Am Dienstag wird der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zum dritten Mal vor dem US-Kongress reden. Der einzige andere ausländische Staatsmann, dem dieses Privileg zufiel, war Winston Churchill. Wie Churchill, als er im Dezember 1941 zum ersten Mal zum Kongress sprach, nimmt Netanjahu ein Risiko auf sich.
Churchill riskierte sein Leben – er musste an Bord des Schlachtschiffs HMS Duke of York eine waghalsige Reise über den Atlantik machen, durch stürmisches, U-Boot-verseuchtes Gewässer. Für Netanjahu ist das Risiko eines für das eigene politische Überleben und für die Beziehungen seines Landes mit den Vereinigten Staaten – denn beim US-Präsidenten stößt seine Rede auf erbitterten Widerstand.
Aber wie Churchill ist Netanjahu ein Kämpfer und zäher politischer Führer, der keine Angst davor hat, solche Risiken zu schultern, wenn so viel auf dem Spiel steht. Und in beiden Fällen könnte der Einsatz nicht höher sein: Es geht um mehr als das Leben eines Einzelnen, mehr als um politische Geschicke oder Rivalitäten, und es betrifft nicht bloß eine Nation, sondern die ganze Welt.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu spricht vor einer gemeinsamen Sitzung beider Kammern des US-Kongresses, 24. Mai 2011. (Foto: Screenshot von PBS) |
Die Gemeinsamkeiten zwischen dem Ziel, das Churchill mit seiner Rede vor 75 Jahren verfolgte, und dem der jetzigen Rede Netanjahus stechen ins Auge; beide hatten kein geringeres Anliegen, als einen globalen Flächenbrand abzuwenden.
Churchill fasste in seiner Rede – nur wenige Tage nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor – den Verlauf des Krieges zusammen, um dann mit einem dramatischen Appell an das amerikanische Volk zu schließen: einem zur anglo-amerikanischen Einheit, die Konflikte in der Zukunft verhindern möge. Er erinnerte daran, dass "zweimal in einer einzigen Generation die Katastrophe des Krieges über uns gekommen ist".
"Schulden wir es nicht uns selbst, unseren Kindern und der Menschheit", fragte er, "sicherzustellen, dass diese Katastrophe nicht ein drittes Mal über uns hereinbricht?"
Netanjahus Appell zur amerikanisch-israelischen Einheit wird nicht weniger stark und weitreichend sein, im Angesicht der heutigen Bedrohung. Einer Bedrohung, die vielleicht noch größer ist als diejenige, die Churchill 1941 in der vor-atomaren Ära vor Augen hatte. Wo Churchill vor einer zukünftigen, noch unbekannten Gefahr warnte, wird Netanjahu sich auf die deutliche und gegenwärtige Bedrohung des Weltfriedens konzentrieren, die entstünde, wenn es dem Iran erlaubt würde, Atomwaffen zu produzieren.
Und wie Churchill in den 1930er Jahren ist Netanjahu heute eine einsame Stimme unter den Führern der Welt.
Angesichts eines Iran, der beide Wege zum Bau der Bombe beschreitet – den über angereichertes Uran und den über Plutonium – und gleichzeitig ballistische Langstreckenraketen entwickelt, gibt es keinerlei Zweifel an dessen Absichten. Manche sprechen von einem nuklearen Auschwitz.
Es ist Netanjahus Pflicht, angesichts dieser Aussicht die Alarmglocke zu läuten. Nicht weniger als das Überleben Israels steht auf dem Spiel. Es ist Israel, das militärisch wird intervenieren müssen, wenn die USA es nicht tun. Und es sind Israelis, die in dem dann folgenden regionalen Flächenbrand sterben werden.
Aber es handelt sich nicht nur um eine existenzielle Gefahr für Israel – die Bedrohung richtet sich auch gegen andere Staaten des Nahen Ostens und gegen uns alle. Weil sie Zweifel an der Entschlossenheit des Westens hegen, prüfen Saudi-Arabien, Ägypten und die Türkei bereits die Entwicklung eigener nuklearer Arsenale.
Eine Vereinbarung, die dem Iran die Fähigkeit belässt, den nuklearen Breakout zu schaffen, wird der Startschuss zu einem Wettrüsten im Nahen Osten sein, welches die Gefahr eines Atomkriegs exponentiell erhöht, ein Risiko, das noch vervielfacht wird durch die Verwundbarkeit der Regierungen der Region, die jederzeit von Extremisten gestürzt werden können.
Irans ballistisches Raketenprogramm, das unerklärlicherweise kein Thema der derzeitigen P5+1-Verhandlungen ist, bringt Europa in Irans Reichweite, und zukünftige Weiterentwicklungen werden den Radius der Raketen auf die USA ausdehnen. Das Ayatollah-Regime ist der weltgrößte Mäzen des Terrorismus und hätte keine Skrupel, seine Terrorgehilfen auch mit Atomwaffen auszustatten.
Das ist die größte Bedrohung, der die Welt heute ausgesetzt ist. Gleichwohl deuten alle Zeichen daraufhin, dass die P5+1-Gruppe, getrieben von Präsident Obamas verzweifeltem Wunsch nach einer Entspannung mit Teheran, sich bereits auf dem Weg zu einem Appeasement nach dem Muster der Dreißiger Jahre befindet, an dessen Ende ein Iran mit Atomwaffen stehen wird.
Die Ansicht, dass Eindämmung und gegenseitige Abschreckung wie einst im Kalten Krieg dieses apokalyptische, fanatische Regime daran hindern könnten, seine Atomwaffen einzusetzen, ist naiv. Aber die westlichen Führer, die drauf und dran sind, ein solches Abkommen zu unterzeichnen, sind es nicht. Da ihnen die moralische Stärke fehlt, den Iran in die Schranken zu weisen, betrachten sie Selbsttäuschung und Appeasement als den einzigen Ausweg aus ihrem Dilemma.
Um die Absichten des Iran einzuschätzen, müssen wir uns nicht allein auf die häufigen iranischen Drohungen verlassen, wie etwa die von General Hossein Salami, der kürzlich, noch während der Verhandlungen, sagte: "Solange die USA die islamische Welt als Bühne ihrer Politik benutzen, werden zweifellos alle Kräfte der islamischen Welt gegen sie mobilisiert werden." Im selben Interview drohte er auch Israel: "Die Existenz der zionistischen Entität – deren Zusammenbruch – ist von höchster Wichtigkeit."
Irans Entschlossenheit, den gewaltsamen Zusammenbruch der "zionistischen Entität" herbeizuführen, offenbart sich ständig in den bewaffneten Angriffen, die er seine Handlanger wie die Hisbollah, die Hamas und den Palästinensischen Islamischen Dschihad gegen israelische Soldaten und Zivilisten in Israel und im Ausland ausführen lässt, die er lenkt und finanziert. Der Gazakonflikt vom letzten Sommer etwa war zu einem großen Teil Geld und Waffen aus dem Iran geschuldet.
Erst vor ein paar Wochen wurde bekannt, dass Mohammad Ali Allahdadi, ein General der Islamischen Revolutionsgarden, zusammen mit hochrangigen Kommandanten der Hisbollah auf der syrischen Seite der Golanhöhen operierte, um dort eine neue Front für Angriffe auf Israel zu errichten. Er wurde bei einem israelischen Luftangriff getötet, als er gerade das geplante Operationsgebiet inspizierte.
Nicht nur Israel ist im Visier der iranischen Gewalt. Seit geraumer Zeit hält der Iran sein Versprechen, die islamischen Kräfte gegen die USA zu mobilisieren, ebenso wie gegen Großbritannien und andere amerikanische Verbündete. Schätzungsweise 1.100 amerikanische Soldaten sind in den letzten Jahren Angriffen zum Opfer gefallen, die vom Iran gelenkt und unterstützt wurden. Bei Anschlägen in Afghanistan wurden Soldaten der USA, Großbritanniens und anderer Länder der Koalition getötet.
Der Iran leistete Al-Qaeda direkte Unterstützung bei den Anschlägen vom Elften September und beherbergt weiterhin Al-Qaeda-Terroristen. Mindestens drei große Terroranschläge wurden zwischen 2010 und 2013 auf iranischem Boden geplant (alle drei wurden glücklicherweise vereitelt); der Iran hat dies entweder geduldet oder sogar den Auftrag dazu gegeben. Bis zum heutigen Tag begünstigt, dirigiert und unterstützt er sowohl schiitische als auch sunnitische Terrorgruppen bei der Planung von Angriffen gegen die USA und ihre Verbündeten.
Diesem rachsüchtigen und unsteten Regime darf unter keinen Umständen erlaubt werden, die Fähigkeit zur Herstellung von Atomwaffen zu erlangen, welche kurzfristigen wirtschaftlichen, politischen oder strategischen Vorteile auch immer sich die P5+1-Staaten von einem Abkommen mit dem Iran erhoffen mögen.
Noch bevor die Welt im August 1945 zum ersten Mal die Erfahrung einer Atombombenzündung machte, begriffen Churchill und Roosevelt die Gefahren, die daraus erwüchsen, würde es ihren Feinden und möglichen Feinden erlaubt, in den Besitz dieser Waffen zu gelangen. Nachdem die alliierten Geheimdienste im brandenburgischen Oranienburg eine Anlage der Nazis zur Uranproduktion identifiziert hatten, wurde diese von 612 Bombern in einer einzigen Angriffswelle im März 1945 mit 1.506 Tonnen Sprengstoff und 178 Tonnen Brandbomben zerstört, um zu verhindern, dass sie den vorrückenden russischen Truppen in die Hände fällt.
Nur wenn der Westen stark bleibt und jedes Abkommen ablehnt, das die Entwicklung von Atomwaffen zulässt, ist sichergestellt, dass eine solche Operation nicht auch eines Tages gegen den Iran notwendig werden wird. In der Rede, die Churchill 1941 vor dem Kongress hielt, erinnerte er die amerikanische Bevölkerung daran, dass es noch fünf oder sechs Jahre früher leicht gewesen wäre, Deutschland ohne Blutvergießen an einer Wiederbewaffnung zu hindern. Aber zu diesem Zeitpunkt war es zu spät, und beispiellose Gewalt brach über die Welt herein.
Heute ist es noch nicht zu spät, den Iran daran zu hindern, in den Besitz von Atomwaffen zu gelangen. Das amerikanische Volk, seine Regierung und der gesamte Westen müssen sich Netanjahus deutliche Warnung zu Herzen nehmen und dürfen keinem Deal zustimmen, der dem verlogenen und böswilligen iranischen Regime dies erlaubt. Vielmehr müssen Sanktionen beibehalten – und wenn nötig, erweitert – werden, die geeignet sind, Teheran dazu zu bringen, von seinen die Welt bedrohenden Ambitionen abzulassen.
Oberst Richard Kemp hat 30 Jahre lang in der britischen Armee gedient; die meiste Zeit davon befehligte er Truppen im Fronteinsatz gegen Terrorismus und Aufstände an Brennpunkten wie dem Irak, dem Balkan, Südasien und Nordirland. 2003 war er Kommandant der britischen Streitkräfte in Afghanistan. Von 2002 bis 2006 leitete er das internationale Terrorismusbekämpfungsteam des Joint Intelligence Committee im Büro des britischen Ministerpräsidenten.