Die letzten fünf Jahre über hat die AKP-Regierung stolz erklärt, dass sie das Kurdenproblem lösen wolle: "Frieden in die Türkei bringen". Doch die Regierung hat weiter Kurden angegriffen, einschließlich deren legalen politischen Partei, der Volksdemokratischen Partei (HDP).
"Wir nehmen die ins Visier, die die Türkei ins Visier nehmen. Wenn sie die Türkei nicht angegriffen haben, greifen wir sie nicht an", sagte der türkische Premierminister Ahmet Davutoğlu am 27. Juli in einem im Fernsehen ausgestrahlten Kommentar.
Doch was ist mit all den kürzlich getöteten kurdischen Zivilisten, auf die die Türkei schoss? Und wie?
Dieses Jahr haben die türkische Regierung und staatliche Behörden "Gräben", "Barrikaden" oder junge Kurden, die mit der Polizei aneinandergerieten als Ausrede benutzt, um die kurdischen Provinzen zu terrorisieren. Die Behörden behaupten, die Kurden seien "Terroristen" und sie, die Behörden, würden schlicht die Ordnung aufrechterhalten und Leben schützen.
Das Ziel des türkischen Staates und Militärs scheint jedoch nicht zu sein "Kriminelle aufzuhalten". Wenn man versucht Kriminelle aufzuhalten, begeht man nicht täglich Verbrechen, die noch brutaler als deren sind.
Das Ziel der türkischen Regierung scheint zu sein die Kurden einfach deshalb anzugreifen und zu vernichten, weil sie Kurden sind. Sie sind schon immer massenhaft willkürlich verhaftet, gefoltert und ermordet worden, seit die türkische Republik 1923 gegründet wurde.
Gemäß der Staatsideologie und den Mainstream-Medien stellen die Kurden Forderungen nach Rechten aufgrund von "amerikanischem Imperialismus", "einer israelischen Intrige" oder irgendeinem anderen "äußeren Faktor", niemals aber wegen des aufrichtigen Wunsches der Kurden in Würde als Gleichberechtigte zu leben.
Die Behörden hätten mit kurdischen Politikern - die mehrfach erklärten, dass sie bereits sind eine friedliche und demokratische Lösung der Kurdenfrage zu erzielen - verhandeln können, taten das aber nicht.
Diese Woche gewann die Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) bei der Wahl am 1. November die Mehrheit der Stimmen (49,46%) und eine Mehrheit der Sitze im Parlament. Die prokurdische HDP verlor Stimmen, erreichte aber immer noch 10,75%, womit sie die 10%-Hürde übertraf, die nötig ist, um im Parlament zu bleiben. (Bei der Wahl im Juni hatte die HDP 13% der Stimmen gewonnen, was ihr 80 Sitze im Parlament einbrachte und 12 Jahre Alleinherrschaft der AKP beendete.)
Seit der vorangegangenen Wahl im Juni, bei der die Popularität der HDP die AKP am Erreichen einer Mehrheit gehindert hatte, haben allerdings kurdische Städte im Kurdistan der Türkei unaufhörlich unter Angriffen, Folter und Mord durch türkische "Sicherheits"-Kräfte gelitten, anscheinend in dem Versuch die Kurden der Türkei einzuschüchtern und Rache für deren Unterstützung der HDP zu verlangen.
Mehreren kurdischen Stätten wurden Ausgangssperren aufgebürdet, darunter Dargecit, Cizre, Silopi, Silvan, Varto, Yuksekova und Sur - alles Hochburgen der kurdischen politischen Bewegung.
Am 10. Oktober schrieb der Distriktgouverneur von Dargecit, dass eine "Ausgangssperre angeordnet wurde, um in Dargecit Ordnung zu bieten, Verbrechen zu verhindern, die Rechte und Freiheiten der Menschen zu schützen, die Mitglieder der Terrororganisationen zu neutralisieren, die Gesuchten zu ergreifen und die Sicherheit des Lebens der Menschen und des Grundeigentums aufrechtzuerhalten, indem man Barrikaden und Gräben entfernt, wo Sprengsätze gelegt wurden."
Allerdings hatte das, was die Polizei machte, nichts mit den "Zielen" dieser Erklärung zu tun. Stattdessen griff die Polizei die Einwohner von Dargecit mit schweren Waffen an und verhaftete Politiker in Razzien in deren Häusern, darunter den stellvertretenden Bürgermeister der Stadt.
In anderen kurdischen Städten waren die Ausreden der staatlichen Behörden für die Ausgangssperren ähnlich, aber was die Behörden brachten, war alles außer "Sicherheit für Leben und Grundbesitz". Stattdessen brachten sie wieder Folter, Hunger, Zerstörung und Mord.
Die Stadt Cizre in der kurdischen Provinz Sirnak zum Beispiel wurde acht Tage lang, vom 4. bis 12. September von der Welt abgeschnitten.
Schwerer Beschuss durch türkische "Sicherheits"-Kräfte hielt die Einwohner in ihren Häusern in der Falle. Nicht einmal offiziellen Vertretern der HDP wurde gestattet die Stadt zu betreten. Bei der allgemeinen Wahl vom Juni hatte Cizre überwiegend für die pro-kurdische HDP gestimmt - mit 97,97%.
Die Menschen bewahrten die Leichen ihrer Familienmitglieder in Kühlschränken und manchmal in den Kühlhäusern eines Geflügelladens auf.[1]
Die Partei HDP veröffentlichte einen langen Bericht zu staatlicher Gewalt gegen Kurden in der Türkei; darin schrieb sie:
Der Minister für EU-Angelegenheiten, Ali Haydar Noca, und HDP-Abgeordnete ... überzeugten zwar den Gouverneur und die türkischen Streitkräfte die Leichen ins Leichenhaus zu bringen, trotzdem wurden Kugeln und Gasbehälter auf Zivilisten und Abgeordnete geschossen, die diese Transporte durchführten... Die Streitkräfte begannen alle Bürger der Stadt mit öffentlichen Ankündigungen wie "Wir werden auf jeden schießen, der einen Schritt auf die Straße macht" zu bedrohen... Viele Häuser wurden ... von gepanzerten Fahrzeugen abgerissen... Vom Staat ernannte Gouverneure erklärten zudem die Provinzen Lice, Silvan, Silopi und Yuksekova in den kurdischen Regionen zu "Hochsicherheitszonen". Den hier wohnenden Menschen wurde verboten nach draußen zu gehen und Blockaden wurden aufgebaut... Dutzende Zivilisten verloren ihr Leben oder wurden verwundet; Dutzende Häuser und Fahrzeuge wurden zerstört.
Der Strom wurde abgestellt. Acht Tage lang hatten die Menschen Probleme Lebensmittel, Medikamente und Wasser zu finden.
Derweil sagte der türkische Premierminister Ahmed Davutoğlu: "Kein einziger Zivilist starb in Cizre. Die Ausgangssperre wird nicht ewig andauern. Sie wird nur enden, wenn sie enden soll."
Aber all die Toten waren Zivilisten.[2]
Einer der Interviewten sagte:
Sei schossen sogar auf Menschen, die versuchten die Verwundeten ins Krankenhaus zu bringen. Es gibt ein Problem mit dem Strom. Wir sitzen im Dunkeln. Wir trinken Wasser, das nicht getrunken werden dürfte. Es gibt hier Familien aus Syrien und Kobane. Sie befinden sich in einer verzweifelten Lage.
Ferhat Encu, ein kurdisches Parlamentsmitglied der HDP, sagte gegenüber dem Gatestone Institute, dass in der Stadt 21 Menschen ermordet wurden - 15 davon wurden erschossen. Die Restlichen verloren ihr Leben, weil sie nicht in Krankenhäuser gebracht werden konnten.
Eines der Opfer, der 75-jährige Mehmet Erdogan - ihm wurde in den Kopf geschossen - war offenbar nach draußen gegangen um Brot zu finden. Nach der Ausgangssperre wurde seine Leiche auf der Straße gefunden. Neben ihm fand man eine Nylongtasche mit Brotbrocken darin.[3]
Als die staatlichen Behörden über Lautsprecher die Aufhebung der Ausgangssperre ankündigten, sagten sie: "Unsere Sicherheitskräfte haben eine erfolgreiche Operation gegen Mitglieder der Terrororganisationen durchgeführt."
Der Reporter Mahmud Orak von der Zeitung Cumhuriyet schrieb:
"Gepanzerte Polizeifahrzeuge befinden sich mitten in der Stadt. Panzer fahren auf allen Straßen... Es gibt immer noch Verletzte, Schwangere oder Kranke, die nicht in der Lage gewesen sind medizinische Versorgung zu erhalten. Es gibt immer noch Leichen in den Kühlgeräten und Tiefkühltruhen. Bald werden Massenbeerdigungen stattfinden."
(Fotos der Nachwirkungen der Ausgangssperre gibt es hier. Weitere Fotos hier. Ein Video der Nachrichtenagentur Dicle zeigt, dass die Straßen von Cizre zu Ruinen gemacht wurden.)
In der Zwischenzeit beurlaubte das Innenministerium die Co-Bürgermeisterin von Cizre, Leyla Imret (27), die jüngste Bürgermeisterin der Türkei, die bei den Bürgermeisterwahlen im März die Rekordsumme von 83% der Stimmen erhielt. Das Ministerium beschuldigte sie ihre kurdischen Landsleute zu ermutigen einen bewaffneten Aufstand zu beginnen und sie habe "Terrorpropaganda" verbreitet.[4]
Die Stadt Silopi, eine der Hochburgen der kurdischen politischen Bewegung im türkischen Kurdistan, wurde ebenfalls Opfer der Staatsgewalt. Bei der Wahl am 7. Juli hatten ihre Einwohner mit überwältigender Mehrheit - fast 90% - für die pro-kurdische HDP gestimmt. Vor Morgengrauen blockierte die Polizei am 7. August Silopi; schoss wahllos auf Menschen; ermordete drei Menschen[5] und verwundete viele andere. Die Polizei steckte sechs Häuser in Brand.
Der zweite Bürgermeister von Silopi, Seyfettin Aydmir, sagte der Zeitung Evrensel: "Während der Zusammenstöße brach in vielen Häusern Feuer aus. Wir schickten Krankenwagen, aber die Polizei eröffnete das Feuer sogar auf die Krankenwagen. Es gibt überall Scharfschützen. Sie eröffnen das Feuer auf alle, die nach draußen gehen."
Ferhat Encu, ein kurdisches Parlamentsmitglied der HDP, sagte gegenüber dem Gatestone Institute:
Silopi wurde Tage lang belagert. Sie griffen sogar die Verletzten an. Menschen wurden terrorisiert, sie konnten die Häuser nicht verlassen. Selbst wir als Parlamentarier hatten Probleme in die Stadt zu kommen. Wir fuhren mit unseren Autos in die Viertel, um zu sehen, was geschah. Es war gefährlich zu Fuß durch die Straßen zu gehen. Selbst ein Kind, 15 oder 16 Jahre alt, wurde in den Rücken geschossen. Viele Menschen überall in Kurdistan wurden massenweise verhaftet - unschuldige Leute. Einige beteiligten sich am Wahlkampf für unsere Partei HDP. Die Leute sind besorgt.... Einige Jugendliche hoben Gräben aus, um die Polizei daran zu hindern in ihre Viertel einzudringen und sie zu verhaften und zu foltern. Aber die Polizei griff die Viertel unter dem Vorwand die Gräben füllen zu wollen trotzdem an. Viele türkische Mainstream-Medien verzerren die Fakten und geben den Kurden die Schuld für den Konflikt. Aber es war die Polizei, die die Gewalt und die Konflikte begann. Gepanzerte Fahrzeuge fuhren durch die Stadt, um die Menschen zu terrorisieren und eröffneten das Feuer auf sie. Viele Menschen packten ihre Koffer und flohen. So viel ist klar: Alle Zivilisten in der Stadt - Männer wie Frauen - wurden von Scharfschützen beschossen. Sie ermordeten wissentlich und willentlich Zivilisten.
"F. A.", einer von neun, die verhaftet wurden, während sie versuchten verletzte Nachbarn oder Freunde ins Krankenhaus zu bringen, wurde im Arrest gefoltert und vergewaltigt.
"F.A. ist etwa 20 oder 21 Jahre alt", sagt sein Anwalt, Zozan Acar, gegenüber dem Gatestone Institiute. "Er wurde vor dem Krankenhaus verhaftet. Wir versuchten zur Polizeiwache zu gehen und die Gefangenen zu treffen, aber die Polizei hielt uns auf. In der Zwischenzeit brach die Polizei F.A. Zähne aus, folterte ihn, prügelte ihn und schob ihm eine Waffe in den Anus. Er wurde während der Folter ohnmächtig. Dann wurde er ins Krankenhaus gebracht. Als wir ihn sahen, hatte er Blutergüsse und Folterspuren am gesamten Körper." (Fotos hier)
Serdar Acar, ein Arzt am Staatskrankenhaus von Silopi, sagte IMC TV, dass die Polizei ihm eine Waffe an den Kopf hielt:
Die Polizei kam in Eile ins Krankenhaus und sagte, es gäbe irgendwo einen verletzten Polizisten und dass sie einen Krankenwagen bräuchten. Als ich sagte, die Krankenwagen sollten per Telefon gerufen werden und dass ich nicht die Befugnis hatte Krankenwagen vom Krankenhaus aus loszuschicken, hielten sie mir eine Waffe an den Kopf und versuchten mich mit Gewalt mitzunehmen. Aber ich weigerte mich.
Einige, die ins Krankenhaus kamen, waren bei Angriffen der Polizei verwundet worden. Ich sah die Polizei die Scheiben ihrer Autos einschlagen und sie schlagen... Es gab Verletzte, darunter ein Kind, die Stücke einer Art Bombe am Körper hatten. Ich weiß nicht, ob es eine Bombe war, durch die sie verletzt wurden, aber sie waren nicht von Kugeln verwundet worden.
Huseyin Bogatekin, ein Rechtsanwalt der Libertären Anwaltsvereinigung, sagte:
Die einzige Obrigkeit hier sind Polizeibeamte mit schweren Waffen und jede Menge gepanzerte Fahrzeuge. Wir haben einen Ausnahmezustand und reichlich Verletzung von Rechten. Wir können keine Behörde finden, die wir fragen können, ob es zu diesen Vorfällen ein Wirken der Justiz gegeben hat. Es gibt keinen Staatsanwalt im Gerichtsgebäude von Silopi, dem wir eine Eingabe vorlegen können. Die Inhaftierten oder Verhörten sind komplett der Polizei oder anderen bewaffneten Behörden überlassen worden. Wir wissen nicht, welcher Art von Verhör sie ausgesetzt werden. Sie werden gefoltert. Es gibt keine Zusicherung, dass sie da lebend wieder herauskommen. Wir wissen nicht einmal, ob sie in der Lage gewesen sind Berichte über die Folter herauszuschaffen.
In dieser Zeit wurde ein Video veröffentlicht, das etwa 30 mit Kurden in Handschellen in der Stadt Yuksekova in der türkisch-kurdischen Provinz Hakkari zeigt; sie liegen mit dem Gesicht nach unten am Boden und sind von türkischen Polizisten und Fahrzeugen umringt. "Ihr werdet die Staatsmacht der Republik Türkei sehen!", brüllt ein Polizist die kurdischen Arbeiter an. "Ich kenne euch alle! Wer immer Verrat begeht, wer immer ein Verräter ist, wird eine Reaktion erhalten! ... Ihr werdet die Macht der Türken kennenlernen."[6]
Unter diesen Umständen begann die HDP die Wahl in der Türkei. Es war "Business as usual" auf türkische Art.
Obwohl die AKP diese Woche die Mehrheit der Stimmen und die Mehrheit der Parlamentssitze gewann, wurde am 3. November eine neue Ausgangssperre über die kurdische Stadt Silvan verhängt - zum sechsten Mal seit dem 17. August. Unmittelbar vor der Ausgangssperre wurde Muslum Tayar (22) von der Polizei getötet. Sie erschossen ihn aus ihrem gepanzerten Fahrzeug heraus. Seiner wartenden Familie wurde seine Leiche noch immer nicht übergeben. Seit dem 17. August wurden dort sieben Zivilisten ermordet.[7]
Die Telefonleitungen und Internetverbindungen wurden gekappt. Außerdem wurden viele gepanzerte Fahrzeuge, Hubschrauber, Polizei- und Militärkräfte dort stationiert.
Jedes Mal, wenn die Kurden - ob über Aufstände oder legale Politik - in der Türkei nationale Rechte oder auch nur grundlegende Menschenrechte einforderten, sind sie brutal unterdrückt worden.
Am bedeutendsten an der Wahl im Juni war, dass die Kurden einen großen Sieg einfuhren, mit dem sie die Pläne der herrschenden AKP-Regierung vereitelten die Verfassung zu ändern, um Präsident Recep Tayyip Erdoğan die absolute Macht zu geben wie einem Sultan.
Trotz des ganzen Staatsterrors zogen die Kurden am 1. November erfolgreich wieder ins Parlament ein und einmal mehr wurde Präsident Erdoğan die parlamentarische Zweidrittelmehrheit für seine Partei AKP vorenthalten, die ihm exklusive Exekutivmacht gewährt hätte, um die türkische Verfassung umzuschreiben und ein sultanartiger Herrscher auf Lebenszeit zu werden.
Dennoch scheinen der türkische Staat und viele Türken beleidigt zu sein: Warum haben sie nicht den Erfolg gehabt die Kurden zu besiegen oder sie zumindest ins "Türkentum" zu "assimilieren"? Dies ist immerhin die "moderne", "säkulare", "demokratische" Türkei, ein NATO-Mitglied und ein Staat, der für den Beitritt der Europäischen Union in Frage kommt.
Was ist dann aber "Frieden"? In den meisten demokratischen, zivilisierten Ländern nimmt man an, dass Frieden ein Ende der Feindseligkeiten und die Absicht sich weiterer Gewalt zu enthalten bedeutet. Er kann zudem anstreben die Gerechtigkeit und den Respekt aller Parteien sicherzustellen. Aber für die Türkei bedeutet "Frieden" anscheinend einen Zustand, in dem man ein Volk unterjocht, terrorisiert und, wenn möglich, auslöscht, das man Jahrzehnte lang verfolgt hat. Solange der Türkei gestattet wird mit der ethnischen Säuberung von Gruppen davonzukommen, die sie Hunderte Jahre lang unterdrückt hat, wird das ethnische Säubern weiter gehen.
Uzay Bulut ist als Muslim geboren und aufgewachsen; er ist türkischer Journalist mit Sitz in Ankara.
[1] Zum Beispiel verlor die 53-jährige Meryam Sune, Mutter von 7 Kindern, ihr Leben, nachdem sie von einem Granatsplitter getroffen wurde, als den Menschen nicht erlaubt wurde die Häuser zu verlassen; ihre Familienmitglieder konnten sie nicht sofort beerdigen. Ihre Leiche wurde zwei Tage lang im Kühlhaus eines Geflügelladens aufbewahrt (Foto). Die Leiche von Cemiel Cagirga (13), vor ihrem Haus erschossen, wurde ebenfalls von ihrer Familie tiefgekühlt gelagert, während sie darauf wartete, dass die Ausgangssperre aufgehoben wird.
[2] Die HDP berichtete die Namen einiger der von türkischen Polizisten oder Soldaten getöteten Zivilisten: Muhammed Tahir (35 Tage alt), Baran Çağlı (7 Jahre), Emin Yanaş (10 Jahre alt), Cemile Çagırca (13 Jahre alt), Adem İrtegün (16 Jahre alt), Osman Çağlı (18 Jahre alt), Emin Levent (19 Jahre alt), Özgür Taşkın (20 Jahre alt), Sait Çağdavul (21 Jahre alt), Eyüp Ergen (25 Jahre alt, arbeitete im Gesundheitswesen), Mesut Sanrı (28 Jahre alt), Meryem Süne (53 Jahre alt), Hacı Ata Borçin (60 Jahre alt), Xetban Bülbül (71 Jahre alt), İbrahim Çiçek (80 Jahre alt). Ein Bericht von IMC TV, der die Stadt unter ständigem Angriff durch die Polizei zeigt, offenbarte, wie die Polizei nachts den Menschen von Cizre ankündigte: "Die Armenier sind stolz auf euch. Ihr seid alle Armenier." - "Armenier" wird von vielen in der Türkei als Schimpfwort benutzt.
[3] Ein weiteres Opfer war das einen Monat alte Baby Tahir Yaramis. Am 6. September versuchten seine Eltern einen Krankenwagen zu rufen, als Tahir krank wurde, aber, so erzählte sein Vater Abdullah Yaramis: "Die gepanzerten Fahrzeuge am Anfang der Straße verhinderten, dass der Krankenwagen zu unserem Haus kam. Der Krankenwagen fuhr weg, nachdem er eine Weile gewartet hatte."
[4] Einige Zeitungen der Türkei zitieren Imrets Interview mit Vice News falsch; sie behaupteten: "Imret gab zu ' Bürgerkrieg zu führen'." Imret wehrte sich gegen die Entscheidung. "Es ist inakzeptabel", sagte sie, "dass ich wegen eines verfälschten Nachrichtenberichts von meinem Posten entbunden wurde." John Beck, der stellvertretende Reporter von Vice News, focht die falsche Berichterstattung der Zeitung an.
[5] Mehmed Hidir Tanboga (17), Hamdin Ulas (58), Kamuran Bilin (27).
[6] Die neuesten Opfer der staatlichen Gewalt in der Stadt waren eine Mutter, Fatma Ay (55) und ihre Tochter Berfin Okten (14), heißt es bei der Nachrichtenagentur Dicle. Am Abend des 30. August schliefen sie auf dem Dach ihres Hauses; dort wurden sie von Scharfschützen der Distriktpolizei angeschossen, die sich gegenüber von ihrem Haus befanden. Die Mutter starb; ihre Tochter wurde schwer verwundet und in ein Krankenhaus der Nachbarstadt gebracht.
Am 29. August wurden in der Stadt drei weitere Menschen - Halil Can, Ali Oduk und Faruk Aydin - von der Polizei ermordet. Einige türkische Nachrichtenagenturen behaupteten, sie hätten sich Zusammenstöße mit der Polizei geliefert, aber Ferhat Encu, ein MP aus Sirnak, der in die Gegend fuhr, sagte, die drei jungen Männer waren unbewaffnet und seien vor der Polizei weggelaufen.
"Als die Jugendlichen erkannten, dass die Polizei ihnen folgte, wurden sie besorgt und rannten in ein Haus, um sich zu verstecken. Das Haus wurde von der Polizei belagert, die das Feuer eröffnete... Die Jugendlichen waren unbewaffnet und wurden von der Polizei hingerichtet."
Die Leichen wurden in die Zollstation gebracht statt ins staatliche Krankenhaus von Silopi.
Seyfettin Aydemir, der zweite Bürgermeister von Silopi, sagte, er sei während der Tötungen nicht vor Ort gewesen und dass es keine Daten gibt, die beweisen, dass es Zusammenstöße zwischen der Polizei und den Jugendlichen gab:
"Die Einwohner des Viertels sagten uns, dass die drei Jugendlichen Schutz in dem Haus gesucht hätten. Die Polizei belagerte es und griff es mit schweren Waffen und Bomben an. Drei Menschen wurden hingerichtet. Tausende Kugeln wurden auf das Haus geschossen und Bomben wurden geworfen. Rundherum war alles voller Einschläge von Kugeln und Blut."
Ferhan Encu stellte auch Fotos des Hauses ins Internet, in dem die Menschen ermordet wurden.
[7] Muslum Tayar (22), Serhat Binen (25), Bilal Meygil (16), Vedat Akcanim (17), Hayriye Hudaverdi (75), Hasan Yilmaz (9), Ferhat Gensur (16).