Hamas-Terroristen, bewaffnet mit raketenbetriebenen Granaten, bei einer Parade im Gazastreifen, 20. Juli 2017. (Foto: Chris McGrath/Getty Images) |
Was meint die Hamas – die palästinensische Terrororganisation, die den Gazastreifen kontrolliert – wenn sie sagt, sie werde im Gegenzug für ein Waffenstillstandsabkommen mit Israel "keinen politischen Preis zahlen"? Die Antwort: Nein zur Anerkennung Israels, Nein zur Aufgabe des Traums, Israel zu vernichten und Nein zur Entwaffnung.
In den vergangenen Wochen wurden mehrere Hamas-Führer und -Sprecher wiederholt mit der Aussage zitiert, dass ihre Organisation im Rahmen eines Waffenstillstandsabkommens mit Israel keinerlei politische Zugeständnisse machen werde. Die Äusserungen fielen, da Ägypten und die Vereinten Nationen ihre Bestrebungen fortsetzen, einen Waffenstillstand zu erzielen, welcher die andauernde Gewalt an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Israel beenden würde.
"Wir wollen einen Beschluss über die Beendigung der Blockade gegen den Gazastreifen", verkündete Hamas-Führer Ismail Haniyeh vor Kurzem in einer Rede anlässlich des 30. Jahrestags der Gründung seiner Organisation. "Alle Einigungen, die erzielt werden, um die Blockade zu beenden, werden nicht als Gegenleistung für einen politischen Preis verwendet."
Haniyehs Auffassung wurde von mehreren Hamas-Führern und offiziellen Vertretern des Palästinensischen Islamischen Dschihad (PIJ), der zweitgrössten Terrorvereinigung im Gazastreifen, bestätigt.
In einem Interview mit der in im Gazastreifen ansässigen Tageszeitung Al-Istiklal behauptete der hochrangige PIJ-Vertreter Nafez Azzam, dass die Ägypter und die UNO unlängst kurz davor standen, einen Waffenstillstand zu schliessen, der die palästinensischen Terrorgruppen nicht verpflichtet, "einen politischen Preis zu zahlen".
Wenn die Hamas und der Palästinensische Islamische Dschihad davon reden, einen politischen Preis zu zahlen, beziehen sie sich damit auf die Forderungen (Israels und vieler anderer Mitglieder der internationalen Gemeinschaft), die Palästinenser müssten ihre Waffen niederlegen, Terroranschläge auf Israel einstellen und ihren Traum aufgeben, Israel zu vernichten und an dessen Stelle einen islamistischen Staat zu errichten. Dies sind natürlich Bedingungen, auf die einzugehen sich keine palästinensische Terrorvereinigung je erlauben könnte, nicht einmal, wenn dafür im Gegenzug die Blockade gegen den Gazastreifen aufgehoben würde oder den zwei Millionen in der Küstenenklave lebenden Menschen wirtschaftliche und humanitäre Hilfe zuteilwürde. Die Annahme solcher Bedingungen liesse sie in den Augen ihrer Anhänger schlecht aussehen. Diese würden sie beschuldigen, die Araber und Muslime zu betrügen, weil sie ihr Versprechen, Israel zu zerstören, nicht eingehalten hätten.
Jeder, der glaubt, dass die Hamas oder der PIJ oder irgendeine andere Terrorvereinigung jemals ihrer Entwaffnung zustimmen würde, lebt in einer Traumwelt. Das ist undenkbar. Wenn es nach diesen Gruppierungen geht, ist es weitaus wichtiger, ihre Waffen zu behalten, als die Lebensbedingungen der Palästinenser im Gazastreifen zu verbessern.
"Wir werden unsere Waffen nicht der Palästinensischen Autonomiebehörde, die die Sicherheitskoordination mit Israel [im Westjordanland] durchführt, übergeben", erklärte der führende Hamas-Vertreter Ahmed Bahr vor Kurzem in einer Predigt während des Freitagsgebets im Gazastreifen. "Die Waffen des palästinensischen Widerstands sind legitime Waffen, die dazu verwendet werden, unsere Rechte zurückzuerlangen und unser Land zu befreien. Die Option des Widerstands ist der einzige und kürzeste Weg, um unser Land zu befreien und unsere Rechte zurückzuerlangen."
Damit wir uns richtig verstehen, wenn die palästinensische Terrorvereinigung von "Widerstand" redet, dann meint sie damit Terroranschläge auf Israel. Dazu zählen Selbstmordattentate, der Abschuss von Raketen und Granaten auf Israel sowie das Werfen von Sprengsätzen und Brandbomben auf israelische Soldaten und Zivilisten. Diese Gruppierungen glauben nicht an friedliche und gewaltfreie Proteste in irgendeiner Form. Für sie gibt es nur eine realistische Möglichkeit, um ihr Ziel, die Vernichtung Israels, zu erreichen: den bewaffneten Kampf.
Jeder, der denkt, dass die Hamas oder irgendeine andere Terrororganisation zustimmen würde, ihre extremistische Ideologie im Gegenzug für die Lockerung der über den Gazastreifen verhängten wirtschaftlichen Einschränkungen aufzugeben, lebt ebenfalls in einer Traumwelt. Dies ist eine Ideologie, die ganz deutlich sagt, dass die Juden kein Recht haben, in einem Gebiet, das viele als "muslimischen Grundbesitz" betrachten, in einem eigenen, souveränen und unabhängigen Staat zu leben. Die Hamas-Charta ist erfrischend klar in diesem Punkt:
"Die Islamische Widerstandsbewegung vertritt den Glauben, dass das Land Palästina eine islamische Waqf (dt.: fromme Stiftung) ist, die bis zum Kommen des Jüngsten Tags künftigen Moslemgenerationen geweiht ist. Dieses Land – samt all seiner Teile – darf nicht verspielt werden: Es darf nicht, auch nicht teilweise, aufgegeben werden."
Freundlicherweise erinnern die Hamas und ihre Verbündeten im Gazastreifen die Welt bei jeder Gelegenheit daran, dass es ihr ultimatives Ziel ist, "ganz Palästina zu befreien", vom Mittelmeer bis zum Fluss Jordan: exakt das Gebiet, über das sich der Staat Israel erstreckt.
"Der Palästinensische Widerstand verfügt über eine echte Armee, deren Mission es ist, ganz Palästina zu befreien", verkündete Mahmoud Zahar, ein führender Hamas-Vertreter. "So Gott will, wird diese Armee Jerusalem erreichen."
Wenn dies der Fall ist, warum führen die palästinensischen Terrorvereinigungen dann unter Federführung von Ägypten und UN indirekte Verhandlungen mit Israel, um ein neues Waffenstillstandsabkommen im Gazastreifen zu erreichen? Die Antwort liegt auf der Hand. Sie wollen einen Waffenstillstand oder eine Waffenruhe, damit sie sich in Ruhe weiter auf den nächsten Krieg gegen Israel vorbereiten können, ohne dabei von israelischen Militäroperationen gestört zu werden.
Die palästinensischen Terrorvereinigungen betrachten den Waffenstillstand als eine vorübergehende Massnahme, die ihnen ermöglicht, weiterhin Waffen in den Gazastreifen zu schmuggeln und neue Tunnel zu graben, durch die sie nach Israel gelangen, um so viele Zivilisten und Soldaten wie nur irgend möglich zu töten. Sie wollen, dass Israel seine Einschränkungen über den Gazastreifen lockert, damit sie weiterhin Terroranschläge auf Israelis verüben können, ohne ihre eigenen Waffen niederlegen oder ihre radikale und heimtückische Ideologie aufgeben zu müssen.
Zumindest sind die palästinensischen Terrorvereinigungen ehrlich, was ihre wahren Absichten anbetrifft. Sie machen keinen Hehl aus ihrem Wunsch, Israel zu zerstören und so viele Juden wie nur möglich zu töten. Sowohl der Hamas als auch ihren Verbündeten ist das Wohlergehen ihrer Leute im Gazastreifen gleichgültig. Sie sind fest entschlossen, Israel bis zum letzten Palästinenser zu bekämpfen.
Es ist an der Zeit, dass alle an den Bemühungen um einen Waffenstillstand im Gazastreifen Beteiligten auf das hören, was die palästinensischen Terrorgruppen sagen. Die Botschaft, welche die Terrororganisationen senden, ist sehr deutlich: Nein zur Anerkennung des Existenzrechts Israels, Nein zur Aufgabe unseres Traums, Israel zu vernichten und Nein zur Niederlegung unserer Waffen.
Bassam Tawil ist Muslim und lebt als Wissenschaftler und Journalist im Nahen Osten.