Der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) Mahmud Abbas hat mit seiner Bewerbung um die palästinensische Mitgliedschaft in 15 internationalen Institutionen und Verträge die USA und Israel überrascht. Nun scheint, als bereite er eine weitere Überraschung für die Amerikaner und Israelis vor: ein Einheits-Abkommen mit der Hamas.
Anfang April war Hamas-Ministerpräsident Ismail Hanyieh ebenso überrascht, als ihn Azzam al-Ahmed, ein enger Berater Abbas, anrief. Grund seines Anrufs war, von Haniyeh die Erlaubnis für den Besuch eines Fatah-Funktionärs im Gazastreifen einzuholen, um Einheit und Versöhnung zwischen den beiden rivalisierenden Parteien zu erörtern.
Haniyehs offizielle Antwort lautete, dass er einen Besuch im Gazastreifen wegen "starken Interesses an Einheit und um die nationalen Interessen der Palästinenser zu schützen" begrüsse.
Die gegenwärtige Krise in den Friedensgesprächen hat viele Palästinensern, darunter auch treue Abbas-Anhänger, dazu gebracht, ihre Forderung nach einer Einheit zwischen Fatah und Hamas zu erneuern, um dadurch dem israelisch-amerikanischen Druck entgegenzutreten.
Adli Sadek, ein Abbas nahestehender Kolumnist, sagte, dass die Palästinenser "keine andere Wahl haben, als sich zur Aufrechterhaltung ihrer nationalen Position und um an ihrem Ziel der Unabhängigkeit und Freiheit festzuhalten, zu wiedervereinen."
Sadek und andere Palästinenser meinen, dass die Palästinenser nun eine "vereinte und realistische nationale Strategie" bräuchten, um Israel entgegenzutreten und ihre politische Macht erweitern.
Abbas könnte von der positiven Reaktion der Hamas auf seine Anfrage ermutigt worden sein. Kurz nachdem Abbas seinen Plan verkündete, lobte ihn der Hamas-Sprecher Ehab al-Ghissin für seine "gute Entscheidung."
Es ist nicht das erste Mal, dass Abbas die Hamas-Karte ausspielt als Druckmittel gegen Israel und die USA ausspielt.
Seit Wiederaufnahme der israelisch-palästinensischen Gespräche vor sieben Monaten unternahm Abbas etliche Versuche, den Israelis und Amerikanern zu zeigen, dass er von seinem Wunsch nach einer Versöhnung mit der Hamas nicht abgelassen hat.
Zu Beginn des Jahres, als sich die ersten Zeichen einer Krise in den Friedensgesprächen abzeichneten, entsandte Abbas eine hochrangige Fatah-Delegation in den Gazastreifen für Gespräche mit Hamas-Führern darüber, wie der Disput zwischen den beiden Parteien zu beenden sei.
Vertreter von Hamas und Fatah haben seither etliche Treffen in arabischen Ländern abgehalten, um Versöhnung und Einheit zu erreichen. Erst neulich gab PLO Chefunterhändler Saeb Erekat einen Vorschlag bekannt, der Hamas und den Islamischen Dschihad aufrief, sich der PLO und einer palästinensischen Einheitsregierung anzuschliessen.
Erekats Vorschlag wird auch im Zusammenhang des Versuchs der PA Führung verstanden, Israel und die USA unter Druck setzen zu wollen. Die Botschaft der PA an Israel und die USA lautet: Ihr gebt uns entweder alles, was wir verlangen oder wir verbünden uns mit der Hamas.
Abbas weiss, dass Israelis und Amerikaner solch einen Schritt vehement ablehnen, besonders angesichts des heftigen Widerstands der Hamas gegen jeglichen Friedensprozess und ihre andauernden Androhungen, Israel zu eliminieren.
Jede Annäherung zwischen Abbas' Fatah-Fraktion und der Hamas würde nur den Traum der Islamischen Bewegung begünstigen, ihre Kontrolle von Gazastreifen auf das Westjordanland auszudehnen.
Die Hamas für ihren Teil scheint Abbas' erneuten Versuch einer Versöhnung und Einheit zwischen beiden Parteien zu misstrauen. Hamas-Vertreter sagten, dass während Abbas über die Beendigung des Disputs spreche, zeitgleich seine Sicherheitskräfte weiterhin gegen Hamas Unterstützer im Westjordanland hart vorgingen.
"Vielleicht ist Abbas nicht zufrieden mit dem Vorgehen seiner Sicherheitskräfte gegen Hamas Kader im Westjordanland", sagte das Hamas-Mitglied Ibrahim al-Madhoun. "Aber er unternimmt auch nichts, um es zu verhindern oder einzuschränken."
Sogar einige von Abbas treusten Ergebenen äusserten sich skeptisch in Bezug auf die Aussichten, den Konflikt mit der Hamas zu beenden und fügten hinzu, dass der Graben zwischen den beiden Seiten tiefer als je zuvor sein könnte.
"Hamas will keine Versöhnung", erklärte Faisal Abu Shahla von der Fatah. "Jedes Mal, wenn wir kurz vor Beendigung des Disputs stehen, kommt die Hamas mit neuen Ausreden."
Abbas führt nun einen Kampf, der darauf zielt, von Israel und den USA so viele Zugeständnisse wie möglich zu epressen. Seine Entscheidung, sich für die Mitgliedschaft in 15 internationalen Organisationen und Verträgen zu bewerben, hat er als Mittel benutzt, um den Druck auf die israelische Regierung und die Obama-Regierung zu erhöhen, seine Forderungen für eine Fortsetzung der Friedensgespräche anzunehmen.
Abbas ist es womöglich nicht völlig ernst mit den Versöhnungsversuchen mit der Hamas. Er weiss, dass ein solcher Schritt kontraproduktiv wäre und dass die Hamas die Versöhnung nutzen würde, um ihre Ziel voranzutreiben, nämlich die Kontrolle über das Westjordanland zu ergreifen.
Aber für Abbas ist das Thema der Versöhnung mit Hamas eine weitere legitime Waffe, die Israelis und Amerikaner aus Angst seinen Forderungen und Vorbedingungen nachgeben lassen. Nun bleibt abzuwarten, ob die USA den Köder schlucken.