Nach den Ortswahlen im Westjordanland am 20. Oktober haben Fatah-Führer rasch ihren Sieg verkündet. Doch das Ergebnis für 93 Stadt- und Dorfräte zeigt, dass diese Wahl alles andere als ein Sieg war.
Freilich hat die Fatah in einigen Städten und Dörfern die Mehrheit der Sitze für sich gewonnen. Dabei handelt es sich aber nicht um die gleiche Fatah, die Unterstützung von PA-Präsident Mahmud Abbas und der Fatah-Fraktion der alten Garde unterstützt wurde.
Bei der Wahl, die von der Hamas boykottiert wurde, traten hauptsächlich altgediente Mitglieder aus Abbas' Fatah-Führung gegen Fatah-Kandidaten an, die sich als Unabhängige zur Wahl stellten.
Am Ende erzielten die Fatah "Rebellen" bedeutende Siege in wichtigen Städten wie Jenin, Nablus und Ramallah sowie vielen Dörfern. Bis zur letzten Minute hatten Abbas und seine altgediente Fatah-Führung vergeblich versucht, die verärgerten Mitglieder seiner Fraktion davon abzuhalten, als Unabhängige bei der Wahl anzutreten.
Das Fatah-Zentralkomitee, das von Abbas Getreuen dominiert wird, entschied später, alle Fatah-Kandidaten auszuschliessen, die darauf bestanden, sich separat in der Wahl aufzustellen.
Die Wahlergebnisse zeigen, dass viele der entlassenen Fatah-Kandidaten bedeutsame Siege erzielten. Sie siegten über jene, die sie zuvor ausgeschlossen hatten: Abbas und die Fatah-Führung der alten Garde.
In den Orten, in denen Fatah-Kandidaten gewannen, erfolgte die Wahl auf Grundlage der Stammeszugehörigkeit. Viele Palästinenser wählten die Fatah-Kandidaten von Abbas, nicht weil sie mit der alten Fatah-Führung zufrieden sind, sondern schlicht, weil der Kandidat ihrem Klan angehörte.
Vielleicht weitaus beunruhigender für Abbas ist die Tatsache, dass eine grosse Anzahl seiner Polizisten und Sicherheitsoffiziere für die andersdenkenden Fatah-Kandidaten gestimmt haben, die gegen die von der PA nominierten angetreten sind. Ferner wird die niedrige Wahlbeteiligung in vielen Städten und Dörfern als Zeichen der Gleichgültigkeit seitens der Palästinenser im Westjordanland verstanden. Palästinensische Wahlanalytiker sind überzeugt, dass die Wahlbeteiligung höher ausgefallen wäre, hätte die Hamas an der Wahl teilgenommen und dass die islamistische Bewegung in dem Fall mühelos die geteilte Fatah besiegt hätte.
Die niedrige Wahlbeteiligung und der Erfolg der Fatah-Rebellen sollten als Wahl des Misstrauens in Abbas und die alte Führung seiner herrschenden Fraktion verstanden werden.
Über Jahrzehnte haben Abbas und seine altgedienten und getreuen Fatah-Mitglieder den Aufstieg von frischen und jüngeren Führungspersonen abgeblockt. Damit nahm die Glaubwürdigkeit der Fatah ernsthaften Schaden. Das Versäumnis die Fatah zu reformieren und korrupte Beamte zu entlassen, hat viele Palästinenser ebenfalls von Abbas und seinen Treuergebenen entfremdet.
Abbas Amtszeit lief im Januar 2009 aus. Das hat ihn aber nicht davon abgehalten, sich an seine Macht zu klammern. Nach den Ortswahlen ist es offenkundig geworden, dass Abbas – sogar von seiner eigenen Fraktion – kein Mandat mehr hat, um irgendeinen bedeutenden politischen Schritt zu machen, wie beispielsweise einen Friedensvertrag mit Israel zu unterzeichnen oder einen Antrag in der UN auf palästinensische Eigenstaatlichkeit zu stellen.
Statt im November nach New York zu fahren und die palästinensische Mitgliedschaft zu beantragen, sollte Abbas besser in Ramallah bleiben und auf die Wiedervereinigung und Reformierung der Fatah hinarbeiten, bevor seine politischen Rivalen ihn und seine altgedienten Getreuen aus dem Amt jagen.