Mahmud Abu Rahma ist vielleicht einer der mutigsten Palästinenser im Gazastreifen. Sein Mut allerdings gab Anlass, auf seinen Körper mehrfach einzustechen. So etwas geschieht mit Menschen, die unter der Hamas und einer Fatah dominierten PA-Regierung leben, und es wagen, sich gegen Folter und Angriffe auf unschuldige Bürger und für Meinungsfreiheit auszusprechen.
Abu Rahmas "Verbrechen" bestand darin, es zu wagen, einen Artikel zu veröffentlichen, der vehement Kritik an palästinensischen bewaffneten Gruppen sowie der Hamas und der Regierung der Palästinensischen Autonomiebehörde PA wegen ihrer Menschenrechtsverletzungen und Missbrauch von Zivilisten als menschlicher Schutzschild im Krieg gegen Israel übt.
Menschenrechtsaktivisten und Journalisten in den palästinensischen Gebieten ist es nur gestattet, Israel zu kritisieren. Diejenigen, die sich der offiziellen Linie nicht unterordnen, finden sich hinter Gittern oder im Krankenhaus wieder. Der Angriff auf Abu Rahma sollte anderen als Abschreckung dienen, seinen kritischen Ansatz nicht gut zu heissen.
Seiner Berichterstattung fehlte jedoch der "antiisraelische Blickwinkel" – Redaktoren ausländischer Medien geben ihren Reporten durch, dass sie nur daran interessiert sind – und somit hat es sein Kampf gegen die Gesetzlosigkeit und seine Folgen nicht auf die Seiten der wichtigsten internationalen Medien geschafft.
Abu Rahma hat für das Al Mezan Center for Human Rights im Gazastreifen gearbeitet. Vermutlich ist er der einzige Menschenrechtsaktivist, der sich getraut hat, öffentlich seine Stimme gegen die massiven Menschenrechtsverletzungen zu erheben, die sich unter der Hamas und der PA zutragen. Aber er hat einen hohen Preis gezahlt.
Am 3. Januar haben ihn auf dem Heimweg in Gaza Stadt maskierte Männer schwer zusammengeschlagen. Tage später haben ihn unbekannte Täter angegriffen und mit mehreren Stichen niedergestochen; er blieb schwerverletzt zurück. Aus Angst um eine Sicherheit hat er sich geweigert, ein Krankenhaus aufzusuchen.
Abu Rahmas Schwierigkeiten fingen direkt nach der Veröffentlichung seines Beitrages "The Gap between Resistance and Governance" an. "Jeden Tag sehen wir Verhaftungen und Einberufungen von Dutzenden Bürgern nicht wegen ungesetzlicher Taten, sondern hauptsächlich für das was sie sind und denken oder nur wegen ihrer politischen Zugehörigkeit", schreibt er.
Abu Rahma merkt an, dass es"hunderte Vorfälle von Folter und Misshandlungen" in den palästinensischen Gefängnissen gibt und sagt, dass ein Volk jeder Nation verantwortlich ist, diejenigen zu kritisieren, die sie führen. "Wir müssen in den Spiegel schauen, bevor wir uns selbst klar sehen können", sagt er.
Seine Angreifer wurden wohl dadurch aufgebracht, dass er die vielen unschuldigen Zivilisten angeklagt hat, die aufgrund der "Angriffe des Widerstandes" gegen Israel getötet wurden. "Wer schützt das Volk vor falschen Handlungen des Widerstandes und der Regierung?" fragt er und meint damit den Abschuss von eigen gefertigten Raketen auf Israel. "Es ist eindeutig, dass der Widerstand weitergeht, um die gleiche Unbekümmertheit gegenüber Verstössen gegen das Volk durch die [Hamas] Regierung zu zeigen. Zahlreiche Zivilisten – darunter Kinder und ein Mann, der ein Auge verloren hat – wurden durch Schiessübungen mit scharfer Munition verletzt, die in Trainingslagern stattfanden, die bewaffneten Gruppen im Gazastreifen gehören."
Das Versagen der internationalen Gemeinschaft und der Medien, der Notlage von Menschen Aufmerksamkeit zu schenken, so wie es Abu Rahma getan hat, ermutigt die Hamas und die Palästinensische Autonomiebehörde mit ihren Verstössen fortzufahren. Und die Augen vor diesen Menschenrechtsverletzungen zu verschliessen hält nur andere Palästinenser davon an, die Wahrheit zu sagen.