Bischof Luigi Padovese, Apostolischer Vikar von Anatolien, Türkei, wurde 2010 von seinem Fahrer ermordet, der "Allahu Akbar" schrie, als er dem Priester die Kehle aufschlitzte. (Bildquelle: Raimond Spekking / CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons) |
Am Tag nach der Entlassung des amerikanischen Pastors Andrew Brunson aus dem türkischen Gefängnis wurde ein weiterer Christ, der seit fast zwei Jahrzehnten im Land lebt, von den türkischen Behörden festgenommen und man sagte ihm, dass er zwei Wochen Zeit habe, das Land zu verlassen - ohne seine Frau und drei Kinder. Der amerikanisch-kanadische Evangelist David Byle erlitt im Laufe der Jahre nicht nur mehrere Verhaftungen und Verhöre, sondern war auch dreimal zur Deportation verurteilt worden. Jedes Mal wurde er durch Gerichtsurteile gerettet. Diesmal konnte er jedoch die Vertreibung nicht verhindern und verließ das Land nach zwei Tagen in einer Haftanstalt.
Als er am 20. November versuchte, zu seiner Familie in die Türkei zurückzukehren, wurde ihm die Wiedereinreise verweigert. Laut Claire Evans, Regionalmanagerin der Organisation International Christian Concern:
"Die Türkei macht immer deutlicher, dass es keinen Platz für das Christentum gibt, auch wenn in der Verfassung etwas anderes steht. Es ist kein Zufall, dass die Türkei beschlossen hat, diesen Prozess am Tag nach der Entlassung Brunsons aus der Haft einzuleiten, und dass die Behörden dabei einen Gerichtsbeschluss ignorierten. Wir müssen die Familie Byle in dieser schwierigen Zeit der Trennung im Gebet behalten."
Brunson und Byle gehören zu vielen christlichen Geistlichen, die der Aversion der Türkei gegen das Christentum zum Opfer gefallen sind. In ihren jährlichen Berichten über Menschenrechtsverletzungen, die seit 2009 veröffentlicht werden, beschreibt die Türkische Vereinigung Evangelischer Kirchen die systematische Diskriminierung von Protestanten durch die Türkei, einschließlich verbaler und physischer Attacken; auch erkennt die türkische Regierung die protestantische Gemeinschaft nicht als "juristische Person" an und verweigert ihr das Recht, Gotteshäuser frei einzurichten und zu betreiben.
Die Protestanten der Türkei können keine eigenen Schulen eröffnen oder eigene Kleriker ausbilden, was sie zwingt, sich auf die Unterstützung ausländischer Kirchenführer zu verlassen. Dennoch wurde mehreren ausländischen Religionsarbeitern und Kirchenmitgliedern die Einreise in die Türkei verweigert, Aufenthaltsgenehmigungen verweigert oder sie wurden abgeschoben.
Obwohl missionarische Aktivitäten nach dem türkischen Strafgesetzbuch nicht illegal sind, werden sowohl ausländische Pastoren als auch türkische Bürger, die zum Christentum konvertieren, von Behörden und einem Großteil der Öffentlichkeit als Parias behandelt. Es ist kein Wunder, dass dies der Fall ist, wenn man bedenkt, dass es jahrelange antichristliche "Berichte" von staatlichen Institutionen gibt, die die Regierungspolitik prägen.
Zum Beispiel:
Im Jahr 2001 erklärte der Nationale Sicherheitsrat (MGK) nach Erhalt eines Berichts des türkischen Geheimdiensts (MIT) die christlichen Missionsaktivitäten zu einer "Sicherheitsbedrohung" und erklärte, dass "erforderliche Vorkehrungen gegen [ihre] spalterischen und zerstörerischen Aktivitäten getroffen werden sollten".
Im Jahr 2004 veröffentlichte die Handelskammer von Ankara (ATO) einen Bericht, in dem sie behauptete, dass "missionarische Aktivitäten ethnische und religiöse Trennungsaspirationen hervorrufen und auf die einheitliche Struktur des Staates abzielen".
Im Jahr 2005 sagte Staatsminister Mehmet Aydın: "Wir denken, dass die missionarischen Aktivitäten darauf abzielen, die historische, religiöse, nationale und kulturelle Einheit zu zerstören.... das wird als eine extrem geplante Bewegung mit politischen Zielen angesehen."
Im Jahr 2006 erstellte die Türkische Armee (TSK) einen Bericht, in dem sie christliche Missionare als "Bedrohung" bezeichnete und betonte, dass gesetzliche Regelungen zur Verhinderung ihrer Tätigkeit getroffen werden müssen. Im selben Jahr sagte Ali Bardakoğlu, damals Chef von Diyanet (der staatlich finanzierten Direktion für religiöse Angelegenheiten), in Fernsehsendungen, es sei "die Pflicht von Diyanet, die Menschen vor Missionaren und anderen Bewegungen zu warnen, die die Gesellschaft bedrohen".
Im Jahr 2007 sagte Niyazi Güney, Beamter des Justizministeriums, dass "Missionare noch gefährlicher sind als terroristische Organisationen".
Solche öffentlichen Denunziationen von christlichen Missionaren haben konkrete und verheerende Folgen gehabt.
Im Jahr 2006 wurde beispielsweise ein protestantischer Kirchenführer namens Kamil Kıroğlu, ein muslimischer Bekehrter zum Christentum, von fünf Männern bewusstlos geschlagen, von denen einer schrie: "Verleugne Jesus oder ich werde dich jetzt töten", und ein anderer schrie: "Wir wollen keine Christen in diesem Land"!
Ebenfalls 2006 wurde Pater Andrea Santoro, ein 61-jähriger römisch-katholischer Priester, beim Gebet in der Kirche Santa Maria in Trabzon ermordet. Fünf Monate später wurde auf einen 74-jähriger Priester, Pater Pierre François René Brunissen, in Samsun mit einem Messer eingestochen. Der Täter sagte, dass er die Tat gegen den Priester begangen habe, um gegen "seine missionarischen Aktivitäten" zu protestieren.
Im April 2007 wurden beim Massaker im Zirve Bibelverlag drei Christen zu Tode gefoltert. Im November desselben Jahres wurde ein assyrischer Priester, Edip Daniel Savcı, entführt. Einen Monat später wurde mit dem Messer auf einen katholischen Priester, Adriano Franchini, bei einem Sonntagsgottesdienst eingestochen. Berichten zufolge war der Priester von einigen Websites "der missionarischen Tätigkeit beschuldigt" worden.
Im Juni 2010 wurde Bischof Luigi Padovese, Apostolischer Vikar von Anatolien, von seinem Fahrer ermordet, der "Allahu Akbar" ("Allah ist der Größte") brüllte, als er dem Priester die Kehle aufschlitzte. Bei seinem Prozess sagte der Mörder, dass der Bischof ein "falscher Messias" sei, dann rezitierte er zweimal im Gerichtssaal lautstark den Adhan (islamischer Aufruf zum Gebet).
Trotz seiner derzeitigen winzigen und zerbröselnden Präsenz in der Türkei hat das Christentum eine lange Geschichte in Kleinasien (Teil der heutigen Türkei), dem Geburtsort zahlreicher Apostel und Heiliger, darunter Paulus, Lukas, Ephrem, Polykarp, Timotheus, Nikolaus und Ignatius. Viele in der Bibel aufgezeichnete Ereignisse ereigneten sich in diesem Gebiet. Die indigenen Völker des Landes - Armenier, Assyrer und Griechen - gehören zu den ersten Nationen, die den christlichen Glauben annahmen.
Die ersten sieben Ökumenischen Konzile fanden ebenfalls in dem Gebiet statt, das heute die Türkei ist. In Antiochia (Antakya) wurden die Nachfolger Jesu zum ersten Mal in der Geschichte "Christen" genannt und der heilige Petrus gründete eine der frühesten Kirchen. Edessa (Urfa im Südosten der Türkei) war ein frühes Zentrum der assyrischen (syrischen) orthodoxen Kirche. Die altgriechische Stadt Byzanz (auch bekannt als Konstantinopel - das heutige Istanbul) war ein Zentrum des Christentums und die Hagia Sophia, die dort im 6. Jahrhundert erbaut wurde, war die größte Kirche der Welt - bis die osmanischen Türken 1453 in die Stadt eindrangen und die Kirche in eine Moschee verwandelten. Seitdem stehen die Christen in der Region unter muslimischer Herrschaft.
Heute sind nur noch rund 0,2% der fast 80 Millionen Einwohner der Türkei Christen. Der christliche Völkermord in der osmanischen Türkei 1913-1923 und das antigriechische Pogrom 1955 in Istanbul sind einige der wichtigsten Ereignisse, die zur weitgehenden Zerstörung der alten christlichen Gemeinschaft des Landes führten. Doch auch heute noch - selbst nach dem Beitritt der Türkei zum Europarat 1949 und zur NATO 1952 - werden christliche Missionare und Bürger in der Türkei dauernd unterdrückt.
Dafür gibt es zwei Gründe. Die erste hat mit der Sichtweise des Islam auf Kafir ("Ungläubige") zu tun. Das erklärt Dr. Bill Warner, Direktor des Center for the Study of Political Islam (CSPI):
"Die koranische Doktrin über Kafir sagt, dass sie gehasst werden und Satans Freunde sind. Kafir können beraubt, getötet, gefoltert, vergewaltigt, verspottet, verflucht, verurteilt und angeprangert werden."
Warner beschreibt auch die Zerstörung der griechischen christlichen Zivilisation in Anatolien:
"Der Vorgang der Vernichtung dauerte Jahrhunderte. Einige Leute denken, dass die Kafir bei der Invasion des Islam die Wahl zwischen Bekehrung oder Tod hatten. Nein, auf keinen Fall. Die Scharia wurde eingeführt, und die christlichen Dhimmis hatten weiterhin ihren "geschützten" Status als Menschen des Buches, die unter der Scharia lebten. Der Dhimmi zahlte hohe Steuern, konnte vor Gericht nicht aussagen, hatte keine Autoritätsposition gegenüber Muslimen und wurde durch soziale Regeln gedemütigt. Ein Dhimmi musste für den Muslim zur Seite treten, ihm seinen Platz anbieten, konnte keine Waffe tragen und musste in jeder Hinsicht gegenüber einem Muslim zurücktreten. In allen Fragen der Gesellschaft musste sich der Dhimmi dem Muslim beugen. Im Laufe der Jahrhunderte führten die Degradierung, der Mangel an Rechten und die Dhimmi-Steuer dazu, dass sich die Christen bekehrten. Es ist die Scharia, die die Dhimmis zerstört."
Jahrhunderte später - trotz der Tatsache, dass die türkische Verfassung nicht auf der Scharia basiert - sind das Denken und Handeln der meisten Türken immer noch weitgehend islamisch. Laut Professor Ali Çarkoğlu von der Koç University, der eine Umfrage zum Nationalismus mit Professor Ersin Kalaycıoğlu von der Universität Sabancı durchgeführt hat:
"Eine Frage, die die Türkei vom Rest der Welt unterscheidet, ist, dass unsere nationale Identität in erster Linie durch religiöse Identität geprägt ist. Was einen Türken zu einem Türken macht, liegt nicht so sehr an der ethnischen Zugehörigkeit oder der Sprache, die die Menschen sprechen, sondern in erster Linie daran, Moslem zu sein... Eine große Mehrheit der Türken denkt, dass es in ihrer Geschichte nichts gibt, wofür sie sich schämen müssten. [Sie] fühlen sich weder Europa noch dem Nahen Osten nahe; sie fühlen sich im Grunde genommen nur sich selbst nahe... eine auffällige Tatsache ist, dass wir gefragt haben, ob, wenn jeder ein Türke wäre, ob die Welt dann ein besserer Ort wäre, und die Türken haben eine sehr hohe Bewertung abgegeben. Keinerlei Selbstkritik."
Der andere Grund für die christliche Verfolgung in der Türkei scheint eine weit verbreitete Angst zu sein - an der Grenze zur Paranoia -, dass die Christen durch die Missionierung darauf abzielen, das Land der Türken, das sie vor der türkischen Eroberung besaßen, zurückzuerobern. In einem Bericht der National Intelligence Organization (MIT) aus dem Jahr 2001 heißt es beispielsweise, dass "Missionare sich auf Pontos [ein altgriechisches Land] im Schwarzmeerraum, den Jessidismus, die chaldäische [Kirche] und christliche Kurden in der Südosttürkei, Armenier im Osten der Türkei und die alten christlichen Länder in der Ägäis und in Istanbul beziehen, um die Menschen zu beeindrucken und sie für sich zu gewinnen".
Darüber hinaus wird im Bericht der türkischen Armee von 2004 behauptet, dass bis zum Jahr 2020 10% der gesamten Bevölkerung der Türkei christlich sein werden.
Ironischerweise betrug die Bevölkerung des heutigen türkischen Territoriums vor dem christlichen Völkermord 1913-1923 etwa 14 Millionen, wovon etwa ein Drittel (4,5 Millionen) christlich war. Der Völkermord hat das Osmanische Reich und die heutige Türkei weitgehend seiner christlichen Bevölkerung entleert und ein fast vollständig muslimisches Land geschaffen.
Trotz dieser kriminellen Vorgeschichte gehen viele Türken immer noch kompromisslos auf Christen los. Viele Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens - darunter Politiker, Akademiker, Polizisten und Gewerkschaften - verteufeln Missionare und beschuldigen sie, sich an "separatistischen", "bedrohlichen", "aggressiven", "destruktiven" und "terroristischen" Aktivitäten zu beteiligen.
Diese Leute machen anscheinen einen auf Projektion, denn es sind islamische Dschihadisten, die gewaltsam in fremde Länder eingedrungen sind und diese eingenommen haben und Nicht-Muslime zu Sklaven oder Untertanen zweiter Klasse ihres Reiches gemacht haben - etwas, worauf viele Türken in ihrer eigenen Geschichte stolz sind, das sie gut finden und verherrlichen. Die offizielle Website der türkischen Streitkräfte zum Beispiel datiert stolz die Gründung des türkischen Militärs auf "209 v. Chr. während des Großhunnenreichs", dessen Herrscher und Soldaten, so schreibt der Historiker Joshua J. Mark, "Tod und Verwüstung brachten, wohin sie auch gingen", einschließlich nach Europa. Die türkische Armee, ein Mitglied der NATO, prahlt auch damit, dass die Türken "zahlreiche Völker, Nationen und Staaten über eine weitreichende Geographie, die sich von Asien über Europa bis nach Afrika erstreckt, unterworfen und beherrscht haben".
In diesem Zusammenhang ist aus türkischer Sicht die Verfolgung der Pastoren Brunson und Byle nichts als logisch und konsequent.
Uzay Bulut, eine türkische Journalistin, die als Moslem geboren und aufgewachsen ist, ist ein angesehener Senior Fellow am Gatestone Institute und lebt derzeit in Washington D.C.