Die palästinensischen "Sieges"-Feiern nach dem Abbau der Metalldetektoren und Überwachungskameras an den Eingängen zum Tempelberg durch die Israelis lassen nichts Gutes für die zukünftige Stabilität und den Frieden im Nahen Osten erwarten.
Die Palästinenser und viele andere Araber und Muslime sehen den israelischen Schritt als Zeichen der Schwäche an. In ihren Augen bedeutet die Entfernung der Sicherheitskameras und Metalldetektoren schlichtweg Kapitulation.
Woran wir das erkennen? Ganz einfach: an der Reaktion der Palästinenser. Anstatt den versöhnlichen Charakter der Entscheidung der israelischen Regierung anzuerkennen, deren Ziel es war, Spannungen zu entschärfen und Blutvergiessen und Gewalt zu vermeiden, verlangen die Palästinenser nun noch mehr.
Soweit es die Palästinenser betrifft, ist die Kontroverse über die israelischen Sicherheitsmassnahmen am Tempelberg – die erfolgten, nachdem drei Terroristen am 14. Juli zwei israelische Polizeibeamten an der heiligen Stätte ermordet hatten – Teil eines grösseren Kampfes mit Israel.
Damit sind wir in diesem Diskurs auf einer neuen Stufe angelangt: Die Führung der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) gibt jetzt offen zu, dass nicht etwa die Metalldetektoren oder die Überwachungskameras das Problem sind.
Vielmehr, so gestehen sie, ist es ein Kampf um die Souveränität auf dem Tempelberg und über Jerusalem. Für die Palästinenser geht es in diesem Kampf darum, wer die Kontrolle über Jerusalem und dessen heilige Stätten innehat. Der tatsächliche Kampf dreht sich ihrer Meinung nach um das Recht der Juden, in ihrem eigenen Staat im Nahen Osten zu leben. Viele Palästinenser haben noch immer ein Problem damit, die Existenzberechtigung Israels anzuerkennen, und darum geht es in Wirklichkeit bei diesem Kampf.
Die Palästinenser, die jetzt ein Hochgefühl verspüren, weil Israel ihrer Forderung, die Metalldetektoren und Sicherheitskameras zu entfernen, nachgekommen ist, haben deutlich gemacht, dass dies nur der erste Schritt in ihrem Kampf ist. In einem Kampf, dessen Ziel es ist, auch den kleinsten Rest israelischer Anwesenheit in der Altstadt von Jerusalem und auf dem Tempelberg auszuradieren.
Niemand hat diese Position der Palästinenser deutlicher erklärt als der PA-Aussenminister Riad Malki, der am 27. Juli verkündete, die Palästinenser betrachteten die Entscheidung der Israelis zum Abbau der Metalldetektoren und Sicherheitskameras als Kapitulation. Ausserdem bestätigte er, was viele israelische und palästinensische Politikwissenschaftler schon seit einigen Wochen sagen, nämlich dass der Konflikt um die israelischen Sicherheitsmassnahmen nur ein Vorwand der Palästinenser war, um Israel zu politischen und territorialen Zugeständnissen zu zwingen.
In einer Rede vor der Arabischen Liga der Aussenminister in Kairo erklärte Malki: "Das Problem sind nicht Metalldetektoren oder Kameras, sondern wer das Sagen und die Souveränität über die Al-Aqsa-Moschee hat." Malki sagte weiterhin, die Palästinenser betrachteten den jüngsten Konflikt nicht als ein Sicherheitsproblem, sondern vielmehr als eine rein politische Angelegenheit. "Der Kampf um Jerusalem hat gerade erst begonnen", sagte er und fügte hinzu, dass die Welle der palästinensischen Proteste gegen die israelischen Sicherheitsmassnahmen erfolgreich gewesen sei, da sie die "Verschwörung" Israels zur Veränderung des historischen und rechtlichen Status quo auf dem Tempelberg "vereitelt" habe.
Der PA-Aussenminister Riad Malki verkündete am 27. Juli: "Das Problem sind nicht Metalldetektoren oder Kameras, sondern wer das Sagen und die Souveränität über die Al-Aqsa-Moschee hat... Der Kampf um Jerusalem hat gerade erst begonnen" (Foto: Mario Tama/Getty Images) |
Mit dieser Aussage werden wir Zeugen eines seltenen Moments der Wahrheit des PA‑Aussenministers, indem er ironischerweise den Behauptungen widerspricht, die von vielen in der internationalen Gemeinschaft und den Medien aufgestellt wurden und denen zufolge der jüngste Konflikt durch die Montage der Metalldetektoren und Überwachungskameras ausgelöst wurde.
Die als Reaktion auf die Sicherheitsmassnahmen erfolgten Proteste der Palästinenser hatten bereits darauf hingedeutet, dass es vielmehr um den Hass auf Israel ging und den Versuch, es in die Knie zu zwingen, als um die Entfernung von Metalldetektoren und Kameras. Während dieser Proteste, die insbesondere an den Eingängen zum Tempelberg stattfanden, skandierten die Palästinenser Parolen, die zur Zerstörung Israels und dem Töten von Juden aufriefen.
"Wir marschieren zur Al-Aqsa (Moschee) und werden Millionen Märtyrer opfern" war einer der Sprechchöre bei den Demonstrationen, die von führenden religiösen und politischen Vertretern der Palästinenser angeführt wurden. Eine weitere Parole lautete: "Khaybar Khaybar ya yahud, jaish Mohammed sa yaoud" ("Chaibar, Chaibar, oh ihr Juden! Mohammeds Heer kommt bald wieder!") – ein Verweis auf die Schlacht von Chaibar im Jahr 628, bei der der Prophet Mohammed und seine Anhänger gegen die in der Oase Chaibar lebenden Juden kämpften. Die Juden waren damals gezwungen, sich zu ergeben, nachdem viele von ihnen massakriert worden waren. Unter der Bedingung, die Hälfte dessen, was sie produzierten, an die Muslime abzugeben, erlaubte man ihnen, in Chaibar wohnen zu bleiben. Die Demonstranten skandierten ausserdem Parolen, in denen die Kassam-Brigaden – der militärische Flügel der Hamas – dazu aufgerufen wurden, Terroranschläge auf Israel zu verüben.
Der Grossteil der ausländischen Journalisten, die über die Proteste berichteten, empfand diese Parolen weder als bedrohlich noch als antisemitisch. Die Proteste wurden weitgehend positiv beschrieben, als friedliche Aktionen des "zivilen Ungehorsams". Dies ist jedoch genau die Rhetorik, die Öl in das palästinensische Feuer giesst, das die Menschen dazu auffordert, auf die Strassen zu gehen und Steine und Brandbomben auf israelische Polizeibeamte und Zivilisten zu werfen.
Der achtzehnjährige Omar Al-Abed ist in der Tat ein Palästinenser, der dieser Rhetorik grosse Beachtung schenkte. Am 22. Juli stürmte er in das Haus einer jüdischen Familie in Halamish im Westjordanland und erstach einen Grossvater sowie dessen Sohn und Tochter, als sie beim Abendessen die Geburt eines Enkelkindes feierten. Kurz bevor er zu seiner mörderischen Mission aufgebrochen war, postete Al-Abed eine Nachricht auf seiner Facebook-Seite, in der er zahlreiche der Slogans von den Protestaktionen zitierte und Juden als "Söhne von Schweinen und Affen" bezeichnete.
Das Blutbad in Halamish wurde von einem palästinensischen Einzeltäter verübt. Möglicherweise handelte er in eigener Regie, ohne zuvor zur Ermordung von Juden indoktriniert oder von anderen dazu ermutigt worden zu sein? Nun, prüfen wir das einmal nach: Wie hat die palästinensische Öffentlichkeit auf diesen mörderischen Amoklauf reagiert? Wie hat Al-Abeds eigene Mutter reagiert? Die Mutter des Terroristen wurde gefilmt, wie sie Süssigkeiten an Besucher verteilte, die die Entscheidung ihres Sohnes feierten, das Leben der drei Juden auszulöschen. "Ich bin stolz auf meinen Sohn, weil wir wegen ihm unsere Köpfe hoch tragen können", erklärte sie.
Möglicherweise war ja der Stolz auf den Terroristen nur eine lokale Sache? Nein, selbst diese Hoffnung stellt sich als vergebens heraus: Während viele Palästinenser – insbesondere im Gazastreifen – auf die Strassen gingen, um den brutalen Mord zu feiern, telefonierte der Anführer der Hamas, Ismail Haniyeh, mit dem Vater des Terroristen, um ihm mitzuteilen: "Ihr Sohn hat die Nation stolz gemacht."
Die Bluttat in Halamish erfüllte nicht nur die Mutter des Terroristen und die Menschen in ihrem Umfeld mit Stolz, sondern die gesamte palästinensische Welt.
Der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas, der keine Gelegenheit versäumt, sich selbst als Friedensstifter schlechthin darzustellen, zog es vor, angesichts der Morde zu schweigen. Aber machen wir uns nichts vor: Sein beredtes Schweigen über den Terroranschlag von Halamish wird von vielen Palästinensern als stillschweigende Duldung des Mordes an den drei Juden interpretiert. Ob er nun die Gräueltat duldet oder erschrocken ist vor seinem eigenen Volk – eines ist gewiss: Abbas und die meisten anderen palästinensischen Führer haben die Palästinenser gut geschult. Wenn sie jüdisches Blut wittern, greifen sie an.
Das ist auch genau das, was bei dem Tumult um den Tempelberg geschieht.
Jetzt, da Israel ihren Forderungen hinsichtlich der Sicherheitsmassnahmen nachgegeben hat, fühlen sich die Palästinenser mutiger denn je. Mord und Aufhetzung machen sich in ihrem Fall durchaus bezahlt. Sie sind mit dem Mord an den beiden Polizeibeamten auf dem Tempelberg davongekommen, sie sind mit der Ermordung der drei Familienmitglieder in Halamish davongekommen und ihrer Ansicht nach sind sie auch mit den kürzlich geführten gewalttätigen Protesten und der Hetze gegen Israel davongekommen.
Beflügelt von der israelischen "Kapitulation" reden die Palästinenser jetzt von einem "historischen Sieg" über Israel. Sie brüsten sich damit, Israel den Arm verdreht und zum "Rückzug" gezwungen zu haben. Palästinensische Karikaturisten und Kommentatoren brachten ähnliche Gefühle zum Ausdruck, als sie sagten, dass der Abbau der Metalldetektoren und Überwachungskameras hauptsächlich das Ergebnis ihrer Gewalt, Terroraktionen und Drohungen war.
Einmal mehr wird eine israelische Geste von den Palästinensern und anderen Arabern und Muslimen fehlinterpretiert. Diese absichtlich falsche Lesart ist jedoch alles andere als neu. Und dennoch liefert sie jedes Mal, wenn man sich ihrer bedient, den Ausgangspunkt für einen erneuten Kreislauf der Gewalt. Das Ergebnis israelischer Versöhnungsversuche ist immer palästinensische Gewalt.
Die Palästinenser haben ihre Hausaufgaben gemacht. Nach ihren eigenen Worten ist eine Eskalation der Gewalt ihr Ziel, denn sie glauben, dass Israels Reaktion der erste Schritt in Richtung weiterer Zugeständnisse und eines weiteren Rückzugs ist.
Bassam Tawil ist Muslim und lebt als Wissenschaftler und Journalist im Nahen Osten.