Chinesische Militärforscher forderten kürzlich die Zerstörung der Starlink-Satelliten von Elon Musk. Wie das Gatestone Institute schreibt, ist das eine außergewöhnliche Drohung von einem Staat gegen ein privates ausländisches Unternehmen.
Im Dezember 2021 reichte China eine Beschwerde bei den Vereinten Nationen ein. Peking erklärte, dass zwei von Musks Starlink-Satelliten beinahe mit dem Tianhe-Modul seiner Tiangong-Raumstation kollidiert wären – im April und im Oktober 2021.
Zudem wurden chinesische Astronauten gezwungen, das Modul der Station zu manövrieren, um die Kollision zu vermeiden. Starlink gehört zu Elon Musks SpaceX, die Satelliten sind Teil eines Plans, mit dem die weltweite Versorgung mit Internet sichergestellt werden soll. Dazu sollen fast 12.000 Starlink-Satelliten in eine niedrige Erdumlaufbahn gebracht werden.
Der Weltraum wird immer voller, die Gefahr von Kollisionen ist nicht neu – sei es mit Satelliten oder Weltraummüll. Letztlich entsteht teurer Schrott.
Peking trug zur Entstehung eines Großteils dieses Schrotts bei. Im Januar 2007 testete China seine erste erfolgreiche Anti-Satelliten-Rakete (ASAT), zerstörte einen seiner eigenen inaktiven Wettersatelliten und verursachte damit einen der weltweit größten Weltraummüllvorfälle. Dieser Weltraumschrott treibt noch immer im All herum und verursacht täglich Kollisionsrisiken.
Die Vereinigten Staaten wiesen die Behauptung Chinas zurück, die Starlink-Satelliten hätten die chinesische Raumstation gefährdet. Die USA erklärten, wenn eine "signifikante Kollisionswahrscheinlichkeit" mit Chinas Raumstation bestanden hätte, hätten die USA China rechtzeitig benachrichtigt.
"Da die Aktivitäten nicht den Schwellenwert der etablierten Kriterien für Notfallkollisionen erreichten, waren in beiden Fällen keine Notfallbenachrichtigungen gerechtfertigt."
China geht jetzt noch einen Schritt weiter: Chinesische Militärforscher drohen damit, dass Musks Starlink-Satelliten zerstört werden müssten.
Das Problem scheint jedoch nicht so sehr die Angst vor Kollisionen zu sein. Peking glaubt, Starlink könnte für militärische Zwecke genutzt werden und würde Chinas nationale Sicherheit bedrohen.
Fünf hochrangige Wissenschaftler der chinesischen Verteidigungsindustrie unter der Leitung von Ren Yuanzhen schrieben kürzlich, dass "eine Kombination aus Soft- und Hard-Kill-Methoden angewandt werden sollte, um einige Starlink-Satelliten ihrer Funktionen zu berauben und das Betriebssystem der Konstellation zu zerstören". Ren ist Forscher des Pekinger Instituts für Ortung und Telekommunikation, das der Strategischen Unterstützungseinheit der Volksbefreiungsarmee (PLA) untersteht.
Soft-Kill-Methoden zielen auf die Software und die Betriebssysteme der Satelliten ab. Hard-Kill-Methoden zerstören die Satelliten physisch, beispielsweise durch den Einsatz einer ASAT-Waffe.
Den Wissenschaftlern zufolge sollte China "konsequent Maßnahmen" gegen Starlink entwickeln, da solche Fähigkeiten für das Land notwendig sind, "um im harten Weltraumspiel Vorteile zu erhalten und zu erlangen".
Es überrascht nicht, dass China eifrig Elon Musks SpaceX kopiert hat, um seine eigenen Weltraumambitionen zu verwirklichen. Die im Sommer 2019 gestartete chinesische Rakete Langer Marsch 2C hatte beispielsweise Teile, die "praktisch identisch" mit denen waren, die zur Steuerung der SpaceX Falcon 9-Rakete verwendet werden.
China ist jedoch nicht der einzige staatliche Akteur, der ein Interesse daran hat, die Starlink-Satelliten von Musk zu stören. Auch Russland hat versucht, den Internetdienst von Starlink in der Ukraine zu stören. Moskau ist damit gescheitert. "Starlink hat den russischen Cyberwar-Störungs- und Hacking-Versuchen bisher widerstanden, aber sie verstärken ihre Bemühungen", schrieb Musk im Mai auf Twitter.
Starlink ist für Russland ein Problem, denn Musks Satelliten haben es der Ukraine ermöglicht, mit dem Internet – und somit dem Rest der Welt – verbunden zu bleiben.
Musk begann Ende Februar auf Wunsch ukrainischer Regierungsvertreter mit der Entsendung von Starlink-Terminals in die Ukraine – für den Fall, dass Russland den Internetzugang kappen will. Einem US-General zufolge hat der Einsatz von Starlink in der Ukraine Putins Versuche, das Land zu isolieren, zunichtegemacht.
"Die strategische Auswirkung ist, dass es Putins Informationskampagne völlig zerstört hat", sagte Brigadegeneral Steve Butow, Direktor des Weltraumportfolios bei der Verteidigungsabteilung (Defense Innovation Unit). "Bis heute ist es ihm nicht gelungen, [Wolodymyr] Selenskyj zum Schweigen zu bringen."
"Wir haben mehr als 11.000 Starlink-Stationen, die uns in unserem täglichen Kampf an allen Fronten helfen", sagte Mykhailo Fedorov, Vizepremierminister der Ukraine, gegenüber "Politico".
"Wir sind bereit, selbst wenn es kein Licht oder kein festes Internet gibt, durch Generatoren, die Starlink nutzen, jede Verbindung in der Ukraine zu erneuern."
Chinas Drohungen gegen Musks Starlink sind ein weiterer Beweis dafür, dass das Land nicht bereit ist, sich von irgendjemandem in seinem "erbitterten Weltraumspiel", wie China es ausdrückt, behindern zu lassen. General David Thompson, der erste stellvertretende Leiter für Weltraumoperationen der US Space Force, redete die Bedrohung des Westens durch die Kommunistische Partei Chinas klein, indem er sie lediglich als einen "Schattenkrieg" bezeichnete.
In diesem "Weltraumkrieg" führt China – und in etwas geringerem Maße auch Russland – täglich Angriffe auf US-Satelliten mit Lasern, Störsendern und Cyber-Attacken durch. Die Angriffe sind zwar vorerst "umkehrbar". Das heißt, der Schaden an den angegriffenen Satelliten ist nicht dauerhaft, aber sie zeigen die bösartigen Absichten Pekings.
"Die Bedrohungen nehmen wirklich zu und werden jeden Tag größer. Es handelt sich um eine Weiterentwicklung von Aktivitäten, die schon seit Langem stattfinden", sagte Thompson im November 2021.
"Wir sind jetzt wirklich an einem Punkt angelangt, an dem es eine ganze Reihe von Möglichkeiten gibt, wie unsere Raumfahrtsysteme bedroht werden können."
Zusätzlich zu seinem "erbitterten Spiel im Weltraum" treibt China eine Reihe von Projekten voran, die die Raumfahrtkapazitäten des Landes erheblich beschleunigen werden.
China hat Berichten zufolge sein Programm zum Start eines Solarkraftwerks im Weltraum beschleunigt. Die Anlage soll Strom zur Erde übertragen, indem sie Sonnenenergie in Mikrowellen oder Laser umwandelt und die Energie zur Erde leitet, berichtet die "South China Morning Post".
Der erste Start ist für 2028 geplant und wird das weltweit erste derartige Projekt im Weltraum sein. Es ist wahrscheinlich, dass China die Idee von den USA übernommen hat. Die NASA hat Berichten zufolge vor mehr als zwei Jahrzehnten einen ähnlichen Plan vorgeschlagen, ihn aber nie weiter entwickelt.
China hat kürzlich seine dritte bemannte Mission zum Tianhe-Modul der Tiangong-Raumstation geschickt. Dort werden drei Astronauten an der Fertigstellung der Raumstation arbeiten, bevor sie im Dezember zur Erde zurückkehren. Das erste Modul der Tiangong-Raumstation wurde erst im April 2021 in Betrieb genommen, Peking rechnet aber damit, dass die Raumstation bis Ende des Jahres vollständig bemannt und einsatzbereit sein wird. Danach soll sie über zwei weitere wissenschaftliche Labormodule und ein Roboter-Frachtschiff verfügen.
Die Raumstation wird China auch dabei helfen, sein neues Weltraumteleskop Xuntian zu installieren und zu betreiben, das "mit einem 300-mal größeren Sichtfeld und einer ähnlichen Auflösung mit dem alternden Hubble-Weltraumteleskop der NASA konkurrieren soll. Es wird Beobachtungen im ultravioletten und sichtbaren Licht machen und Untersuchungen zur dunklen Materie und dunklen Energie, zur Kosmologie, zur galaktischen Entwicklung und zur Entdeckung von Objekten in der Nähe durchführen." Der Start von Xuntian ist für das Jahr 2024 geplant.
Chinas ausdrückliches Ziel ist es, bis 2045 die führende Weltraummacht zu werden. Es ist wichtig, sich vor Augen zu halten, dass Chinas Raumfahrtprogramm – selbst die scheinbar harmlosen zivilen Aspekte der Weltraumforschung – stark militarisiert ist.
Die für Chinas bemanntes Raumfahrtprogramm zuständige Organisation ist beispielsweise das China Manned Space Engineering Office, das der Abteilung für Ausrüstungsentwicklung der Zentralen Militärkommission Chinas unterstellt ist. Gleichzeitig betreibt die Volksbefreiungsarmee Chinas selbst Weltraumstartanlagen, Kontrollzentren und viele der chinesischen Satelliten.