Die Palästinensische Autonomiebehörde PA hat ihre Sicherheitsrazzien gegen palästinensische Journalisten und Blogger im Westjordanland wieder aufgenommen. Doch bisher entzündete dieses Vorgehen nur Proteste palästinensischer Journalisten.
Westliche Regierungen, die die PA finanzieren, verschliessen weiterhin ihre Augen vor den Verletzungen der Meinungsfreiheit im Westjordanland. Und auch internationale Menschenrechtsorganisationen und Gruppen ignorieren weiterhin die Verletzungen der Meinungsfreiheit unter der PA, obwohl sie behaupten, die Pressefreiheit zu verteidigen. Sie haben nur Augen für das, was die israelischen Behörden machen. Doch auf der Seite der PA im Westjordanland oder der Hamas im Gazastreifen, können sie nichts "Böses" sehen. Sie wissen um die Übergriffe auf palästinensische Journalisten seitens palästinensischer Sicherheitskräfte, doch entscheiden sich, den Kopf in den Sand zu stecken. Es ist einfacher und auch sicherer, Israel zu kritisieren, statt die PA oder die Hamas.
Für westliche Regierungen gilt, dass solange die PA-Führung davon spricht, sie sei dem Friedensprozess mit Israel verpflichtet, ihre Politiker frei sind, im Stile einer Diktatur zu regieren. Westliche Diplomaten in Ramallah sagen, dass sie sich der antidemokratischen Massnahmen der PA bewusst sind. Doch handele es sich bei diesen Massnahmen um "interne palästinensische Angelegenheiten", die die internationale Gemeinschaft nichts angingen.
Das Schweigen der internationalen Gemeinschaft veranlasste palästinensische Journalisten zu verkünden, das sie genug hätten und die Zeit gekommen sei, öffentlich gegen die Razzien aufzubegehren. Viele Journalisten prostierten ausserhalb des PA-Hauptquartiers in Ramallah gegen Verhaftungen und Übergriffe gegen ihre Berufskollegen seitens palästinensischer Sicherheitskräfte. Die Journalisten forderten ein Ende der Verfolgung palästinensischer Journalisten und hielten Banner hoch mit der Aufschrift "Wo ist die Pressefreiheit?" und "Nein zu Unterdrückung und Inhaftierung von Journalisten."
An dieser Demonstration, die beinahe völlig von westlichen Medienkanälen, die im Westjordanland tätig sind, ignoriert wurde, kam es zu Vorfällen, bei denen Journalisten von palästinensischen Sicherheitskräften verhaftet worden waren.
Anfang November führten palästinensische Polizisten eine Razzia im Haus on George Canawati, Direktor von Bethlehem Radio 2000, durch und verhafteten ihn. Augenzeugen beschrieben seine Verhaftung als gewaltsam. Canawati ist Christ und kommt aus Beit Sahour nahe Bethlehem. Er wurde wegen "Beleidigung" angeklagt, weil er in seinem wöchentlichen Radioprogramm den Kommandanten der Bethlehem Polizei Oberst Omar Shalabi kritisierte. Am nächsten Tag erschien Canawati bei Gericht mit einem schwarzen Auge und zerrissenen Shirt. Er soll gesagt haben, dass die Vernehmungsbeamten ihn vor und während des Verhörs physisch angegriffen haben.
Einen Tag vor der Demonstration verhafteten palästinensische Sicherheitsbeamte Sami al-Saee, Reporter der Wattan Nachrichtenplattform in Tulkarem im Westjordanland. Die PA gab keine Gründe für al-Saees Verhaftung an.
Stunden nach dem Protest in Ramallah führten palästinensische Sicherheitsbeamte eine Razzia im Haus der Journalistin und Bloggerin Esmat Abdel Khalek durch und konfiszierten Dokumente und ihren Laptop. Abdel Khalek, die an einer Universität im Westjordanland Journalismus unterrichtet, wurde bereits im vergangenen Jahr wegen Verdachts kritische Kommentare über PA-Präsident Abbas auf ihrer FB-Seite zu posten, verhaftet.
Für die jüngste Razzia ihres Hauses in Ramallah wurden keine Gründe angegeben; von palästinensischen Journalisten heisst es, dass sie mit ihrer kontinuierlichen Kritik an der PA-Führung in Zusammenhang stehen könnte.
"Es ist gefährlich und eine Schande, dass wir palästinensischen Journalisten von unserer PA verhaftet und eingeschüchtert werden", schrieb eine Gruppe palästinensischer Journalisten in einem Brief an ihren Ministerpräsidenten Rami Hamdallah. "Wir verlangen eine Untersuchung der Verhaftung und Erniedrigung von George Canawati, sowie des Arrests von Sami al-Saee für mehr als 12 Stunden in Tulkarem."
Offenbar will die Palästinensische Autonomiebehörde nicht, dass Journalisten über Themen berichten, die ihre Anführer in negativer Weise abbilden könnten – möglicherweise ist das der Grund, warum Kritik an PA-Führern oftmals von der PA als "Verrat" angeprangert wird. Das letzte harte Vorgehen gegen Medien soll Journalisten davor abschrecken, die palästinensische Führung zu kritisieren; in den Augen der PA soll ein Journalist als Sprecher seines Präsidenten und Regierung dienen.
Die Palästinensische Autonomiebehörde will offenbar ebenfalls nicht, dass die Aussenwelt, allen voran die internationalen Geldgeber, über Korruption und Verletzungen der Pressefreiheit erfahren. Sie will, dass sich Kritik einzig und alleine gegen Israel richtet in der Hoffnung, dass es internationalen Druck auf die Israelis auslöst und sie dazu zwingt, alle Forderungen von Abbas am Verhandlungstisch anzunehmen.