Wenn der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas, wirklich an einer Rückkehr an den Verhandlungstisch mit Israel interessiert ist, muss er sich entscheiden, ob er auf der Seite seiner Friedenspartner in Israel oder seiner politischen Feinde in der Hamas steht.Im Bild: Abbas (rechts) trifft sich am 24. November 2011 in Kairo, mit dem Hamas-Führer Khaled Mashaal. (Foto: Mohammed al-Hams/Khaled Mashaal's Office of Media via Getty Images) |
Der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), Mahmoud Abbas, erklärte diesen Monat, dass er an einer Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit Israel interessiert sei. Abbas äusserte sich am Vorabend eines Treffens, das er am 23. November mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in der Schwarzmeerstadt Sotschi abhielt.
Abbas erklärte, er wolle die Friedensgespräche mit Israel unter der Schirmherrschaft Russlands und der drei anderen Mitglieder des internationalen Quartetts wieder aufnehmen: Europäische Union, die Vereinten Nationen und die USA.
Wenn Abbas wirklich an einer Rückkehr an den Verhandlungstisch mit Israel interessiert ist, muss er sich entscheiden, ob er auf der Seite seiner Friedenspartner in Israel oder seiner politischen Feinde in der Hamas steht. Abbas muss sich entscheiden, ob er zum Lager der Friedensbefürworter in Israel und der arabischen Welt gehört oder zu den Feinden des Friedens, zu denen die Hamas, der Palästinensische Islamische Dschihad und ihre Förderer im Iran gehören.
Im Moment scheint es so, als wolle Abbas beides. Einerseits präsentiert er sich als moderater und pragmatischer Führer, der den Friedensprozess mit Israel wiederbeleben will. Diese Botschaft sendet Abbas nicht nur an die Russen, sondern auch an Vertreter der US-Regierung und der EU, mit denen er sich in den letzten Monaten regelmässig getroffen hat.
Andererseits lässt Abbas die Palästinenser wissen, dass er grosse Sympathien für die Hamas hegt und sogar bereit ist, sie in eine künftige palästinensische Einheitsregierung aufzunehmen.
Es handelt sich um dieselbe Hamas, die das Existenzrecht Israels nicht anerkennt und jede Form von Normalisierung oder Friedensabkommen mit dem "zionistischen Gebilde" ablehnt.
Mit anderen Worten: Abbas erklärt dem Westen, dass er den Frieden mit Israel unterstützt, während er der vom Iran unterstützten Terrororganisation die Hand reicht, die offen ihre Absicht bekundet, Israel zu vernichten und den Dschihad gegen die Juden zu führen.
Die Hamas ist nicht nur eine Bedrohung für Israel, sondern auch für Abbas und sein PA-Regime. Abbas und die Hamas gehen sich seit 2007 gegenseitig an die Gurgel, als die Hamas durch einen blutigen Putsch die Kontrolle über den Gazastreifen übernahm und mehrere von Abbas' Leuten von den Dächern mehrstöckiger Gebäude warf.
Nachdem die britische Innenministerin Priti Patel dem Parlament eine Anordnung übermittelte, "die militante islamistische Terrorbewegung Hamas in ihrer Gesamtheit aus dem Vereinigten Königreich zu verbannen", hat Abbas in diesem Monat erneut bewiesen, dass er in Bezug auf den Friedensprozess mit Israel und der Hamas versucht, beides zu haben. Der gesunde Menschenverstand gebietet, dass Abbas diesen Schritt gegen seine Hamas-Rivalen begrüssen sollte, eine Organisation, die ihn als Verräter anprangert, einen Staatsstreich geplant hat und keinen Hehl daraus macht, dass sie ihn vom Thron der Macht stürzen möchte.
Die Entscheidung des Vereinigten Königreichs, die Hamas zu verbieten, ist zweifellos eine gute Nachricht für Abbas, der in den letzten zehn Jahren grosse Anstrengungen unternommen hat, die Hamas zu schwächen und ihre Herrschaft über die zwei Millionen Palästinenser im Gaza-Streifen zu beenden.
"Die Hamas verfügt über beträchtliche terroristische Fähigkeiten, einschliesslich des Zugangs zu umfangreichen und hochentwickelten Waffen sowie zu Ausbildungseinrichtungen für Terroristen", so Patel in einer Erklärung vom 19. November. "Deshalb habe ich heute gehandelt und die Hamas in ihrer Gesamtheit verboten."
Anstatt die Entscheidung Grossbritanniens die Hamas zu verbieten zu begrüssen, war aber PA-Präsident Mahmoud Abbas einer der ersten Palästinenser, der diesen Schritt verurteilte. Damit sendet Abbas die Botschaft an die internationale Gemeinschaft, dass er den Terror und die Hamas eigentlich unterstützt.
In einer vom Aussenministerium in Ramallah herausgegebenen Erklärung verurteilte Abbas die Entscheidung der britischen Regierung, die Hamas als terroristische Organisation einzustufen. In der Erklärung hiess es, die Palästinenser betrachteten den britischen Schritt als "ungerechtfertigten Angriff auf das palästinensische Volk".
Der lächerlichste Teil der Erklärung des palästinensischen Ministeriums ist derjenige, in dem behauptet wird, dass die Entscheidung Grossbritanniens "Hindernisse auf dem Weg zum Frieden darstellt". Wie kann eine Entscheidung, eine Terrororganisation zu verbieten, die geschworen hat, niemals Frieden mit Israel zu schliessen, als "Hindernis" für den Frieden angesehen werden?
Doch in der Welt der Palästinensischen Autonomiebehörde scheint das Verbot einer radikalen Terrororganisation eine schlechte Sache zu sein.
"Das [palästinensische] Ministerium fordert die britische Regierung auf, die Politik der Doppelmoral zu beenden und diese Entscheidung unverzüglich zurückzunehmen", heisst es in der Erklärung weiter.
Allerdings haben Abbas und die Führung der Palästinensischen Autonomiebehörde das schmutzige Spiel der Doppelmoral in den letzten Jahrzehnten perfektioniert.
Die Massnahmen, die Abbas und die Palästinensische Autonomiebehörde zur Bekämpfung der Hamas ergriffen haben, sind weitaus schwerwiegender als die Entscheidung der britischen Regierung, die Terrororganisation zu verbieten.
Im Jahr 2007 erliess Abbas ein "Präsidialdekret", mit dem die Hamas und ihre bewaffneten Milizen effektiv verboten wurden. Dieser Schritt erfolgte kurz nachdem Abbas die von der Hamas geführte palästinensische Einheitsregierung entlassen hatte.
Seit 2018 hat Abbas eine Reihe wirtschaftlicher und finanzieller Sanktionen gegen den von der Hamas beherrschten Gazastreifen verhängt, um die Palästinenser dort zum Aufstand gegen die Terrororganisation Hamas zu bewegen.
Aufgrund der Sanktionen, die bisher nicht zur Entmachtung der Hamas geführt haben, haben Zehntausende von Palästinensern ihre Arbeit oder ihre einzige Einkommensquelle verloren. Die Sanktionen im Gazastreifen haben die wirtschaftliche und humanitäre Krise natürlich nur noch verschärft.
Darüber hinaus hat Abbas die Gehälter von Hamas-Mitgliedern des Palästinensischen Legislativrats ausgesetzt, Hamas-nahe Mitarbeiter aus den von der Palästinensischen Autonomiebehörde kontrollierten Regierungsstellen entlassen und Tausende von Anhängern der Gruppierung im Westjordanland verhaftet.
Am selben Tag, an dem Abbas' Ministerium die britische Entscheidung anprangerte, verhafteten seine Sicherheitskräfte Hussein Ziyad, einen Lehrer aus Bethlehem, weil er die Hamas unterstützt haben soll.
Ziyads Vater wurde mit den Worten zitiert, der offizielle Grund für die Verhaftung sei, dass sein Sohn "die palästinensische Flagge beleidigt" habe, indem er seinen Schülern gesagt habe, er bevorzuge die Hamas-Flagge.
Am selben Tag, an dem das Ministerium von Abbas die britische Entscheidung gegen die Hamas verurteilte, griffen die palästinensischen Sicherheitskräfte Hamas-Anhänger in Ramallah an, weil sie Hamas-Fahnen in der Öffentlichkeit trugen.
Palästinensischen Medienberichten zufolge feuerten die palästinensischen Sicherheitskräfte Tränengaskanister auf die Hamas-Anhänger und beschlagnahmten die von ihnen mitgeführten Hamas-Fahnen.
Bei einem ähnlichen Vorfall in diesem Monat griffen die palästinensischen Sicherheitskräfte Hamas-Anhänger in der Stadt Bala'a im nördlichen Westjordanland an, nahmen mehrere Personen fest und beschlagnahmten Hamas-Fahnen.
Abbas ist sich bewusst, dass die Hamas ihn ohne Israels Präsenz im Westjordanland schon längst von der Macht verdrängt hätte. Während Abbas den Vorstoss Grossbritanniens anprangerte, gab Israel bekannt, dass es Dutzende von Hamas-Terroristen im Westjordanland festgenommen hat, die im Verdacht standen, Terroranschläge gegen Israelis zu planen.
Es sind solche israelischen Sicherheitsmassnahmen, die Abbas und die palästinensische Führung im Westjordanland vor dem Terrorismus der Hamas schützen.
Doch anstatt Israel für das harte Durchgreifen gegen die Hamas zu danken, prangert Abbas Israel weiterhin in entsetzlichen Worten an. Statt sich bei der britischen Regierung für das Verbot der Hamas zu bedanken, verurteilt Abbas die britische Entscheidung und verteidigt die Hamas.
Es ist an der Zeit, dass Mahmoud Abbas und andere palästinensische Führer endlich die Wahrheit darüber sagen, auf welcher Seite sie stehen: auf der Seite derer, die den Terrorismus bekämpfen und sie als Gegner behandeln, oder auf der Seite derer, die sie stürzen wollen, um eine weitere fundamentalistische Diktatur zu errichten und Israel von der Landkarte zu tilgen.
Khaled Abu Toameh ist ein preisgekrönter arabisch-israelischer Journalist.