Der gewählte US-Präsident Donald J. Trump wurde vor kurzem aufgerufen der Türkei zu "garantieren", dass der Völkermord an den Armeniern vom US-Kongress nicht angemessen anerkannt wird; so geschehen in einer Reihe Vorschläge zur "US-Politik gegenüber der Türkei".
"Die Vereinigten Staaten können der Türkei in aller Stille garantieren, dass die Resolution zum Völkermord an den Armeniern im Kongress nicht beschlossen wird. Das ist in der Beziehung immer ausschlaggebend gewesen und die meisten Türken sind zu diesem Thema zutiefst besorgt", heißt es in einem Teil des vom The Washington Institute for Near East Policy (WINEP) veröffentlichten Papier; geschrieben wurde es vom ehemaligen US-Botschafter in Ankara, James F. Jeffrey und dem türkischen Wissenschaftler Dr. Soner Cagaptay.
Derweil ist aus einer armenischen protestantischen Kirche in der türkischen Stadt Elazig (das historische Kharpert/Harput) ein Parkplatz gemacht worden, wie die Nachrichtenagentur Dicle (DIHA) berichtete.
Die Mauern der Kirche, die für Gottesdienste der armenischen wie assyrischen Gemeinden diente, sind heute mit Werbebanden behängt, die von den Parkplatzbetreibern angebracht wurden. Davor wurde die Kirche als Mühle, Marktplatz und Viehmarkt benutzt.
Die Stadt Elazig liegt im armenischen Hochland im Osten der Türkei.
Professor Benjamin Liebermann schreibt in seinem Buch "Terrible Fate: Ethnic Cleansing in the Making of Modern Europe":[1]
"Elazig ist eine kleine Stadt im Osten der Türkei mit mehreren hunderttausend Einwohnern; sie liegt nahe einer Reihe von Seen, die durch einen Damm am Euphrat entstanden. Heute sind ihre Einwohner zumeist Türken und Kurden, aber noch bis zum Frühjahr 1915 war sie eine vorwiegend armenische Stadt. 1915 nannten die Armenier sie Kharpert, während die Türken sie Harput nannten. Sie war viele Jahrhunderte lang ein armenisches Zentrum."[2]
Die historische Stadt und Zitadelle Harput (sie wurden auch Harppot, Karpoot und Kharperd genannt) bedeutet auf Armenisch "Felsenfestung". Nach der Gründung der türkischen Republik im Jahr 1923 änderte die Regierung ihren Namen in "Elazig".
Nach Angaben von Professor Richard Hovannisian war der Völkermord an den Armeniern die "physische Eliminierung des armenischen Volks und zum größten Teil der Beweis, dass sie auf dem großen Hochplateau lebten, das Armenisches Plateau hieß, dem die Täterseite bald darauf den neuen Namen Ostanatolien gaben."[3]
Egal, wie sehr die türkische Regierung versucht das armenische Erbe in Harput und dem Rest der Türkei auszulöschen, die armenischen Wurzeln in der Region sind nicht zu bestreiten. Als mittelalterliche Stadt scheint Harput sich unter byzantinischer Herrschaft (10. Und 11. Jahrhundert – ab 938) entwickelt zu haben. Der Autor T. A. Sinclair schreibt: "Die Byzantiner wertschätzten die Stelle vermutlich wegen des machtvollen Burgfelsens, aber sowie die Militärbasis etabliert war, begann sich eine Zivilbevölkerung zu bilden. Zweifellos kam diese Bevölkerung aus ethnischen Syrern und Armeniern zum Teil aus der Stadt Arsamosata [eine Stadt im armenischen Königreich nahe des Euphrat] weiter im Osten, das begann Harput zu weichen, außerdem aus nahe gelegenen Dörfern."[4]
1515 eroberten die Osmanen die Region. Unter dem osmanischen Verwaltungssystem wurde die Provinz Mamuretul-aziz genannt. Aber trotz all der Massaker und des Drucks, dem sie ausgesetzt war, wie erzwungenen Übertritten zum Islam, blieb die armenische Präsenz in der Stadt stark.
George Aghjiyan, ein weiterer Autor, führt an: "Am Vorabend des Völkermords ... deuten die vorgelegten Zahlen an, dass die armenische Bevölkerung von Kharpert fast ein Jahrhundert lang eher stagnierte; sie wich nie sonderlich von der Zahl von schätzungsweise 40.000 ab."
1915 wurden die Armenier dem ausgesetzt, was sie oft "Medz Yeghern" oder "die große Katastrophe" nennen, als die Führer der türkischen Regierung einen Plan in Gang setzten, um sie zu vertreiben und zu massakrieren.
Der Plan resultierte in einer systematischen Vernichtung von 1,5 Millionen Armeniern. Heute nennen die meisten Historiker dieses Ereignis einen Völkermord – eine vorsätzliche und systematische Kampagne ein ganzes Volk auszulöschen.
Armenische Zivilisten, eskortiert von osmanischen Soldaten, marschieren im April 1915 durch Harput in ein Gefängnis im nahe gelegenen Mezirah (dem heutigen Elazig). (Bilddquelle: Amerikanisches Rotes Kreuz/Wikimedia Commons) |
Professor Vahakn Dadrian, ein Experte für den Völkermord an den Armeniern, schrieb in seinem Artikel "Kinder als Opfer des Völkermords: Der Fall der Armenier":
"In den Provinzen Sivas, Harput, Trabzon, Erzurum, Diyarbakir sowie den unabhängigen Sanjaks Urfa und Maras wurde der Völkermord zum Teil durch Deportationen und zum Teil durch Massaker betrieben... Bei all diesen Operationen waren Kinder Teil der Allgemeinbevölkerung, gegen die umfassend zur Vernichtung vorgegangen wurde. In vielen Fällen wurden auch sie gesonderten und unterschiedlichen Formen von Massenmord unterzogen."[5]
Zu dieser Form von Mord gehörten Mittel wie Massenertränkung, Massenverbrennung, sexuelle Übergriffe und Verstümmelung.
"Waisenhäuser, in denen armenische Kinder nach der Liquidierung ihrer Familien gesammelt wurden, dienten als Transitlager für sich anschließende Vernichtung durch Ertränken."
Der US-Konsul in Harput, Leslie A. Davis, beschrieb eine entsetzliche Szene des Abschlachtens rund um den See Goeljuk [Golcuk/Hazar] bei Harput:
"Bei der Massenverbrennung armenischer Waisen war zumeist eindeutige, sadistische Grausamkeit am Werk. Nach der Beseitigung der Rest der armenischen Bevölkerung waren diese Überbleibsel eine Belästigung der Täter geworden. In mehrerer Hinsicht wurde es als am ökonomischsten angesehen ihr Elend dadurch zu beenden, dass man sie massenhaft verbrannte. In vier Provinzen – Diyarbakir, Harput, Bitlis und Aleppo – wurde diese Methode mit besonderer Grausamkeit angewandt."
Nach der Beschreibung der klaffenden Bajonett-Wunden der meisten nackten Leichen, üblicherweise im Bauch oder der Brust, manchmal im Hals, wobei die Opfer "Anzeichen barbarischer Verstümmelung" aufwiesen, erklärte Konsul Davis:
"Was im Sommer 1915 rund um den wunderschönen See Goeljuk geschah, ist fast nicht vorstellbar. Abertausende Armenier, zumeist unschuldige und hilflose Frauen und Kinder, wurden an seinem Ufern abgeschlachtet und barbarisch verstümmelt."
Massenhafte Vergasung und Vergewaltigung von Kindern waren ebenso weit verbreitet.
"Ein armenischer Junge, der von einer türkischen Familie in Mezre in der Provinz Harput adoptiert worden war, berichtete anschaulich von Vergewaltigungen, die von einem türkischen Mann mit vollem Wissen seiner Frau in diesem Haushalt stattfand. Andere Modalitäten schloss Vergewaltigung vor der Ermordung ein. In der Provinz Ankara vergewaltigten im Dorf Bash Ayash zwei Vergewaltiger/Mörder – der Straßenräuber Deli Hasan und der Gendarm Ibrahim – zwölf Jungen im Alter von 12 bis 14 Jahren und töteten sie danach. Diejenigen, die nicht sofort starben, wurden zu Tode gefoltert, während sie 'Mama, Mama' schrien.
"Eine Überlebende aus Giresun berichtet, wie in Agn (Egin) in der Provinz Harput rund 500 aus allen Teilen der Provinz zusammengeholte armenische Waisen in Absprache mit dem örtlichen Apotheker und Arzt vergiftet wurden."
Nach Angaben der Autorin Deirdre Holding schickte Davis seinem Vorgesetzten, dem amerikanischen Botschafter in Konstantinopel, am 24. Juli 1915 einen Brief. Darin heißt es unter anderem:
"Ich glaube nicht, dass es in der Geschichte der Welt je ein Massaker gegeben hat, das so allgemein und umfassend war, wie das, das aktuell in dieser Region begangen wird oder dass jemals im Hirn eines Menschen ein Plan erdacht wurde, der teuflischer und entsetzliche ist."[6]
Mehr als 100 Jahre nach dem Völkermord bestreitet die Türkei ihn immer noch und türkische Geschichts-Schulbücher machen für den Völkermord sogar die Armenier selbst verantwortlich.
Das hartnäckige Leugnen der Türkei ist eine bekannte Tatsache, aber auch ein Großteil der Welt hat es verfehlt den Völkermord anzuerkennen und die Überlebenden hinreichend zu unterstützen. Heute werden ähnliche Verbrechen von kriminellen Regierungen oder Organisationen wie dem Islamischen Staat (ISIS), Al-Qaida und Boko Haram begangen.
Wenn Experten wie Botschafter James F. Jeffrey und Soner Cagaptay den Völkermord an den Armeniern bestreiten und sogar versuchen die US-Regierung davon abzuhalten ihn offiziell anzuerkennen, töten sie nicht nur die Opfer ein zweites Mal, sie verhindern auch, dass die Türken historische Wahrheiten lernen, die sie erfahren müssen, um die notwendigen Schritte zur Demokratisierung ihres Landes zu unternehmen.
Es gibt aber auch ein paar sehr mutige Stimmen in der Türkei, die versuchen das von der Regierung und einem Großteil des Volks betriebene Leugnen infrage zu stellen. Die türkische Menschenrechtsvereinigung IHD zum Beispiel erklärte letztes Jahr in einer Stellungnahme:
"Völkermordleugnung perpetuiert Völkermord. Leugnung ist die Rechtfertigung der Täter und Kriminalisierung des Opfers. Von Lehrbüchern bis zu Sonderveröffentlichungen, von Zeitungen bis zu Fernsehsendungen sind Armenier als diejenigen dargestellt worden, die den Völkermord verdienten. Seit der Gründung der Republik haben die Armenier der Türkei bis heute in einer Gesellschaft, die ihnen gegenüber feindlich eingestellt ist und eng mit den Enkeln der Täter, die genauso denken, wie ihre Vorgänger gelebt.
"Solange der Völkermord nicht anerkannt wird, wird keine Gerechtigkeit hergestellt. Der Fluch des Völkermords wird dieses Land nicht verlassen und die Türkei wird nie Tageslicht sehen. Das ist keine Prophezeiung, sondern eine Tatsachenaussage."
[1] Furchtbares Schicksal: Ethnische Säuberungen in der Entstehung des modernen Europa
[2] Benjamin Leiberman: Terrible Fate: Ethnic Cleansing in the Making of Modern Europe. Rowman & Littlefield Publishers, 2013.
[3] Richard G. Hovannisian: The Armenian Genocide: Cultural and Ethical Legacies, Transaction Publishers, 2007.
[4] T.A. Sinclair: Eastern Turkey: An Architectural & Archaeological Survey, Band III:3, Kindle Edition. Pindar Press, 2014.
[5] Vahakn N. Dadrian: "Children as victims of genocide: the Armenian case". Eine der international Association of Genocide Scholars vorgelegte Abhandlung. Galway, Irland, 6.-10. Juni 2003.
[6] Deirdre Holding: Armenia: with Nagorno Karabagh. Bradt Travel Guides, 2014.