischenzeit wird Seret weitergehen. Wahrhafte Liebhaber des Kinos und Fernsehens werden sich die Filme anschauen und zufrieden nach Hause gehen, in der Hoffnung, noch mehr davon zu sehen.
Denis MacEoin, bekennender Cineast, ist ein Distinguished Senior Fellow des Gatestone Institute.