Das sich anbahnende Abkommen mit dem Iran bedeutet nichts Gutes.
In den vergangenen Monaten äußerten Vertreter des israelischen Sicherheitsapparats in privaten Gesprächen bereits ihre Besorgnis über die Vereinbarung, die die Obama-Administration und das iranische Regime im Begriff sind auszuhandeln.
Kreise im Verteidigungsministerium, die mit der komplexen, von Irans Streben nach Atomwaffen ausgehenden Bedrohung vertraut sind, sind darum bemüht, politische Stellungnahmen zu vermeiden, und erklären statt dessen ohne Umschweife, warum das Abkommen, in der Form, wie es sich abzeichnet, eine riesige Gefahr darstellt – für die Sicherheit Israels ebenso wie derjenigen anderer Staaten des Nahen Ostens, die den hegemonialen Bestrebungen des Iran im Wege stehen.
Lässt man die vielen technischen Einzelheiten, die Teil des Gesamtbilds von Iran Atomaktivitäten sind, einmal außen vor, dann ist das wesentliche Problem dieses möglichen Abkommens, dass es dem Iran gestatten würde, eine größere Menge Uran anzureichern – eine Fähigkeit, die es ihm erlaubt, in relativ kurzer Zeit mit der Herstellung von Atomwaffen zu beginnen.
Der Zweck eines Vertrags aber sollte es sein, es dem Iran schwerer zu machen, Atomwaffen zu entwickeln. Israel lehnt nicht die Idee eines Abkommens überhaupt ab, sondern lediglich jenes bestimmte, das offenbar derzeit in den diplomatischen Gesprächen diskutiert wird.
Die Stärke oder Schwäche jedes Abkommens hängt davon ab, wie viel Zeit den USA oder Israel für eine Reaktion bleiben würde, falls der Iran das Abkommen bricht. Eine Übereinkunft, die für Israel akzeptabel ist, ist eine, die Jerusalem genügend Zeit für den Fall gibt, dass der Iran vertragsbrüchig wird.
Nach den Bedingungen, die der derzeitigen Vereinbarung zugrunde zu liegen scheinen, wäre die Zeit jedoch nicht ausreichend – was bedeutet, dass Israel sich nicht von dem Abkommen gebunden fühlen müsste.
Laut Informationen, die von den Gesprächen nach außen gedrungen sind, wird die im Raum stehende Übereinkunft einen großen Teil von Irans bekannten Zentrifugen zur Urananreicherung intakt lassen.
Für Israel steckt in dieser ungünstigen Entwicklung die Möglichkeit, dass eine kritische Bedrohung von strategischer Bedeutung sich zu einer existenziellen auswächst. Ein solches Abkommen gäbe der iranischen Atomindustrie international grünes Licht, böte aber keinerlei Gewähr, dass dieselbe Infrastruktur nicht später dazu genutzt würde, den Iran in kurzer Zeit in die Lage zu katapultieren, Atomwaffen herstellen zu können.
Es sieht derzeit ganz danach aus, dass sowohl Teheran als auch Washington ein Abkommen wollen; der Iran möchte sich von den Wirtschaftssanktionen befreien, deren Auswirkungen dazu beigetragen haben, ihn an den Verhandlungstisch zu bringen; und Präsident Barack Obama scheint darauf aus zu sein, ein Erbe internationaler Diplomatie zu hinterlassen, einen Mechanismus, der Konflikte löst.
Doch die Vorstellung, dass der Iran von seinem Ziel, Atomwaffen zu besitzen, ablassen könnte, oder dass er einen Vertrag mit lockeren Bedingungen als irgendetwas anderes betrachten könnte denn als eine Pause auf dem Weg zur Atombombe, entspricht einfach nicht der Wirklichkeit.
Irans Oberster Führer Ajatollah Khamenei hält unbeirrt an der Idee eines die Region beherrschenden iranisch-schiitischen Imperiums fest. Der Iran und sein Netzwerk von hochgerüsteten Handlangern – die im Irak, im Jemen, im Libanon und in Syrien aktiv sind und dabei sind, viele weitere Länder zu unterwandern – hat die eskalierenden Konflikte befeuert und bereits einen unübersehbaren Beitrag dazu geleistet, dass der Nahe Osten heute so gefährlich instabil ist. Der Iran scheint darauf zu setzen, dass seine Stellvertreter eines Tages seine Agenda der Expansion unter dem Schirm von Atomwaffen in die Wirklichkeit werden umsetzen können.
Gleichzeitig aber sieht Khamenei wohl die vielen Hindernisse, die den Iran derzeit noch von Atomkapazitäten trennen. Dazu gehören (laut internationalen Medienberichten) eine Reihe von verdeckten Operationen, die Irans nuklearen Fortschritt verzögert haben; internationale Wirtschaftssanktionen; und die glaubhafte Androhung militärischer Gewalt von Seiten Israels.
Die Folge ist, dass der Iran offenbar bislang kurz vor dem Erreichen der Phase der Produktion von Atomwaffen gestoppt hat.
Nicht gestoppt hat er hingegen die Urananreicherung im großen Stil. Die Zentrifugen laufen weiter, und ihre Zahl wächst und wächst. Die Erforschung und Entwicklung von neueren, effizienteren Zentrifugen schreitet rasch voran. Mit beunruhigender Geschwindigkeit wächst mithin Irans Fähigkeit, Uran anzureichern. Auch die Anlage in Arak, die dazu genutzt werden kann, Plutonium herzustellen – als den alternativen Weg zu Atomwaffen – bleibt aktiv.
Im Schwerwasserreaktor im iranischen Arak kann auch Plutonium hergestellt werden. (Foto: Wikimedia Commons) |
Der Iran muss sich nun entscheiden, ob er sein Atomprogramm verlangsamen soll, um im Gegenzug eine Lockerung der Sanktionen zu erreichen. Sollten sich die Berichte über die großzügigen Bedingungen des von der Obama-Administration angebotenen Abkommens als wahr erweisen, wird der Iran wohl kaum der Verlockung widerstehen, einen Vertrag zu unterschreiben, der ihn weiter im Besitz jener Komponenten lässt, die notwendig sind, um – zu einem Zeitpunkt seiner Wahl – einen zügigen Durchbruch zur Phase der Atomwaffenproduktion zu erzielen.
In der Zwischenzeit entwickelt der Iran auch sein Arsenal ballistischer Raketen weiter, die als Träger für nukleare Sprengköpfe benutzt werden können. Er besitzt bereits gut 400 ballistische Raketen, die Israel treffen können, und arbeitet daran, Raketen mit Feststoffantrieb zu entwickeln, die eine noch größere Reichweite von 2.000 bis 2.500 km haben.
Darüber hinaus vergrößert der Iran sein Netzwerk regionaler Stellvertreter. Die Hisbollah im Südlibanon ist die am stärksten bewaffnete Terrorgruppe der Welt, mit einem Arsenal von über 100.000 auf Israel gerichteten Raketen. Viele davon – darunter auch Lenkwaffen – werden auf Bestellung der Hisbollah in der iranischen Waffenindustrie produziert und über ein internationales Waffennetzwerk, das von der Al-Quds-Einheit der Revolutionsgarden kontrolliert wird, in den Libanon geschmuggelt.
Mit der Hilfe des Iran hat die Hisbollah in jüngster Zeit in den Süden Syriens expandiert und strebt danach, dort eine zweite Basis zu errichten, von der aus sie Israel bedrohen kann.
Derweil verstärkt der Iran seine Kontrolle über das Regime des syrischen Präsidenten Bashar Assad in Damaskus; dessen Überleben hängt mittlerweile völlig vom Iran ab.
Auch Irans Hegemonie über das schiitische Regime im Irak ist in den letzten Monaten noch einmal dramatisch gewachsen, da Bagdad den Iran benötigt, um sich gegen den (sunnitischen) "Islamischen Staat" zur Wehr zu setzen.
Der Iran kontrolliert ferner die jemenitische Hauptstadt Sana'a, nachdem die von ihm unterstützten Houthi-Rebellen dort einmarschiert sind. Die Houthis können nun den Bab-al-Mandab bedrohen, eine strategisch wichtige Wasserstraße, durch die vier Prozent des weltweit täglich produzierten Öls transportiert werden.
Mit Beirut, Damaskus, Bagdad und Sana'a kontrolliere der Iran vier arabische Hauptstädte, prahlen iranische Offizielle unverhohlen.
Diese Entwicklungen und der sich abzeichnende Atomdeal beunruhigen nicht nur Israel. Ägypten, Saudi-Arabien und die kleineren Golfstaaten sind gleichermaßen alarmiert – wenn nicht noch mehr.
Währenddessen rückt die Hamas, die sich vom letzten Krieg gegen Israel erholt, zurück in den iranischen Orbit. Der Palästinensische Islamische Dschihad war ohnehin immer eine iranische Marionette.
Khamenei hat offen erklärt, dass er beabsichtigt, palästinensische Terrorgruppen im Westjordanland zu bewaffnen.
Zusammengenommen bedeuten all diese Entwicklungen, dass ein "schlechter" Atomdeal – einer, der es dem Iran erlaubt, einen substanziellen Teil seiner Infrastruktur zur Urananreicherung zu behalten – nicht nur den Status des Iran als einem Land an der Schwelle zur Atommacht zementieren, sondern auch seinem Streben nach Vergrößerung seines Einflusses im Nahen Osten und darüber hinaus weiteren Antrieb geben würde.