Bis vor kurzem schienen die unterirdischen Tunnels, die den Gazastreifen mit Ägypten verbinden, die Ägypter nicht zu belästigen.
Die Dutzende von Tunnels, die lange Zeit benutzt wurden, um Waffen, Alltagsgüter, Benzin und Terroristen in den Gazastreifen zu schmuggeln, waren in Ordnung, solange sie keinen Bedrohung für die nationale Sicherheit und die Interessen Ägypten darstellten.
Die Waffen, die in den von der Hamas kontrollierten Gazastreifen geschmuggelt wurden, wurden gegen Israel eingesetzt, nicht gegen Ägypten.
Aus diesem Grund drückten die ägyptischen Behörden angesichts der Aktivitäten entlang der gemeinsamen Grenze mit dem Gazastreifen lange Zeit ein Auge zu. Diese Politik begann nicht mit der Machtübernahme vom Muslimbruderschafts-Kandidaten Mohamed Morsi im Juni.
Auch unter dem gestürzten Präsidenten Hosni Mubarak zogen es die ägyptischen Behörden vor, ihren Kopf in den Sand zu stecken und zu behaupten, an der Front zum Gazastreifen sei alles ruhig.
Wie sollten die Ägypter beunruhigt sein, wenn die Waffen nur in eine Richtung geschmuggelt wurden – vom Sinai in den Gazastreifen?
Und wieso sollte auch nur ein Ägypter in Sorge sein, solange die geschmuggelten Raketen, Geschosse und Mörsergranaten nur in Richtung Israel abgefeuert wurden?
Jedes Mal, wenn die Hamas oder eine andere Terrorgruppe einen Angriff gegen Israel startete, machten viele Ägypter keinen Hehl aus ihrem Jubel. Die meisten verteidigten das Recht der Palästinenser auf "Widerstands-Attacken" gegen Israel.
Die ägyptische Heuchelei erreichte immer dann ihren Höhepunkt, wenn die israelischen Luftangriffe gegen die unterirdischen Tunnels und Terrorgruppen im Gazastreifen öffentlich kritisiert wurden.
Die Ägypter waren jeweils die ersten, die Israel verurteilten, wenn es gegen Terroristen, die Raketen und Geschosse auf israelische Städte und Gemeinde feuerten, zurückschlug.
Am 5. August aber setzten die ägyptischen Sicherheitskräfte Militärhubschrauber, Panzer und gepanzerte Fahrzeuge ein, um Dutzende von Terroristen im Sinai zu jagen und zu töten. Die ägyptische Offensive war die Antwort auf die Tötung von 16 Grenzwächtern durch die Hand von muslimischen Terroristen im Sinai.
Jetzt bezahlen die Ägypter einen hohen Preis für ihre Heuchelei und ihr Unvermögen, die Gefahr durch extremistisch-islamistische Gruppierungen zu erkennen.
Die Attacke auf die ägyptische Militärbasis Anfang August war offenbar ein Weckruf für viele Ägypter. Die Ägypter lernen endlich, dass Terrorismus ein zweischneidiges Schwert ist und dass jene, die Terroraktivitäten gutheissen eines Tages selber im Visier derselben Terroristen wiederfinden.
Diese Lektion gilt nicht für Ägypten, sondern auch andere arabische Länder wie Saudi-Arabien, Syrien, Libanon und Libyen, die Terrorismus, entweder direkt oder indirekt, ebenfalls guthiessen. Diese Länder lernen nun auf die harte Tour, was Terrorismus wirklich ist.
Es wird Wochen, wenn nicht Monate dauern, bis die Ägypter die Kontrolle über den Sinai zurückgewinnen und alle auf der Halbinsel operierenden Terrorzellen ausschalten. Das rigorose Durchgreifen wird nur dann Erfolg bringen, wenn die Ägypter an ihrem Versuch festhalten, den Sinai von allen Terrorgruppen zu säubern.
Sollten die ägyptischen Behörden allerdings schon in kurzer Zeit ermüden und sich dafür entscheiden, wieder einzuschlafen, dann werden sie eines Morgens aufwachen und feststellen, dass der Sinai und der Gazastreifen fusionierten, um gemeinsam ein islamisches Terror-Emirat zu bilden.