Die Polizei in der spanischen Region Katalonien hat 18 Mitglieder einer dschihadistischen Zelle festgenommen, die einen Anschlag in Barcelona geplant hatten, was erneut ein Schlaglicht auf das fortdauernde Problem des radikalen Islam in Katalonien wirft. Foto: Polizei und Sanitäter kümmern sich um verwundete Überlebende des Terroranschlags, den Younes Abouyaaqoub am 17. August 2017 in Barcelona verübte. Abouyaaqoub ermordete 15 Menschen und verletzte 130 weitere. (Foto: Nicolas Carvalho Ochoa/Getty Images) |
Die Polizei in der nordostspanischen Region Katalonien hat 18 Mitglieder einer dschihadistischen Zelle festgenommen, die einen Anschlag in Barcelona geplant haben sollen – doch alle bis auf drei wieder auf freien Fuß gesetzt.
Die Verhaftungen haben erneut ein Schlaglicht auf das fortdauernde Problem des radikalen Islam in Katalonien geworfen, eine Region, die, als Anteil an der Gesamtbevölkerung gemessen, eine der größten muslimischen Populationen in Europa hat. Die Zelle – die aus Personen aus Algerien, Ägypten, dem Irak, dem Libanon, Libyen und Marokko besteht – wurde am 15. Januar gesprengt, als mehr als hundert Polizeibeamte fünf Gebäude in Barcelona und der katalonischen Stadt Igualada durchsuchten.
Die Verhaftungen sind Teil einer größeren Anti-Terror-Ermittlung mit dem Namen "Operation Alexandra", die im Mai 2017 startete, nachdem die Polizei den Hinweis erhalten hatte, dass örtliche Dschihadisten einen Anschlag planten.
Die als Mossos d'Esquadra bekannte katalonische Polizeieinheit gab bekannt, dass der Zelle fünf Anführer angehört hätten, die sich im "fortgeschrittenen Prozess der Radikalisierung" befunden hätten, "mit dem Ziel, einen Anschlag zu verüben". Die Zelle habe sich zu den "ideologischen Prinzipien" des Islamischen Staates bekannt und "in signifikantem Maß" dschihadistische Propaganda konsumiert.
Wie die Zeitung El Mundo berichtete, bestand die Zelle aus zwei Teilen: Dem ersten gehörten ein Dutzend Mitglieder an, die sich Diebstahl und Raubüberfällen widmeten; die Beute aus diesen Straftaten finanzierte den anderen Teil, nämlich die fünf Anführer, die an der Vorbereitung des Anschlags arbeiteten.
Nach Angaben der Polizei haben die Dschihadisten in und um Barcelona mindestens 369 Raubüberfälle und Diebstähle verübt. Daneben verdienten die Bandenmitglieder auch noch Geld mit Drogenhandel und Dokumentenfälschung.
Laut El Mundo hätten sie sich darauf spezialisiert gehabt, Reisepässe und andere Identitätsnachweise von Touristen in Barcelona – Spaniens zweitgrößte Stadt und eines von Europas beliebtesten Urlaubszielen – zu stehlen. Die gestohlenen Dokumente fanden ihren Weg zu den Fälschungsnetzwerken der Unterwelt und wurden dann von Dschihadisten für Reisen durch ganz Europa benutzt.
Am 18. Januar gab die Audiencia Nacional (Nationales Gericht), ein auf Terrorstraftaten spezialisierter hoher Gerichtshof, bekannt, dass ein spanischer Bürger libyscher Herkunft mit dem Spitznamen "Rabeh", der im katalonischen Gefängnis Brians eine Strafe wegen Verbrechen mit Verbindung zum Terrorismus verbüßt, in Kontakt zu der Zelle getreten war, mit der Absicht, nach seiner Freilassung einen Anschlag zu verüben.
72 Stunden nach der Verhaftung sind jedoch nur noch drei der 18 Dschihadisten in Polizeigewahrsam. Katalonische Medien berichten unter Berufung auf Polizeiquellen, dass obwohl alle 18 Mitglieder der Zelle radikalisiert sind, die 13 von ihnen, die sich dem Diebstahl und der Dokumentenfälschung gewidmet hatten, freigelassen worden seien, da sich nicht zweifelsfrei hätte beweisen lassen, dass sie die Absicht hatten, beim Verüben eines tatsächlichen Anschlags mitzuwirken. Nun sind sie mutmaßlich zu ihrem illegalen Gewerbe des Taschendiebstahls, des Drogenhandels und der Dokumentenfälschung zurückgekehrt. Zwei andere wurden unter der Bedingung auf freien Fuß gesetzt, dass sie Spanien nicht verlassen.
Barcelona befindet sich in hoher Alarmstufe, seit der 22 Jahre alte Younes Abouyaaqoub, Mitglied einer elfköpfigen Terrorzelle in Katalonien, im August 2017 auf der Las Ramblas, dem wichtigsten Touristenboulevard der Stadt, mit einem Lieferwagen in eine Menschenmenge fuhr. Er tötete 15 Menschen und verletzte 130 weitere. Einige Stunden später überfuhren fünf Mitglieder derselben Terrorzelle Fußgänger in der nahe gelegenen Küstenstadt Cambrils. Bei dem Anschlag wurde eine Spanierin getötet, zahlreiche weitere Menschen wurden verletzt.
Am 23. Dezember 2018 warnte das amerikanische Außenministerium vor dem Risiko von dschihadistischen Anschlägen in Barcelona während der Weihnachtstage und Neujahrfeierlichkeiten. Die Sicherheitswarnung riet US-Bürgern, "im Umfeld von Las Ramblas in Barcelona in der Nähe von fahrenden Fahrzeugen, inklusive Bussen, erhöhte Wachsamkeit an den Tag zu legen ... Terroristen könnten ohne oder mit wenig Vorwarnung losschlagen und Touristenziele, Verkehrsknotenpunkte und andere öffentliche Orte angreifen".
Die katalonische Polizei teilte später mit, dass sie nach einem 30-jährigen marokkanischen Busfahrer namens Brahim Lmidi fahnde, der mutmaßlich vorhatte, nach Barcelona zu reisen und dort Menschen mit "einem Bus oder ähnlichem zu überfahren". Lmidi, der weiter flüchtig ist, soll Verbindungen zu einer salafistischen Moschee in Vilanova i la Geltrú, einem Küstenort südlich von Barcelona, haben.
Am 22. Dezember wurde in Mataró (im Bezirk Barcelona) ein 33-jähriger marokkanischer Dschihadist verhaftet, von dem nur die Initialen M.E.M. bekanntgegeben wurden. Er steht im Verdacht, dem Islamischen Staat anzugehören. Der Verhaftete hatte Marokko im Mai 2014 verlassen, um sich dem Islamischen Staat in Syrien anzuschließen. Nach Angaben der Polizei reiste er im Juni 2018 nach Spanien ein, nachdem er aus Syrien zurückgekehrt und dabei unter anderem über die Türkei, Deutschland und die Ukraine gereist war. M.E.M. war quer durch Europa gereist, ohne irgendwelche Ausweispapiere zu besitzen. Wie es übliche Praxis ist, hatte er seinen Reisepass und seinen Personalausweis vernichtet, um zu verhindern, dass Sicherheitskräfte ihn identifizieren können. Um nicht aufgespürt zu werden, lebte er als Hausbesetzer in Barcelona.
Am 18. Dezember wurde Khalid Makran, ein 29-jähriger niederländischer Dschihadist, an einer Tankstelle an der Autobahn A 7 in der Nähe von Tarragona, südlich von Barcelona, verhaftet. Die Polizei war alarmiert, nachdem Makran die Wände seines Zimmers in einem Hotel in der Nähe von Vilaseca mit dschihadistischer Propaganda beklebt hatte.
Am 20. August wurde Abdelouahab Taib, ein 29 Jahre alter Algerier mit Aufenthaltserlaubnis in Spanien, von der Polizei erschossen, nachdem er eine Polizeistation in Cornellà de Llobregat (Barcelona) mit einem Messer betreten und "Allahu Akbar!" ("Allah ist der Größte!") gerufen hatte.
Am 1. August wurden zwei in Mataró (Barcelona) lebende Dschihadisten verhaftet, die mutmaßlich Kämpfer für den Islamischen Staat rekrutiert hatten. Die Polizei teilte mit, dass einer der Männer, Mostafa Bechri Boulben, 46, bis zu zehn Mobiltelefone benutzt hatte, um mit Kombattanten im Irak und in Syrien zu kommunizieren.
Am 8. Juni verlangte die spanische Polizei die Abschiebung von Mohamed Attaouil, dem Präsidenten des Islamischen Imam-Malik-Kulturzentrums in der Stadt Salt (Bezirk Girona), da sein Verbleiben in Spanien "ein erhebliches und konkretes Risiko für die öffentliche Sicherheit darstellt". Attaouil gilt als "eine Leitfigur" der muslimischen Gemeinschaft in Katalonien und "Führer der salafistischen Bewegung" in der Region.
Am 11. Mai wurden die beiden marokkanischen Dschihadisten Tarik Aazane und Rachid el Founti, die in den katalonischen Städten Roda de Ter und Torello lebten, wegen Indoktrination zum Terrorismus jeweils zu einer Haftstrafe von acht Jahren verurteilt. Der nationale Gerichtshof sah es als erwiesen an, dass die beiden Männer in sozialen Netzwerken mehr als 600 Videos, Kommentare und Bilder verbreitet hatten, in denen sie Werbung für den Islamischen Staat machten. Zudem hatten sie zwei spanische Frauen indoktriniert, um sie in die dschihadistische Bewegung einzuführen. Eine der beiden Frauen hatte daraufhin erklärt, sie sei "bereit, für Allah zu sterben". Die andere Frau, die früher zu den Neonazi-Skinheads gehört hatte, "durchlief einen Prozess des ästhetischen Wandels und fing an, Kleidung zu tragen, die typisch ist für die muslimische Kultur". Der Polizei zufolge war es "wegen ihrer antijüdischen Einstellung leichter, sie zum Islam zu konvertieren".
Am 10. April wurden zehn Mitglieder einer dschihadistischen Zelle des Islamischen Staates zu insgesamt fast hundert Jahren Haft verurteilt. Sie hatten geplant, in Barcelona berühmte Wahrzeichen der Stadt zu sprengen und Ungläubige zu enthaupten. Die aus fünf Marokkanern, vier Spaniern und einem Brasilianer bestehende Zelle war eine andere als die Dschihadistengruppe, die in Barcelona und dem nahegelegenen Cambrils im August 2017 16 Menschen getötet hatte. Vor Gericht kam zur Sprache, wie die Zelle – "Islamische Bruderschaft, Gruppe für das Predigen des Dschihad" genannt – in einer Moschee im 30 Kilometer von Barcelona entfernten Terrassa gegründet worden war, mit dem Ziel, ein weltweites islamisches Kalifat zu schaffen.
Wie die Staatsanwälte sagten, war es "der einzige Zweck und das Motiv" der Zelle, "den Zielen des Islamischen Staates zu dienen und jederzeit einen Anschlag auf Institutionen wie die Polizei, Banken oder jüdische Einrichtungen durchzuführen".
Die Führer der Zelle – Antonio Sáez Martínez (ein spanischer Islamkonvertit, der auch als "Friseur Ali" bekannt ist), Lahcen Zamzami und Rida Hazem, beides Marokkaner – glaubten Berichten zufolge, dass sie das Paradies erreichen könnten, "indem sie Institutionen, Organisationen und Symbole der westlichen Kultur angreifen".
Das nach Unabhängigkeit strebende Katalonien hat 7,5 Millionen Einwohner, darunter schätzungsweise 520.000 Muslime, die rund sieben Prozent der katalonischen Bevölkerung ausmachen. Der muslimische Anteil an der Bevölkerung ist somit laut Schätzungen des Pew Research Center höher als in Österreich (6,9 Prozent), Großbritannien (6,3 Prozent), Deutschland (6,1 Prozent), Italien (4,8 Prozent) und der Schweiz (6,1 Prozent).
In einigen katalonischen Kommunen machen Einwanderer, insbesondere aus Marokko, laut offiziellen katalonischen Statistiken fast die Hälfte der Bevölkerung aus. Das gilt etwa für Castelló d'Empúries (48%), Salt (40.5%) und Sant Pere Pescador (39%). Ein fünfseitiger vertraulicher Bericht der amerikanischen Botschaft, der auf den 2. Oktober 2007 datiert ist, beschreibt die Verbindung zwischen Masseneinwanderung nach Katalonien und dem Anstieg des radikalen Islam in der Region:
"Starke Zuwanderung – sowohl legale als auch illegale – aus Nordafrika (Marokko, Tunesien und Algerien) und Südostasien (Pakistan und Bangladesch) hat Katalonien zu einem Magneten für diejenigen gemacht, die Terroristen rekrutieren wollen. ... Die spanische Nationalpolizei schätzt, dass in Barcelona und seiner Umgebung mehr als 60.000 Pakistaner leben; die übergroße Mehrheit ist männlich, unverheiratet oder unbegleitet, und ohne Aufenthaltspapiere. Aus Nordafrika kommen sogar noch mehr solcher Einwanderer. ... Sie leben an den Rändern der spanischen Gesellschaft, sprechen die Sprache nicht, sind oft arbeitslos, und sie haben sehr wenige Orte, wo sie ihre Religion in Würde praktizieren können. ... Jede einzelne dieser Bedingungen würde bereits einen fruchtbaren Boden für das Rekrutieren von Terroristen bieten; zusammengenommen ist die Bedrohung klar. ..."
"Es gibt wenig Zweifel daran, dass die autonome Region Katalonien zu einer vorrangigen Operationsbasis für terroristische Aktivitäten geworden ist. Die spanischen Behörden sagen uns, dass sie sich vor diesen zersplitterten, für Radikalismus anfälligen Immigrantengemeinden fürchten, dass sie aber nur sehr wenig Geheimdienstinformationen über sie haben und kaum in der Lage sind, in diese Gruppen einzudringen."
Der Terrorismusexperte Jofre Montoto schätzt in seinem Buch Dschihadismus: Die radikale islamische Bedrohung Kataloniens, dass mindestens zehn Prozent der Muslime in Katalonien "Hardcoreanhänger der Doktrin des Dschihadismus" sind.
Viele von Kataloniens Problemen mit dem radikalen Islam sind hausgemacht. Im Bestreben, den katalanischen Nationalismus und die katalanische Sprache voranzutreiben, haben die katalanischen Parteien, die für die Unabhängigkeit sind, seit Jahrzehnten die Einwanderung aus arabischen muslimischen Ländern gefördert, im Glauben, dass diese Einwanderer (im Unterschied zu jenen aus Lateinamerika) eher die katalanische Sprache lernen würden, als Spanisch zu sprechen.
Ein der katalanischen Zeitung La Vanguardia zugespielter Geheimdienstbericht enthüllt, dass sich die Hälfte der 98 salafistischen Moscheen in Spanien in Katalonien befindet. Der Bericht zeigt, dass die katalanischen Ortschaften Reus und Torredembarra (Tarragona), Vilanova i la Geltrú (Barcelona) und Salt (Girona) Zentren des Salafismus sind, einer fundamentalistischen Ideologie, die offen fordert, die westliche Demokratie durch eine islamische Regierung zu ersetzen, die auf dem Schariarecht basiert. In dem Bericht heißt es:
"Die salafistische Doktrin fordert eine Rückkehr zu den Ursprüngen des Islam und verbreitet zu diesem Zweck immer wieder Botschaften, die man als stark in Widerspruch zu einer harmonischen kulturellen Integration ansehen kann, was gleiche Rechte für Männer und Frauen betrifft. ..."
"Die in Katalonien entdeckten religiösen Zentren der Salafisten richten sich gegen jegliche Deutung des Koran, die nicht die allerstrengste ist ..., gleichzeitig verlangen sie eine 'Reinigung' der muslimischen Gläubigen von fremden Einflüssen."
"Diese religiöse Beeinflussung führt dazu, dass von Frauen verlangt wird, sich konservativer zu kleiden, und dass insbesondere Mädchen im Teenage-Alter verboten wird, zusammen mit männlichen Schülern Schulen zu besuchen. Daraus resultiert ein tiefer Bruch mit den von Europas Gesetzen garantierten Werten und individuellen Freiheiten. Bei Männern, aber auch bei Frauen, kann die salafistische Ideologie eine Radikalisierung begünstigen und am Ende zu einem Problem für das Zusammenleben werden."
Katalonien und der Salafismus ließen sich nicht mehr voneinander trennen, sagt Pierre Conesa, ein ehemaliger hochrangiger Mitarbeiter im französischen Verteidigungsministerium und Autor von einem halben Dutzend Büchern über den radikalen Islam:
"Barcelona ist eine Stadt, die seit langer Zeit irgendeine Form der Radikalisierung beherbergt. Eine Zeitlang begrüßte die Stadt mit offenen Armen die Muslimbruderschaft, dann die Tablighi Jamaat [eine sunnitisch-islamische Missionsbewegung, die sich für eine strenge und wörtliche Interpretation des Islam einsetzt], jetzt die Salafisten.
"Es gibt in Katalonien eine Art von Eintauchen in den Radikalismus. So, wie London seit langem Londonistan [ein Zentrum des Islamismus] ist, ist Barcelona eine salafistische Stadt, wo sich im Lauf der Zeit eine Keimzelle salafistischer Radikalisierung gebildet hat, nach Vorbildern wie dem belgischen Molenbeek oder der Stadt Trappes in Frankreich."
Soeren Kern ist ein Senior Fellow des New Yorker Gatestone Institute.