Die Palästinenser sind mal wieder verärgert – dieses Mal, weil die Trump-Regierung offenbar ihre Position im israelisch-palästinensischen Konflikt nicht unterstützt. Die Palästinenser sind ausserdem verärgert, weil sie glauben, dass die Trump-Regierung Israel nicht dazu zwingen will, sämtliche ihrer Forderungen zu erfüllen.
Die Palästinenser sehen es so: Wenn ihr nicht für uns seid, dann seid ihr gegen uns. Wenn ihr nicht all unsere Forderungen akzeptiert, müsst ihr unser Feind sein, und wir können nicht darauf vertrauen, dass ihr die Rolle eines "ehrlichen" Vermittlers im Konflikt mit Israel spielt.
Vergangene Woche liessen unbestätigte Berichte einmal mehr darauf schliessen, dass die Trump-Regierung einen umfassenden Friedensplan für den Nahen Osten ausarbeitet. Die vollständigen Details des Plans sind allerdings derzeit unbekannt.
Was jedoch – nach Auskunft der Berichte – sicher ist, ist dass der Plan nicht sämtliche Forderungen der Palästinenser erfüllt. Tatsächlich wäre kein Friedensplan – ob von den Amerikanern oder irgendeiner anderen Partei – in der Lage, den Palästinensern all das zu bieten, was sie verlangen.
Die Bedingungen der Palästinenser bleiben so unrealistisch wie eh und je. Sie enthalten u. a. die Forderung, Millionen palästinensischer "Flüchtlinge" zu erlauben, nach Israel zu kommen. Ausserdem wollen die Palästinenser, dass sich Israel hinter nicht zu verteidigende Grenzen zurückzieht, was die Hamas und andere Gruppierungen näher an Tel Aviv rücken lassen würde.
Die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) und ihr Anführer, der 82-jährige Mahmoud Abbas, der sich mittlerweile im zwölften Jahr seiner vierjährigen Amtszeit befindet, bestehen weiterhin darauf, dass sie nichts anderes als einen unabhängigen palästinensischen Staat, mit Ost-Jerusalem als dessen Hauptstadt, akzeptieren werden und zwar auf dem kompletten Gebiet, das 1967 im Sechstagekrieg von Israel eingenommenen wurde.
Das Gefährlichste daran ist, dass selbst in dem unwahrscheinlichen Fall, dass Abbas ein Abkommen unterzeichnen würde, später ein anderer Anführer auftreten und legitimerweise sagen kann, dass Abbas überhaupt keine Befugnis hatte, irgendetwas zu unterzeichnen, da seine Amtszeit schon vor langer Zeit abgelaufen war.
Die islamistische palästinensische Terrororganisation Hamas, die den Gazastreifen kontrolliert, beharrt nach wie vor darauf, dass sie niemals die Anwesenheit Israels auf "Muslimen gehörigem" Land akzeptieren wird. Die Hamas will sämtliche Gebiete, die Israel 1948 angeblich "eingenommen" hat. Im Klartext: Die Hamas will die Vernichtung Israels, um ein islamisches Kalifat zu errichten, in dem Nicht-Muslimen der Status von dhimmi ("Schutzbefohlenen") zukäme.
Im Gegensatz zur Palästinensischen Autonomiebehörde verdient die Hamas immerhin Anerkennung dafür, dass sie klar und einheitlich ihr wahres Ziel formuliert. Seit ihrer Gründung vor drei Jahrzehnten – und trotz der jüngsten illusorischen Hoffnungen westlicher Experten – weigert sich die Hamas, ihre Ideologie zu verändern oder ihre Politik zu lockern. Sie hält konsequent an ihrem Standpunkt fest, dass es keinem Muslim zusteht, auch nur das kleinste Stück Land, das sich in muslimischem Besitz befindet, an Nicht-Muslime – in diesem Fall Juden – zu veräussern (Gleiches gilt in der Türkei, die von armenischen und griechischen Nicht-Muslimen "gesäubert" werden soll).
Die janusköpfige Palästinensische Autonomiebehörde hingegen spricht weiterhin eine doppelzüngige Sprache und sendet damit widerstreitende Botschaften sowohl an ihr Volk als auch an die internationale Gemeinschaft. Niemand kann wirklich wissen, ob die PA eine klare und einheitliche Strategie in ihrem Umgang mit Israel verfolgt.
Mahmoud Abbas weiss, wie er es anstellen muss, um sich äusserst nett anzuhören, und häufig hört er sich auch tatsächlich so an, wenn er mit Israelis und westlichen Führungspersönlichkeiten spricht. Wenn er jedoch in arabischer Sprache vor seinen eigenen Leuten spricht, ist Abbas mitunter kaum von Ismail Haniyeh, dem Führer der Hamas, zu unterscheiden.
US-Präsident Donald Trump spricht am 23. Mai 2017 in Bethlehem mit dem Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas. (Foto: PPO/Getty Images) |
Einige von Abbas' hochrangigen Vertretern hören sich sogar noch extremer an als die Hamas. Nur dann nicht, wenn diese mit sanfter Stimme sprechenden und im Westen ausgebildeten palästinensischen Offiziellen zu Gesprächen mit Westlern geschickt werden. Dann wird plötzlich in honigsüssem Ton geredet.
Weil die Führung der Palästinensischen Autonomiebehörde und deren Stellvertreter sich einer doppelzüngigen Rede befleissigen, senden sie widersprüchliche Botschaften hinsichtlich ihrer wahren Absichten in die Welt. Häufig gelingt es ihnen, alle an der Nase herum zu führen. Zu oft kauft die Welt ihnen die Botschaften, die sie gerne hören will, ab, anstatt die weniger bequemen, wahren Aussagen herauszuhören.
Die gegensätzlichen Botschaften der Palästinensischen Autonomiebehörde haben den Eindruck entstehen lassen, dass sie beides ist – sowohl ein Partner für den Frieden als auch ein Feind, je nachdem, wen und wann man reden hörte.
Eines ist jedoch klar: aus palästinensischem Blickwinkel haben sie und die USA nichts füreinander übrig. Aus ihrer Sicht – und dies ist ein Standpunkt, den sie schon erschöpfend lange vertreten – sind die USA nicht in der Lage, eine unparteiische Rolle als Vermittler im Konflikt mit Israel zu übernehmen. Was an den Palästinensern nagt, ist die starke und strategische Verbindung zwischen den USA und Israel.
Die Palästinenser haben in den vergangenen vier oder fünf Jahrzehnten jede US-Regierung beschuldigt, "voreingenommen" zugunsten Israels zu sein. Ganz bestimmt sähen es die Palästinenser gerne, wenn die Hunderte Millionen Dollar an Finanzhilfen, die sie jedes Jahr von den USA erhalten, weiterfliessen würden. Und doch werden die USA, ganz gleich, was auch immer sie für die Palästinenser tun, immer für ihre angebliche Voreingenommenheit zugunsten Israels verurteilt werden.
Die Trump-Regierung steht kurz davor, eine Lektion in Sachen palästinensischer Politik zu erhalten. Wenn die Trump-Regierung ihren Friedensplan der Öffentlichkeit präsentiert, werden die Palästinenser die ersten sein, die ihn ablehnen – einfach, weil er nicht in allen Punkten ihren Forderungen entspricht.
Mahmoud Abbas weiss, dass er nicht mit weniger zu seinen Leuten zurückkehren kann, als mit dem, was er ihnen versprochen hat: 100 Prozent.
In den vergangenen Tagen haben wir bereits einen Vorgeschmack auf die palästinensische Antwort erhalten. Hier ist beispielsweise das, was Abbas' Sprecher Nabil Abu Rudaineh zu sagen hatte, als er gebeten wurde, zu Berichten über den Friedensplan und die US-Drohung, die Auslandsvertretung der PLO in Washington zu schliessen, Stellung zu nehmen: "Die amerikanische Regierung hat ihre Fähigkeit, die Rolle eines Vermittlers in der Region zu übernehmen, verloren. Die USA kann nicht mehr als Förderer des Friedensprozesses betrachtet werden."
Im Vergleich zu den Kommentaren anderer palästinensischer Vertreter und Fraktionen in Bezug auf die Trump-Regierung waren Abu Rudainehs Bemerkungen jedoch noch ziemlich verhalten.
Der Verhandlungsführer der PLO, Saeb Erekat, ging sogar so weit, damit zu drohen, dass die Palästinenser alle Gespräche mit den USA abbrechen würden, wenn die Auslandsvertretung der PLO geschlossen würde.
Natürlich nimmt niemand Erekats Drohung wirklich ernst. Die Beziehungen zu den USA abzubrechen, wäre für die Palästinenser gleichbedeutend mit Selbstmord. Ohne die finanzielle und politische Unterstützung der USA würden die Palästinensische Autonomiebehörde und Erekat innerhalb weniger Tage von der Bildfläche verschwinden. In diesem Stadium bleibt es ungewiss, ob Erekats Gerede über das Abbrechen der Beziehungen zu den Amerikanern auch die Weigerung beinhaltet, Finanzhilfen von den USA zu erhalten.
Zugleich sollten Erekats Drohungen im Kontext mit einer wachsenden Wut und Feindseligkeit gegenüber der Trump-Regierung gesehen werden. Diesem Ärger wird jetzt in einen rhetorischen Angriff auf Trump und dessen Regierung Luft gemacht. Die Palästinenser werfen der aktuellen Regierung vor, sich mit einigen arabischen Ländern, darunter Saudi-Arabien und Ägypten, verschworen zu haben und darauf hinzuarbeiten, die Sache der Palästinenser zu "liquidieren".
Also haben die Palästinenser ihre Meinung geändert: Trumps Friedensplan ist schlecht für uns, und wir werden ihn nicht akzeptieren. Der Plan ist schlecht, weil er Israel nicht dazu zwingt, den Palästinensern alles zu geben. Für die Palästinenser ist der Plan schlecht, weil er als Teil einer von Jared Kushner und dem saudi-arabischen Kronprinz Mohammed bin Salman ausgeheckten Verschwörung betrachtet wird. Die Palästinenser sind davon überzeugt, dass Trump ihre Angelegenheit "liquidieren" und nicht lösen will.
Trump steht davor, den gleichen Prozess durchzumachen, den Präsident Bill Clinton vor 17 Jahren in Camp David durchleben musste. Damals lehnte Yassir Arafat sehr zum Erstaunen Clintons ein verblüffend grosszügiges Angebot des damaligen israelischen Premierministers Ehud Barak ab. Trump wird schon bald lernen, dass für Mahmoud Abbas und die Palästinenser 99 Prozent einfach nicht genug sind.
Bassam Tawil ist Muslim und lebt als Wissenschaftler und Journalist im Nahen Osten.