Die Polizei in Katalonien, der Region im Nordosten Spaniens, hat elf Mitglieder einer dschihadistischen Zelle festgenommen, die plante, in Barcelona eine zufällig ausgewählte Person zu köpfen.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatte die Zelle aktiv Dschihadisten für den Islamischen Staat rekrutiert, zudem wird ihr vorgeworfen, Bombenanschläge auf öffentliche und private Gebäude in Katalonien geplant zu haben, darunter ein jüdischer Buchladen in Barcelona.
Die Verhaftungen werfen erneut Licht auf das sich immer mehr zuspitzende Problem des radikalen Islam in Katalonien, einer der Regionen mit dem höchsten muslimischen Bevölkerungsanteil in Europa.
Der Zugriff erfolgte am 8. April, als mehr als 350 Polizisten sieben Razzien in fünf katalonischen Gemeinden durchführten. Die nun zerschlagene Zelle firmierte unter dem Namen Islamische Bruderschaft für das Predigen des Dschihad.
Laut Polizeiangaben war es das Hauptziel der Zelle, zu zeigen, dass Terroranschläge wie die, die der Islamische Staat im Irak und in Syrien durchführt, auch im Westen verübt werden können.
Die Staatsanwaltschaft wirft der Gruppe vor, unter anderem geplant zu haben, eine zufällig ausgewählte Person zu entführen, sie in einen orangefarbenen Overall zu kleiden und dann zu filmen, wie das Opfer enthauptet wird.
Außerdem soll die Gruppe angeblich vorgehabt haben, die Filialleiterin der Banco Sabadell, einer lokalen katalonischen Bank, zu entführen und Lösegeld zu erpressen, um damit ihre Terroraktivitäten zu finanzieren.
Die Verdächtigen – zehn Männer und eine Frau – sind im Alter zwischen 17 und 45 Jahren. Fünf von ihnen sind spanische Bürger, fünf Marokkaner, einer stammt aus Paraguay.
Der Anführer der Zelle wurde als Antonio Sáez Martínez identifiziert; es handelt sich um einen Spanier, der zum Islam konvertierte, nachdem er eine Muslimin geheiratet hatte. Martínez, der auch als "Ali, der Friseur" bekannt war, arbeitete als solcher in Barberà del Vallès, einem Vorort von Barcelona.
Aus dem zehnseitigen Haftbefehl, den Santiago Pedraz unterschrieben hat, ein Richter am Obersten Gerichtshof (Audiencia Nacional) in Madrid, hat der spanische Geheimdienst mindestens fünf Telefongespräche mitgehört, die Martínez mit anderen Mitgliedern der Zelle geführt hat; darin unterhielten sie sich über radikalen Islam und planten Anschläge in Katalonien. Unter den potenziellen Zielen waren Einrichtungen der Polizei und des Militärs, und sogar das Gebäude des katalonischen Parlaments.
Martínez ist mit einem spanischen Neonazi-Ideologen namens Diego José Frías Álvarez bekannt. Den beiden wird nachgesagt, den Hass auf Juden zu teilen, angeblich sollen sie auch darüber gesprochen haben, Bombenanschläge auf jüdische Ziele in Barcelona – wie Synagogen und von Juden geführte Geschäfte – zu verüben.
Bei einer Razzia in Álvarez' Wohnung kam ein großes Waffenversteck zutage, darunter Granaten, Kriegswaffen, Munition und ein Zielfernrohr für ein Scharfschützengewehr.
Das Gerichtsdokument besagt, dass Álvarez auch Waffen und Sprengstoff zu Martínez transportiert habe. In dessen Wohnung fand die Polizei Anleitungen zum Bombenbau und eine große Menge Chemikalien. Man nimmt an, dass er mit diesen experimentiert hat, mit dem Ziel, Sprengstoff selbst herzustellen.
In Martínez' Wohnung fand die Polizei auch islamische Literatur, darunter die Schriften führender salafistischer Ideologen, Bücher über den Islamischen Staat und die Muslimbruderschaft, dazu ein "Al-Qaeda-Rekrutierungshandbuch" und das Anarchist Cookbook.
Aus dem Gerichtsdokument geht hervor, dass Martínez sich in sehr kurzer Zeit radikalisiert hat. In einem Tagebuch, das in seiner Wohnung gefunden wurde, ist ein auf den 13. Juli 2012, den Tag seiner Konversion, datierter Eintrag, in dem er schreibt:
"Mein Übertritt zum Islam ist für mich ein entscheidender Moment ... Ich bin sehr glücklich mit dieser neuen Verpflichtung und darüber, ein Muslim in einer christlichen Welt zu sein, die von den Ungläubigen und Gottlosen beherrscht wird ... Meine Mission ist es, ein guter Muslim zu sein und das zu tun, was notwendig ist, um zum Endziel [dem Paradies] zu gelangen."
Nur drei Monate später, in einem auf den 14. September 2012 datierten Eintrag, erwähnt Martínez zum ersten Mal den Dschihad. Er schreibt:
"Ich bin jeden Tag stärker davon überzeugt, dass die größten Märtyrer nicht zu Märtyrern werden, weil sie es wollen, sondern wegen der jahrelangen Unterdrückung des muslimischen Volks. Ich bin überzeugt davon, dass ich irgendwann in der Zukunft dem weltweiten Dschihad dienen werde."
In einem auf den 26. Oktober 2012 datierten Eintrag schreibt Martínez:
"Ich glaube weiterhin an den inneren Dschihad, mehr aber noch an den äußeren. Nachdem ich viel gelesen habe, bin ich überzeugt, dass die Welt in zwei Lager gespalten ist: der globale Dschihad gegen die Christen und Juden."
Ein weiteres Schlüsselmitglied der Zelle, das im Gerichtsdokument identifiziert wird, ist Said Touay, ein Marokkaner, dessen Internetaktivitäten von der spanischen Polizei überwacht wurden. Touay soll den Islamischen Staat verherrlicht haben und sich Videos radikaler islamischer Prediger angeschaut haben. Aus dem Dokument geht hervor, dass er vor allem von Videos fasziniert war, die extreme Gewalt und Hinrichtungen zeigten.
Touay wurde dabei abgehört, wie er Anschläge in Barcelona vorschlug. Auf seinem Mobiltelefon fand die Polizei Dutzende Fotos von bekannten Hotels, Polizeigebäuden und Einkaufszentren, die die Zelle mutmaßlich auskundschaftete, um Sicherheitsschwachstellen zu ermitteln.
Die Polizei beschattete zudem Gonzalo Cabezas, einen weiteren spanischen Islamkonvertiten. Laut dem Gerichtsdokument traf Cabezas sich am 13. September 2014 mit den anderen Mitgliedern der Zelle in Martínez' Friseursalon, um den erwähnten Entführungsplan zu besprechen.
Am 14. März 2015 beobachtete die Polizei Cabezas in Barcelonas Montjuic-Areal dabei, wie er Fotos von Hotels in der Nähe des Olympiastadions machte. Cabezas muss geahnt haben, dass er beschattet wurde, und benutzte ein "sicheres" Prepaid-Mobiltelefon, doch seine Tarnung flog auf, als seine Freundin versehentlich seine sichere Nummer anrief.
Die Polizei lobt die Zerschlagung der Zelle als einen der größten Erfolge im Kampf gegen den islamischen Terrorismus in Katalonien, der Heimat von mehr als 465.000 Muslimen, die mehr als sechs Prozent der katalonischen Bevölkerung von 7,5 Millionen ausmachen.
Katalonien hat nicht nur die größte muslimische Bevölkerung in Spanien, sondern auch die höchste Konzentration von radikalen Islamisten in Europa und ist ein wichtiges Zentrum des Salafi-Dschihadismus auf dem Kontinent. Der spanische Geheimdienst nimmt an, dass gut die Hälfte der hundert in Spanien operierenden salafistischen Moscheen in Katalonien zu finden ist.
Ein großer Teil von Kataloniens Problem mit dem radikalen Islam ist jedoch selbstverschuldet.
Die muslimische Masseneinwanderung ist seit Jahrzehnten eine Schlüsselkomponente der katalonischen Unabhängigkeitsbewegung. Um den katalonischen Nationalismus und die katalonische Sprache zu fördern, haben die katalonischen Parteien, die für die Unabhängigkeit eintreten, über drei Jahrzehnte lang absichtlich die Einwanderung aus muslimischen Ländern gefördert, im Glauben, dass diese Einwanderer – im Unterschied zu jenen aus Lateinamerika – eher die katalonische Sprache lernen als Spanisch sprechen würden.
Viele dieser Einwanderer aber sind Anhänger des Salafismus, einer radikal antiwestlichen Ideologie, die darauf aus ist, Katalonien und anderen Teilen Europas das Schariarecht aufzuzwingen.
Es ist ein unheilvolles Zeichen für die Zukunft Kataloniens, dass salafistische Prediger – die die Demokratie kategorisch ablehnen, weil diese eine von Menschen statt von Gott entworfene Regierung sei – wahlberechtigte Muslime dazu aufrufen, die Parteien der katalonischen Separatisten zu unterstützen, um so einen starken Islamismus in Katalonien zu etablieren.
Abdelwahab Houzi, ein salafistisch-dschihadistischer Prediger in der katalonischen Stadt Lleida, verkündet: "Muslime sollten für Pro-Unabhängigkeitsparteien stimmen. Diese benötigen unsere Stimmen – aber was sie nicht wissen, ist, dass wir alle, sobald sie uns wählen lassen, für islamische Parteien stimmen werden, denn wir glauben nicht an links und rechts. So werden wir die Stadträte erobern, und indem wir anfangen, in der autonomen Region Katalonien immer mehr Macht anzuhäufen, kann die Verwirklichung des Islam beginnen."
Soeren Kern ist ein Senior Fellow des New Yorker Gatestone Institute und Senior Fellow for European Politics der in Madrid ansässigen Grupo de Estudios Estratégicos / Gruppe Strategische Studien. Besuchen Sie ihn auf Facebook und folgen ihm auf Twitter.