Insofern keine Änderungen in letzter Minute gemacht werden, wird die palästinensische Fatah-Fraktion, deren Vorsitzender der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) Mahmoud Abbas ist, ihre siebte Konferenz am 29. November in Ramallah abhalten. Dies wird die erste Versammlung dieser Art seit August 2009 sein.
Die kommende Konferenz fällt mit wachsenden Spannungen innerhalb der Fatah zusammen, als Folge interner Streitigkeiten und wachsender Unzufriedenheit mit der autokratischen Herrschaft von Abbas. Etwa 1.300 Delegierte werden auf der Konferenz für zwei Entscheidungsträger der Fatah abstimmen – das Zentralkomitee mit 23 Mitgliedern und den Revolutionsrat mit 132 Mitgliedern.
Palästinensische Politikanalysten sagen voraus, dass die Fatah-Konferenz die Kluft zwischen den rivalisierenden Lagern der Fraktion vertiefen wird, besonders infolge Abbas' anhaltender Bemühungen, seine Kritiker zu beseitigen. Es wird vermutet, dass Abbas die Verhandlungen einberufen hat, um seine Kontrolle über die Fatah zu stärken und den Aufstieg neuer Anführer zu verhindern.
"Die siebte Konferenz sollte nicht unter den schwierigen und komplexen Umständen stattfinden, denen die Fatah zurzeit unterliegt", sagte Hani Habib, ein renommierter Politikanalyst in Ramallah. "Interne Streitigkeiten in der Fatah und Druck von arabischer Seite auf die Führungsspitze der Fraktion könnten sogar zu einer Vertagung der Konferenz führen".
Palästinensischen Quellen zufolge haben kürzlich mehrere arabische Länder, darunter Ägypten, Jordanien, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate, Abbas dazu gedrängt, seine Differenzen mit dem aus der Fatah ausgeschlossenen Mohamed Dahlan beizulegen. Den Quellen zufolge würden diese Länder Dahlan, einen Erzfeind von Abbas, gerne als nächsten Präsidenten der PA sehen.
"Die Führung der Fatah wird seitens des arabischen "Quartetts" dazu gedrängt, die Konferenz nicht abzuhalten, bevor Abbas und Dahlan ein Versöhnungsabkommen schliessen und ihren Streit beenden", sagte ein anderer Politikanalyst, Raed Nueirat. Hinsichtlich der andauernden Rivalität zwischen Abbas und Dahlan fügte er hinzu: "Wenn die Konferenz jetzt abgehalten wird, könnte dies die Spaltung innerhalb der Fatah verstärken und ihre interne Krise verschlimmern".
Doch alle Anzeichen stehen dafür, dass Abbas hofft, die kommende Konferenz dafür zu nutzen, Dahlan und seine anderen Rivalen in der Fatah ein für alle Mal loszuwerden. Im Vorfeld der Konferenz schloss Abbas bereits mehrere Fatah-Mitglieder aus, die im Verdacht standen, in Verbindung zu Dahlan zu stehen. Dies soll als Warnung für Abbas' Kritiker gelten und sie auf der siebten Konferenz zum Schweigen bringen. Für Abbas ist es nur dann eine gute Konferenz, wenn die einzigen anwesenden Delegierten seine Anhänger sind. Was dies angeht, scheint er das nordkoreanische Modell der Autokratie übernommen zu haben.
Wenn alles nach Plan verläuft, wird erwartet, dass Abbas auf der siebten Konferenz triumphiert. Seine politischen Rivalen, allen voran der in den Vereinigten Arabischen Emiraten lebende Dahlan, werden nicht zu den geladenen Gästen auf der Konferenz gehören. Die meisten von Dahlans Anhängern im Westjordanland und im Gazastreifen werden ebenfalls von der Versammlung ausgeschlossen, genau wie alle Fatah-Mitglieder, deren Loyalität zu Abbas als fragwürdig gilt.
Mahmoud Abbas (rechts) hofft, die bevorstehende Fatah-Konferenz zu nutzen, um sich ein für alle Mal von Mohamed Dahlan (links) und seinen anderen Rivalen innerhalb der Fatah zu befreien. (Foto Weltwirtschaftsforum) |
Fatah-Konferenzen dienen vor allem der Besprechung interner Reformen und machen für neue Gesichter den Weg frei, sich stärker an Entscheidungen beteiligen zu können.
Doch seitdem die Fatah im Jahr 2006 die Parlamentswahl an die Hamas verlor, hat sie keine grösseren Reformen umgesetzt oder neue, junge Anführer hervorgebracht. Die gleichen Fatah-Beamten, die die Wahl verloren, führen die ewig gleiche Leier fort. Interne Reibereien und finanzielle und verwaltungstechnische Korruption führten die Hamas bei dieser Wahl zum Sieg. Unlängst wurden die palästinensischen Lokalwahlen abgesagt, aus Angst, die Fatah-Kandidaten könnten wieder gegen die Hamas verlieren.
Das Unvermögen der Fatah, Reformen durchzusetzen und neue Gesichter einzubringen, bleibt weiterhin ein Grund für die Beliebtheit der Hamas bei den Palästinensern. Die Hamas wird bleiben, wo sie ist, bis sich den Palästinensern eine bessere Alternative bietet – und die Fatah wird definitiv nicht als eine solche Alternative angesehen.
Seit ihrer Gründung vor rund 50 Jahren haben die säkulare Fatah-Fraktion und ihre Anführer sowohl den Palästinensern als auch anderen Arabern nichts als Katastrophen eingebracht.
Die Fatah spielte Schlüsselrollen in den Bürgerkriegen, die in den 70er- und 80er-Jahren in Jordanien und dem Libanon ausbrachen und den Tod zehntausender Menschen verursachten. Vor und nach der Unterzeichnung der Oslo-Abkommen und der Gründung der Palästinensischen Autonomiebehörde in den frühen 90er-Jahren beteiligten sich Mitglieder der Fatah an hunderten, wenn nicht tausenden, Terrorangriffen auf Israelis. Interne Streitigkeiten und massive Korruption sowie falsche Versprechungen und widersprüchliche Botschaften an ihr Volk und den Rest der Welt sind seit jeher das Markenzeichen der Fatah.
"Die Fatah steckt in einer schweren Krise", sagte der Politikanalyst Dr. Abdel Sattar Qasssem. "Weder die Fatah noch die Palästinensische Autonomiebehörde hat den Mut, den Menschen die Wahrheit zu sagen. Niemand weiss, was Abbas will oder wie er die Fraktion führt. Von Zeit zu Zeit schliesst Abbas ein paar Fatah-Mitglieder aus der Fraktion aus und dies hat zu vielen Spaltungen geführt. Abbas zerreisst die Fatah".
Manche Fatah-Beamten und Aktivisten hofften, dass auf der siebten Konferenz das äusserst sensible Thema der Nachfolge für Abbas diskutiert würde oder zumindest die Ernennung eines stellvertretenden Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde. Doch diese Themen sind für den 81-jährigen Abbas tabu. Er toleriert keinerlei Gespräche über seinen zukünftigen Nachfolger oder das Teilen seiner Macht mit jemand anderem.
Jahrelang hat Abbas sich stur geweigert, den Forderungen nachzugeben, einen Stellvertreter zu ernennen oder Vorbereitungen für den Tag zu treffen, an dem er nicht mehr da sein wird. Diejenigen, die diese Punkte zur Sprache brachten, wurden ihrer Macht beraubt oder ihrer Ämter enthoben. Abbas, so sagen seine Kritiker, leitet die Fatah so, als wäre sie sein privater Lehnsbesitz.
Die Angelegenheiten der Fatah sind für die gesamte internationale Gemeinschaft von Bedeutung, einschliesslich Israel. Warum? Weil die Fatah die PA dominiert, die Israels Friedenspartner darstellen soll und direkt von den USA, der EU und anderen internationalen Geldgebern finanziert wird.
Die Fatah ist die Fraktion, mit der Israel in Zukunft den Frieden schliessen soll. Dies ist die Fraktion, die einen zukünftigen palästinensischen Staat regieren soll. Eine schwache, korrupte und zerrissene Fatah, die eine geringe Glaubwürdigkeit bei ihren eigenen Anhängern im Besonderen und beim palästinensischen Volk im Allgemeinen hat, ist für den Fortschritt Palästinas eher hinderlich als förderlich. Warum hinderlich? Weil die Hamas die Korruption der Fatah weiterhin ausnutzen wird, um bei den Palästinensern mehr Beliebtheit zu erlangen.
Die Hamas präsentiert sich den Palästinensern weiterhin als einzige Partei, die in der Lage ist, ihre Lebensbedingungen zu verbessern. In Wahrheit hat jedoch weder die Hamas noch die Fatah ihre wiederholten Versprechungen erfüllt, die Lebensumstände der Menschen zu erleichtern.
Im Jahr 2006 ging die Hamas mit dem Slogan "Wandel und Reformen" in den Wahlkampf. Das Wahlprogramm der Liste versprach, "Gerechtigkeit und Gleichheit im Volk zu schaffen, öffentliche Freiheiten zu schützen und verwaltungstechnische, finanzielle und moralische Korruption zu beenden".
Es versteht sich von selbst, dass die Versprechen der Hamas niemals erfüllt wurden. Ganz im Gegenteil: Die Lebensumstände der Palästinenser haben sich unter der Herrschaft der Hamas im Gazastreifen auf allen Ebenen verschlechtert. Die einzige Veränderung, die die Hamas bewirkt hat, ist noch mehr Leid und Elend für das Volk. Darüber hinaus ist es schwer, irgendwelche Reformen ausfindig zu machen, die von der Führung der Hamas umgesetzt wurden, seitdem die Bewegung vor über zehn Jahren die Kontrolle im Gazastreifen übernommen hat.
Genauso hat die Fatah ihre Versprechen, ihre von Korruption geprägten Institutionen zu reformieren, nie eingehalten. "Präsident Abbas hat den Entscheidungsprozess aller Institutionen der Palästinensischen Autonomiebehörde, der PLO und der Fatah sabotiert", beschuldigt ihn Majed Abu Shamaleh, ein hochrangiger Fatah-Beamter und Kritiker des PA-Präsidenten. "Abbas' Versuche, viele Mitglieder der Fatah loszuwerden, ist ein Verbrechen gegen die Fatah und das palästinensische Volk. Abbas allein trägt die gesamte Verantwortung für die anhaltende Krise in der Fatah und der palästinensischen Arena. Viele der derzeitigen Führungsmitglieder der Palästinensischen Autonomiebehörde und der Fatah handeln im eigenen Interesse".
Abbas scheint jedenfalls entschlossen zu sein, in die Gegenrichtung zu marschieren. Diese Woche gewährte das "Verfassungsgericht" der PA Abbas das Recht, palästinensische Gesetzgeber ihrer parlamentarischen Immunität zu berauben. Die Entscheidung macht für Abbas den Weg frei, seine Kritiker in der Fatah aus dem Palästinensischen Legislativrat auszuschliessen. Die Entscheidung wurde von vielen Fatah-Beamten scharf verurteilt.
"Die Entscheidung des Gerichts ist der letzte Nagel im Sarg der palästinensischen Demokratie", sagte Fatah-Gesetzgeberin Najat Abu Baker. "Gesetzgeber ihrer parlamentarischen Immunität zu berauben, ohne die Zustimmung des Parlaments einzuholen, bedeutet, dass wir die Demokratie töten". Abu Baker rief ihre Kollegen in der Fatah dazu auf, aus Protest gegen die Entscheidung des Gerichts kollektiv von der Fraktion und dem Parlament zurückzutreten.
Egal, welche Ergebnisse die kommende siebte Konferenz haben wird – eins wissen wir: Die Fatah ist weit entfernt davon, Schritte in Richtung grösserer Reformen und Transparenz zu ergreifen. Abbas und seine Komplizen der alten Garde werden sich weiterhin an ihre Macht klammern und den Forderungen nach einer Ablösung und echten Reformen standhalten. Und natürlich werden Sie weiterhin Israel und allen anderen die Schuld für das Elend ihres Volks geben, ein Elend, das sie selbst erzeugt haben. Und dies ist die Fatah, die Mitglieder der internationalen Gemeinschaft finanzieren und mit Waffen versorgen, während sie weiterhin den Kopf in den Sand stecken und so tun, als sei alles in Ordnung.
Es ist an der Zeit zu erkennen, dass die Fatah Teil des Problems und nicht der Lösung geworden ist. Dies könnte sich ändern, wenn ihre Anführer bereit sind, mutige und echte Veränderungsmassnahmen zu ergreifen – ein Umbruch, der nicht sehr wahrscheinlich ist.
Khaled Abu Toameh ist ein preisgekrönter arabisch-israelischer Journalist und TV-Produzent.