Die vom Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas, vorgeschlagenen palästinensischen Wahlen sind Teil eines Plans, der darauf abzielt, die internationale Gemeinschaft, insbesondere die USA und die EU, zu täuschen, damit sie glauben, dass die Palästinenser es ernst meinen mit der Durchführung grösserer Reformen, der Beendigung der finanziellen und administrativen Korruption und der Aufnahme eines neuen Friedensprozesses mit Israel. Im Bild: Abbas, spricht am 3. September 2020 in Ramallah. (Foto: Alaa Badarneh/Pool/AFP via Getty Images) |
Eine Woche, nachdem er in das 17. Jahr seiner vierjährigen Amtszeit eingetreten war, kündigte der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmoud Abbas endlich neue Parlaments- und Präsidentschaftswahlen an, die voraussichtlich im Mai und Juli 2021 stattfinden sollen.
Seine Ankündigung war sorgfältig abgestimmt, um mit der Amtseinführungswoche von Präsident Joe Biden zusammenzufallen und als Antwort auf den immensen Druck der Europäischen Union.
Abbas' Ankündigung, die viele Palästinenser so ernst nehmen wie die angebliche Sichtung eines UFOs, ist Teil eines Versuchs, sich bei der Biden-Administration und der EU anzubiedern.
Es gibt nur ein Wort, um Abbas' Ankündigung zu beschreiben: Täuschung.
Die vorgeschlagenen palästinensischen Wahlen sind Teil eines Plans, der darauf abzielt, die internationale Gemeinschaft, insbesondere die USA und die EU, zu täuschen, damit sie glauben, dass die Palästinenser es ernst meinen mit der Durchführung grösserer Reformen, der Beendigung der finanziellen und administrativen Korruption und der Aufnahme eines neuen Friedensprozesses mit Israel.
Abbas, der die Administration von Präsident Donald Trump seit Dezember 2017 boykottierte, hofft, dass die Biden-Administration unter anderem die finanzielle Hilfe für die Palästinenser und das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) wieder aufnehmen, die diplomatische Vertretung der PLO in Washington wieder eröffnen und die US-Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels zurücknehmen wird.
Abbas hat nicht zu Wahlen aufgerufen, weil er plötzlich an Demokratie und Pluralismus glaubt oder weil er neuen und jungen Politikern den Weg an die Macht ebnen will. Abbas hat nicht zu Wahlen aufgerufen, weil er den Palästinensern die Möglichkeit geben will, neue Führer durch einen freien und fairen Wahlprozess zu wählen.
Vielleicht hat der 85-jährige Abbas Wahlen gefordert, weil er sich zur Ruhe setzen und seine Zeit mit seinen Enkelkindern verbringen will. Verlassen Sie sich aber lieber nicht darauf.
Abbas hat nicht nur keine Pläne, sich in naher Zukunft von der politischen Bühne zu verabschieden, er will sogar selber bei den Präsidentschaftswahlen kandidieren, falls diese am 31. Juli stattfinden.
Es gibt einen Grund, und nur einen Grund, warum Abbas jetzt über die Abhaltung allgemeiner Wahlen spricht: um die Geldkuh, die er in Form der amerikanischen und europäischen Regierungen hat, weiter zu melken. Abbas will das Geld, um seine fortgesetzte diktatorische Herrschaft über die Palästinenser sicherzustellen.
Er weiss, dass sein Regime ohne Geld aus den USA und der EU nicht einen Tag überleben würde. Abbas weiss auch, dass ohne Israels Sicherheitspräsenz im Westjordanland die Hamas und seine politischen Feinde ihn leicht von der Macht entfernen würden.
Abbas versucht, der Biden-Administration und den Europäern zu zeigen, dass er kein Autokrat oder illegitimer Führer ist, dessen Amtszeit im Januar 2009 endete.
Abgesehen von den Geldmitteln hofft Abbas offenbar, dass seine Wahlfarce die Amerikaner und Europäer dazu bewegen würde, seinen Plan einer internationalen Konferenz für "Frieden" im Nahen Osten zu unterstützen.
Abbas will nicht zu direkten Verhandlungen mit Israel zurückkehren: Er weiss, dass Israel seine Forderungen, vollständiger Rückzug auf die Grenzen vor 1967 und das "Recht auf Rückkehr" für "Millionen" palästinensischer Flüchtlinge und deren Nachkommen nach Israel, nicht erfüllen kann.
Abbas hofft, dass eine solche internationale Konferenz, unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen, der Europäischen Union, Russlands und Chinas, Israel eine Lösung aufzwingen würde. Abbas hat nur eine Lösung im Sinn: eine, die den vollständigen Rückzug Israels auf die Linien vor 1967, einschliesslich Ost-Jerusalem, und die Gründung eines palästinensischen Staates vorsieht, der in Zukunft zweifellos als Ausgangsbasis für einen Krieg gegen Israel genutzt werden würde.
Wenn Abbas' Rivalen von Hamas die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen gewinnen, wird der zukünftige palästinensische Staat, den Abbas anstrebt, ein vom Iran unterstütztes islamistisches Terrorgebilde sein, ähnlich dem Ministaat, der bereits im von der Hamas regierten Gazastreifen existiert.
Im Jahr 2006 besiegte die Hamas Abbas' Fatah-Fraktion bei den Parlamentswahlen und löste damit einen erbitterten und blutigen Machtkampf zwischen den beiden rivalisierenden Parteien aus. Auf dem Höhepunkt des Konflikts im Sommer 2007 warfen Hamas-Milizionäre Fatah-Aktivisten von den Dächern hoher Gebäude und töteten Hunderte von anderen.
Seitdem haben die Palästinenser zwei unabhängige und eigenständige Ministaaten: einen östlich von Israel, im "Westjordanland" am Jordan, und einen westlich von Israel, im Gazastreifen. Der Gazastreifen, der von der Hamas, dem Palästinensischen Islamischen Dschihad und anderen palästinensischen Terrorgruppen kontrolliert wird, wird als Ausgangsbasis für die Durchführung verschiedener Formen von Terroranschlägen gegen Israel genutzt, einschliesslich des Abschusses von Tausenden von Raketen auf Israel in den letzten 15 Jahren.
Hamas-Führer haben Abbas' Ankündigung begrüsst. Sie sagen, sie beabsichtigen, an den allgemeinen Wahlen teilzunehmen. Die Hamas hofft nun, den Sieg, den sie bei den Parlamentswahlen 2006 erzielte, zu wiederholen.
Öffentliche Meinungsumfragen haben gezeigt, dass mehr als 60% der Palästinenser Abbas gerne zurücktreten sehen würden. Das bedeutet, dass eine grosse Mehrheit der Palästinenser nicht an Abbas und seine Fatah-Leute glaubt.
Im Jahr 2006 haben viele Palästinenser für die Hamas gestimmt, weil sie die Korruption und Inkompetenz der Fatah satt hatten.
Die Umfragen zeigen nun, dass sich die Ansichten vieler Palästinenser gegenüber Abbas und der Fatah nicht geändert haben, was bedeutet, dass die Hamas gute Chancen auf einen weiteren Sieg bei den kommenden Wahlen hat. Ein weiterer Sieg der Hamas bedeutet, dass das Westjordanland ein weiteres terroristisches Gebilde werden würde, das von Irans palästinensischen Verbündeten und Stellvertretern regiert wird. Dank der Präsenz Israels im Westjordanland gibt es dort weniger Terrorismus. Wenn Israel sich zurückzieht, wird das Westjordanland in die Hände der Hamas und des Palästinensischen Islamischen Dschihad fallen, die anfangen werden, Raketen auf Israelis abzufeuern, so wie sie es schon seit Jahren vom Gazastreifen aus getan haben.
Eine Erinnerung an die gefährlichen Ambitionen der Hamas wurde am 18. Januar 2021 von keinem Geringeren als ihrem Führer Ismail Haniyeh geliefert.
Bei einer Konferenz in Teheran sagte Haniyeh, dass der "Widerstand" gegen Israel eine "gute Wahl" und die "strategische Option" seiner Gruppe bleibe.
"Widerstand" ist ein beschönigender Ausdruck für die Fortsetzung des Terrorkrieges gegen Israel durch den Einsatz von Raketen, Selbstmordattentaten, Autoattentaten, Messerstechereien und Schussattacken sowie das Werfen von Steinen und Brandbomben auf israelische Soldaten und Zivilisten.
Anfang Februar sollen sich die Führer von Fatah und Hamas in Ägyptens Hauptstadt Kairo treffen, um die Vorbereitungen für die Wahlen zu besprechen. Die beiden Seiten sagen, sie wollen sich nicht nur in der Frage der Wahlen einigen, sondern eine "echte Partnerschaft" erreichen. Fatah und Hamas sind offenbar bereit, ihre Differenzen vorübergehend beiseite zu legen, um eine Einheitsfront gegen Israel zu bilden.
Abbas will Geld, während die Hamas Legitimität und Anerkennung durch die internationale Gemeinschaft will. Ausserdem will die Hamas natürlich ihre Kontrolle auf das Westjordanland ausdehnen, Abbas stürzen und mit ihrem Plan, Israel zu zerstören, fortfahren.
Für Abbas und die Fatah ist das Gerede über Wahlen wichtig, weil sie die USA und die EU täuschen wollen, damit sie ihnen mehr Geld geben. Die Hamas ihrerseits hofft, dass die Wahlen sie in der internationalen Gemeinschaft legitimieren und sie zu einem akzeptablen Akteur in der palästinensischen Arena machen.
Wenn Fatah und Hamas sich wirklich um Wahlen und die Interessen ihres Volkes kümmern würden, hätten sie schon vor langer Zeit Wahlen abgehalten. Die beiden Parteien haben jedoch die letzten 15 Jahre damit verbracht, sich gegenseitig zu quälen und zu verhaften und ihrem Volk sowohl freie Wahlen als auch grundlegende öffentliche Freiheiten zu verweigern.
Die Palästinenser leben unter zwei Diktaturen: eine in der Westbank und eine im Gazastreifen. Wahlen, selbst wenn sie abgehalten werden, werden keine neuen Staatsführer hervorbringen. Sie werden Lakaien der Fatah und Handlanger der Hamas hervorbringen, die sich gehorsam ihren korrupten Bossen beugen.
Bassam Tawil ist ein im Nahen Osten lebender muslimischer Araber.