Majid Rafizadeh spricht am 7. Dezember 2017 vor dem Kongress der Vereinigten Staaten. (Bildquelle: Valter Schleder/Wikimedia Commons) |
Als ich einen Brief von einem schiitischen religiösen Prediger aus Großbritannien erhielt, hat mich das nicht überrascht. Ich erhalte viele ähnliche Briefe von extremistischen Muslimen auf der ganzen Welt, sowie von westlichen Liberalen, Sozialisten und anderen. Jedes Mal, wenn ich diese Briefe öffne, bereite ich mich auf die Kritik an meiner sorgfältigen Überprüfung meiner Religion vor. Wie erwartet, begann der Brief mit einem bekannten Vorschlag: "Hör auf, deine eigene Religion zu kritisieren."
Der Brief unterstützte diese Unterweisung mit Versprechungen, dass mich die Medien und die westlichen Progressiven begünstigten und mich weitaus mehr unterstützen würden, wenn ich meine Ansichten an ihre bevorzugten Gesprächspunkte anpassen sollte:
"Wenn du aufhörst, den Islam zu kritisieren, wird der Westen dich sicherlich mehr willkommen heißen, und du wirst mehr Angebote und Möglichkeiten erhalten, deine Karriere zu fördern."
Was ist an dem, was ich sage, das die Linke so sehr ärgert? Ich weigere mich, den radikalen Islam im Westen zu entschuldigen. Ich weigere mich, die dunkelsten Folgen, zu denen der zügellose Extremismus geführt hat, zu verschleiern. Ich weiche nicht ab von der Vorstellung von Multikulturalismus oder Toleranz; manche Dinge sind nicht dazu bestimmt, toleriert zu werden. Die Botschaft der Apologeten ist klar: Stell dich in die Reihe. Sende die gleichen Botschaften aus, die auch auch aussenden: über alle Aspekte des Islam, der eine liebevolle und wohlwollende Religion ist. Konzentriere dich darauf und kehre die Verbrechen gegen die Menschlichkeit unter den Teppich.
Ich wünschte wirklich, ich könnte es.
Es ist natürlich nicht schwer zu verstehen, warum so viele meiner Kollegen diesem Druck erlegen sind. Mein Weg wäre in der Tat viel einfacher gewesen, wenn ich die politisierte Sichtweise aufgegriffen und mit den anderen, die sich für die Zweckmäßigkeit statt der Wahrheit entschieden haben, weitermarschiert wäre. Doch ich fand es unmöglich, mich anzupassen und mit den islamischen Mainstream-Apologeten im Westen zu verschmelzen. Die Erinnerungen an das, was ich gesehen habe, und die Grausamkeiten, von denen ich weiß, dass sie immer noch begangen werden, verfolgen mich und treiben mich an, für die Stimmlosen zu sprechen. Mein Ziel war nie, den Westen so zu machen wie ich es bin oder persönliche Vorteile aus dem Austausch meiner Erfahrungen zu ziehen. Mein Ziel war immer nur, die Qualen zu beenden, die mein Volk durch die Hände gnadenloser tyrannischer islamistischer Regime und Gruppen erlitten hat.
Ich bin in mehrheitlich muslimischen Gesellschaften geboren und aufgewachsen, in den beiden dominanten Sekten des Islam, Sunniten und Schiiten, sowohl in der arabischen als auch in der persischen Welt. Die Erfahrungen, die meine Familie und die Menschen um uns herum gemacht haben, haben mich so geprägt, dass es unvorstellbar ist, nicht zu erkennen, wie gefährlich Scharia und islamistische Herrschaft sein können. Daher war es meine Mission, diese grundlegenden Probleme, die in meinen Büchern erläutert wurden, anzugehen, in der Hoffnung, dass sie dazu beitragen könnten, einige Reformen innerhalb der Religion einzuleiten. Muslime wie der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi, Dr. M. Zuhdi Jasser und Salim Mansur, um nur einige zu nennen, haben sich ebenfalls für eine Neuinterpretation ausgesprochen.
Was die Islam-Apologeten verstehen müssen, ist, dass ich und andere wie ich kein faustisches Geschäft abschließen werden, um vom Mainstream zu profitieren und uns ihm anzupassen. Es gibt einige Werte wie die Sensibilisierung und die Unterstützung unterjochter Frauen, die unter islamistischer Herrschaft oft in vielerlei Hinsicht effektiv versklavt und gefoltert werden, die weitaus wichtiger sind, als nur den persönlichen Interessen zu dienen.
Ein weiterer Zweck dieser Botschaften ist es, die Worte "der Westen" zu analysieren. Es scheint, wenn Menschen wie der islamische Prediger sagen, dass der Westen Dich mögen wird und Du mehr profitieren wirst, wenn Du den Islamismus nicht kritisierst, dass dann "der Westen" nicht für alle Westler steht, sondern sich hauptsächlich auf Institutionen und Persönlichkeiten der politischen extremen Linken zu beziehen scheint. Diese extremistischen Muslime können sich auf Organisationen oder soziale Medien verlassen, die nicht über Fakten, sondern über Ideologie berichten. Sie scheinen die Dinge so anzugehen, wie sie es sich wünschen, und nicht, indem sie sich Beweise ansehen. Leider sind viele dieser Universitäten, Institutionen und Nachrichtenportale zufällig die riesigen und dominanten im Westen.
Als ich zum ersten Mal in die USA kam, um während der Obama-Regierung mit einem Fulbright-Stipendium zu unterrichten, war es faszinierend zu sehen, wie viele Institutionen und Persönlichkeiten Kritik am Islam weder gerne hören, noch darüber berichten. Dieses Phänomen schien einen absoluten Doppelstandard zu repräsentieren. Während diese Westler mit ihrer scharfen Kritik an Religionen wie Christentum und Judentum völlig in Ordnung schienen, behandelten sie den Islam nicht gleich. Es war ein Schock, recht schnell zu entdecken, dass es akzeptabel war, wenn sie ihre eigenen Religionen kritisieren, es jedoch nicht in Ordnung ist, wenn ich meine kritisiere. Es war nicht möglich, daraus einen Sinn zu machen.
Im Iran und in Syrien, wo ich aufgewachsen bin, kann man verhaftet, inhaftiert, gefoltert und sogar hingerichtet werden, weil man etwas gesagt hat, was nicht positiv über die dominante Religion des Landes, den Islam, aussieht. Auf den ersten Blick schien für diejenigen, die den Islam reformieren wollten, der einzige Ort, dies zu tun, der Westen zu sein. Schließlich brüsten sich so viele politische Führer immer wieder des Wertes der Meinungs- und Pressefreiheit. Wo sonst könnte eine Reform einer stark eingeschränkten Religion stattfinden?
Wenn so etwas in einem Land versucht würde, in dem das Scharia-Recht durchgesetzt wird, hätte man schwerwiegende Folgen zu erleiden, wenn man nur schon versuchen würde, die Religion zu kritisieren. Wir alle gingen davon aus, dass es hier im Westen sicher wäre, alles in Frage zu stellen und zu kritisieren. Stattdessen verwenden so viele Institutionen eine viel subtilere Methode, um Kritik zum Schweigen zu bringen. Zu diesen Methoden gehört es, jeden, der etwas im Entferntesten Negatives über den Islam sagt - auch diejenigen, die konstruktive Kritik und Reformmöglichkeiten anbieten - als "Islamophobie-fördernd" zu bezeichnen.
Bitte akzeptieren Sie einfach eine simple Botschaft: Wenn Sie denken, dass Kritik am Christentum und am Judentum konstruktiv ist und ein Weg zur Modernisierung und Schaffung von Reformen, dann wenden Sie bitte die gleiche Regel auf den Islam an.
Je mehr Sie konstruktive Kritik am Islam verbergen oder ignorieren, desto schwieriger machen Sie es für Reformen und desto leichter machen Sie es muslimischen Radikalen, sich durchzusetzen. Es gibt derzeit auf der ganzen Welt Gräueltaten, die jeden Tag im Namen des Islam begangen werden; Ihr Ziel sollte nicht sein, politisch korrekt zu sein oder diese Religion heftig zu schützen, sondern ihre Verwundeten zu heilen und denen Unterstützung anzubieten, die die Missbräuche beseitigen wollen. Das Verschleiern der oft unsäglichen Handlungen, zu denen die Scharia führen kann, wird nur diejenigen Menschen befähigen, die böswillige Absichten haben, während sie die Schwächsten ihrer Grausamkeit unterwerfen.
Wenn, wie Sie behaupten, Ihre Kernwerte die Wahrung der Meinungsfreiheit, der Pressefreiheit und der offenen Diskussionen über Christentum und Judentum sind, sollten diese Werte auch für den Islam gelten. Unterstützen Sie die Stimmen derjenigen, die das Scharia-Recht aus erster Hand erfahren haben, und fordern Sie Reformen.
Der Grund, warum ich die radikalen Elemente meiner Religion kritisiere, ist nicht, weil ich Hass in meinem Herzen habe, sondern weil ich diejenigen schützen möchte, die von ihren Führern missbraucht und verlassen wurden. Offenen Auges bin ich nicht bereit, mich vor der Wahrheit zu verstecken, egal wie groß der Nutzen oder Gewinn ist.
Majid Rafizadeh ist ein in Harvard-ausgebildeter Wissenschaftler und Mitglied des Advisory Board der Harvard International Review, einer offiziellen Publikation der Universität Harvard.