Asia Bibis Familie kämpft seit acht Jahren darum, ihr Leben zu retten, zuerst, um sie aus dem Todestrakt in Pakistan zu holen, wo sie wegen "Blasphemie" fälschlicherweise eingesperrt wurde, und jetzt, da sie freigelassen wurde, darum, für sie im Westen Asyl zu bekommen. Abgebildet: Eisham Masih, eine der Töchter von Asia Bibi, wird 2015 von Papst Franziskus begrüßt. (Bildquelle: HazteOir/Wikimedia Commons) |
Der Fall von Asia Bibi sieht aus, als käme er aus einer "anderen, mittelalterlichen Welt".
Ihre "Schuld", als "unreine" Christin, war das Trinken von Wasser aus einem gemeinschaftlichen Brunnen, der von muslimischen Nachbarn genutzt wurde. Zwei muslimische Frauen behaupteten, dass, weil sie, eine Christin, das Wasser aus dem Brunnen berührt hatte, der gesamte Brunnen nun haram (nach islamischem Recht verboten) sei. Bibi antwortete mit den Worten: "Ich denke, Jesus würde es anders sehen als Mohammed", dass Jesus "am Kreuz für die Sünden der Menschheit gestorben sei", und fragte: "Was hat dein Prophet Mohammed jemals getan, um die Menschheit zu retten?" Sie wurde beschuldigt, den islamischen Propheten Mohammed beleidigt zu haben und wurde wegen "Blasphemie" vor Gericht gestellt. Ihr wurde gesagt, sie solle sich zum Islam bekehren oder sterben.
Bibi verbrachte mehr als acht Jahre in einem pakistanischen Gefängnis, in Einzelhaft, einen Großteil der Zeit in der Todeszelle. Am 3. Oktober 2018 hat der Oberste Gerichtshof Pakistans sie freigesprochen. Dann, eine ganze Woche lang, blieb ihr Schicksal unklar. Nach heftigen Protesten von "hartgesottenen Islamisten, die zu ihrer Hinrichtung aufriefen", die "große Teile des Landes zwei Tage lang gelähmt haben", machte die Regierung den Islamisten "Zugeständnisse" und kapitulierte vor ihren Forderungen. Die Regierung verpflichtete sich, sich nicht zu weigern, Bibi auf eine "No-Fly-Liste" zu setzen, was sie daran hindert, das Land zu verlassen.
Nachdem Bibi also für nicht schuldig befunden und aus dem Gefängnis entlassen wurde, wird sie in Pakistan immer noch gegen ihren Willen festgehalten - angeblich zu ihrer eigenen "Sicherheit", aber in Wirklichkeit scheint es der Zweck zu sein, es einem Mob zu ermöglichen, sie leichter zu ermorden. Nun, da die Regierung befürchtet, dass ihr Weggang zu erneuten gewalttätigen Protesten der islamischen Extremisten führen könnte, befindet sich Bibi anscheinend an einem geheimen Ort. "Gefälschte" Bilder auf Social Media sind im Umlauf und sollen zeigen, wie Asia Bibi das Land verlässt oder sich außerhalb Pakistans befindet.
"Vier Tage lang sind alle Christen drinnen geblieben, eingeschlossen in ihren Häusern in den wichtigsten Städten Pakistans", sagte Alessandro Monteduro, Direktor der italienischen Organisation Hilfe für Kirchen in Not. Unterdessen wird erwartet, dass Bibi in Pakistan bleiben wird, bis ihr Fall erneut "in einem Berufungsverfahren überprüft" wird, wie vom Premierminister angeordnet. Bibis Gerichtsverfahren sieht jetzt endlos aus. Unterdessen füllen Tausende von Islamisten die pakistanischen Straßen und fordern ihre Hinrichtung.
Westliche Länder müssen Bibi einen sicheren Hafen bieten und die pakistanische Regierung unter Druck setzen, sie freizulassen und aus dem Land ausreisen zu lassen. Viele der Werte, die den Westen zu "dem Westen" machen, stehen heute bei ihrem Schicksal auf dem Spiel: Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, Bewegungsfreiheit, Rechtsstaatlichkeit, Menschenwürde und die Trennung von Kirche und Staat. Der Vorsitzende der französischen Oppositionspartei Les Républicaines, Laurent Waquieuz, hat den Fall Asia Bibi als einen Fall definiert, der "unsere Vorstellung von Zivilisation angesichts der islamistischen Barbarei" beinhaltet.
Wenn der Westen nicht für Asia Bibi kämpft, für wen soll er dann kämpfen?
Nach acht Jahren der Passivität und des Schweigens versuchen einige europäische Länder, ihr zu helfen. Italien sagte, es werde Asia Bibi bei der Beantragung von Asyl unterstützen.
Der stellvertretende italienische Premierminister Matteo Salvini sagte den italienischen Medien am 6. November, dass er "will, dass Frauen und Kinder, deren Leben in Gefahr ist, in unserem Land oder in anderen westlichen Ländern eine sichere Zukunft haben können, also werde ich alles Menschenmögliche tun, um dies (für Asia) zu gewährleisten.
"Es ist nicht akzeptabel, dass 2018 jemand möglicherweise sein Leben verliert" für eine "Hypothese der Blasphemie", fügte er hinzu.
Salvini merkte ausserdem an, dass Bibi und ihre Familie, wenn sie in Italien Asyl erhalten sollten, denselben Schutz erhalten würden, der denjenigen gewährt wird, die von der Mafia mit Todesdrohungen bedroht werden. Jetzt muss Bibi vor einem religiösen Mob beschützt werden.
Darüber hinaus lud Antonio Tajani, Präsident des Europäischen Parlaments und Vorsitzender der italienischen Oppositionspartei Forza Italia, Asia Bibi nach Straßburg ein und forderte "die pakistanischen Behörden auf, die notwendigen Dokumente auszustellen".
Mehr als 60.000 Italiener unterzeichneten einen Appell, in dem sie ihre Behörden aufforderten, Asia Bibi Asyl zu gewähren, in dem zum Teil steht:
"Es ist dringend geboten, dass Italien im Namen seiner humanistischen Tradition Asia-Bibi unverzüglich den notwendigen politischen und diplomatischen Schutz bietet. Jeder Tag, den sie in diesem Schwebezustand verbringt, ist eine Gefahr für ihr Leben. Italien kann nicht schweigend und wehrlos vor dem Schicksal von Asia Bibi, einem Symbol für die Verfolgung von Christen in der ganzen Welt, stehen".
Michael Brand, ein Menschenrechtsexperte der CDU von Bundeskanzlerin Angela Merkel, forderte, "alles zu tun", dass Bibi "in Freiheit und Sicherheit leben" kann. Bibis Anwalt, Saiful Malook, wurde von CNN zitiert und sagte, dass "ein Asylantrag in den Niederlanden gestellt wurde" für ihre Familie und für sie. Ein Sprecher des niederländischen Außenministeriums wurde zitiert: "Der Fall Asia Bibi hat die volle Aufmerksamkeit der niederländischen Regierung ... Wir arbeiten eng mit anderen Ländern zusammen und stehen in dieser Angelegenheit in Kontakt mit ihnen."
Der kanadische Premierminister Justin Trudeau sagte: "Wir stehen im Gespräch mit der pakistanischen Regierung" über die Aufnahme von Bibi.
Ashiq Masih, Bibis Mann, flehte am 4. November unter Berufung auf die "große Gefahr", der ihre Familie in Pakistan ausgesetzt ist:
"Ich bitte Präsident Donald Trump, uns zu helfen, das Land zu verlassen, und ich bitte den Premierminister Großbritanniens, uns zu helfen und uns so weit wie möglich Freiheit zu gewähren."
Andere europäische Länder scheinen leider vor den Drohungen der Islamisten kapituliert zu haben.
Der Sydney Morning Herald zitierte Wilson Chowdhry von der British Pakistani Christian Association, mit den Worten: "Die Tatsache, dass sich kein Angebot manifestiert hat, ist schockierend. Hunderttausende von Menschen haben Aufruhr gemacht und ihren Tod gefordert". Der britische Telegraph zitierte Chowdhry mit den Worten:
"Großbritannien war besorgt über mögliche Unruhen im Land, über Attacken auf Botschaften und Zivilisten.
"Sie haben kein automatisches Asyl angeboten, während mehrere Länder inzwischen vorgetreten sind. Sie werden nicht nach Großbritannien kommen. Die Familie wird definitiv nicht nach Großbritannien kommen."
Die Weigerung Großbritanniens, Bibi Asyl anzubieten, ist der Grund, warum 19 britische Abgeordnete und Peers an Außenminister Jeremy Hunt geschrieben haben und ihn drängten, ihr zu erlauben, dorthin zu gehen. Der Abgeordnete John Woodcock sagte:
"Großbritannien sollte stolz darauf sein, ein Zufluchtsort für diejenigen zu sein, die wegen ihrer Religion verfolgt werden, so dass es entsetzlich wäre, wenn Asia Bibi tatsächlich Asyl verweigert würde, aus Angst, dass sie von islamistischen Hardlinern hier angegriffen werden könnte."
"Wenn Asia Bibi in Großbritannien Asyl verweigert wird, was zum Teufel ist dann der Sinn des Asylsystems?" twitterte Ayaan Hirsi Ali, Flüchtling aus Somalia, Autorin von vier Bestsellern, Menschenrechtsaktivistin und ehemalige Abgeordnete des niederländischen Parlaments, aus den USA.
Großbritannien gewährte Malala Yousafzai Asyl, der pakistanischen Schülerin, die von den Taliban in den Kopf geschossen wurde. Warum sollte Asia Bibi nicht von der gleichen großzügigen Behandlung profitieren? Großbritannien hat den Schriftsteller Salman Rushdie seit der Fatwa des iranischen Regimes von 1989, die zu seiner Ermordung aufruft, geschützt. Wäre es nicht gerecht und würdig, wenn Großbritannien dieser pakistanischen christlichen Mutter, die ein weiteres Opfer des islamischen Scharia-Gesetzes ist, den gleichen Rückzugsort und Schutz gewährte?
Im Gespräch mit AsiaNews berichtete Joseph Nadeem, Geschäftsführer der Renaissance Education Foundation: "Wir haben keine Nachrichten, wir kennen die Kontakte zwischen der pakistanischen Regierung und dem Ausland nicht". Er sagte jedoch: "Es gibt eine positive Nachricht: Sie konnte nach 10 Jahren ihren Mann sehen".
Während die europäische Diplomatie zumindest versucht, auf den schrecklichen Schwebezustand, in dem Asia Bibi gefangen gehalten wird, zu reagieren, so sind die meisten europäischen "Intellektuellen", die sonst immer die ersten sind, die ihre "Prinzipien" vertreten, extrem ruhig geblieben.
Ein größerer, seltener öffentlicher Appell wurde nur von der französischen Zeitung Le Figaro veröffentlicht. Mehr als 40 Persönlichkeiten, darunter Élisabeth und Robert Badinter, Luc Ferry, Robert Redeker, Pierre-André Taguieff und Jean-Claude Zylberstein, forderten eine Mobilisierung, um sie zu retten. Diese französischen Intellektuellen nannten die Situation von Asia Bibi eine "abscheuliche und rückschrittliche Strafe, die einer anderen Zeit würdig ist als die unserer modernen Demokratien und der Zivilisation im Allgemeinen". "Es ist uns eine Ehre, die religiöse Toleranz, die Pluralität der Ideen und, wie wir unter diesen Umständen auch sagen dürfen, die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern", schrieben sie.
In einem Artikel vom 22. Oktober schrieb Andrea Picciotti-Bayer, Rechtsberaterin für die Stiftung des Katholischen Vereins:
"Es ist an der Zeit, dass alle amerikanischen Frauen ihre Leidenschaft auf die Verteidigung einer pakistanischen Frau konzentrieren, die darauf wartet, gehängt zu werden ... weil sie aus dem "falschen" Becher getrunken und ihre Meinung gesagt hat".
Extremistische muslimische Bürgerwehren wollen die "Gerechtigkeit" in die eigenen Hände nehmen. Während Großbritannien um seine "Sicherheit" fürchtet, riskiert Asia Bibi, ermordet zu werden.
Es gibt eine lange Geschichte solcher Selbstjustiz-Morde in Pakistan. Rashid Rehman, Anwalt in Pakistan, der einen wegen Blasphemie angeklagten Universitätsprofessor verteidigte, wurde erschossen. Ein wegen Blasphemie angeklagter christlicher Pastor, Zafar Bhatti, wurde im Gefängnis von einem Polizisten ermordet. Ein Richter, Arif Iqbal Bhatti, der zwei Personen freigesprochen hat, die der Blasphemie beschuldigt waren, wurde in seiner Kammer ermordet. Salman Taseer, ein tapferer Muslim, Gouverneur der pakistanischen Provinz Punjab, wurde von seinem eigenen Leibwächter ermordet, der sagte: "Ich tat dies, weil Herr Taseer kürzlich die vorgeschlagenen Änderungen des Blasphemiegesetzes verteidigt hat". Pakistans Bundesminister für Minderheiten, Shahbaz Bhatti, wurde dafür ermordet, dass er Bibi verteidigt hatte. Vor kurzem floh der Anwalt von Asia Bibi, Saiful Malook, aus Pakistan und sucht Asyl in den Niederlanden.
An dieser Stelle wäre das positivste Ergebnis für Asia Bibi, dem Beispiel einer anderen pakistanischen Christin zu folgen, Rimsha Masih. Nach monatelangem Untertauchen fand sie Asyl in Kanada. Damit Asia Bibi den Westen allerdings nur schon erreichen kann, müssen einflussreiche Menschen im Westen so laut wie möglich sprechen und allen möglichen Druck auf die pakistanische Regierung ausüben. Wie die französischen Intellektuellen, die ihren Appell für Bibi unterzeichnet haben, bemerkten, steht in Bibis Fall nicht nur das Schicksal der verfolgten Christen weltweit auf dem Spiel, sondern auch der "Geist der Aufklärung".
Ein London, in dem ein ISIS-unterstützender radikaler Prediger pakistanischer Abstammung, Anjem Choudary, frei und unbehelligt lebt, während eine pakistanische Christin, Asia Bibi, unsicher und bedroht wäre, ist das Ende des Westens, wie wir ihn kennen.
Giulio Meotti, Kulturredaktor für Il Foglio, ist ein italienischer Journalist und Autor.