Während die US-Administration und die internationale Gemeinschaft weiterhin eine Zweistaaten-Lösung zwischen Israel und den Palästinensern puschen, scheint die Hamas an der Gründung eines unabhängigen eigenen Staates im Gazastreifen zu arbeiten. In den letzten Wochen tauchten in einer Reihe arabischer und westlicher Medien Berichte auf, die besagen, dass Hamas-Führer die Entscheidung getroffen haben ein "Hohen Rat" zur Leitung der Angelegenheiten des Gazastreifens zu gründen.
Obwohl Hamas-Sprecher die Berichte bestritten, sagten der islamistischen Bewegung nahe stehende Quellen, dass Diskussionen mit Repräsentanten anderer Palästinensergruppen im Gazastreifen stattfinden, den "hohen Rat" einzurichten. Die Quellen sagten, die Entscheidung kam, nachdem die Hamas die Idee einer "nationale Aussöhnung" mit Mahmud Abbas' rivalisierender Fatah-Fraktion zu erzielen aufgab.
Abbas und die Fatah betrachten Gespräche über einen "hohen Rat" als Zeichen der Absicht der Hamas ihren Plan zur Gründung eines Palästinenserstaats im Gazastreifen in Angriff zu nehmen. Sie sehen in dem behaupteten Plan einen "schweren Schlag" für die Zweistaaten-Lösung und die Einheit unter den Palästinensern.
Mahmud Zahar, ein führender Hamas-Leiter, bestätigte letzte Woche, dass seine Bewegung darauf hinarbeitete aus dem Gazastreifen einen unabhängigen Staat zu machen. "Es ist nichts falsch oder schändlich daran, die derzeitige Lage im Gazastreifen als eine Souveränität oder Verwaltung zu bezeichnen", sagte Zahar. "Wenn wir im Gazastreifen oder irgendeinem Teil Palästinas ein Emirat oder einen Staat gründen, würde das nicht bedeuten, dass wir bereit sind auch nur einen Zentimeter Palästinas aufzugeben."
Später erklärte er, dass Abbas' Fatah, die die Westbank kontrolliert, von der vorgeschlagenen Verwaltung des Gazastreifens "wegen ihrer Absprache mit der israelischen Besatzung" ausgeschlossen würde.
Zahars Äußerung erfolgte unter steigenden Spannungen zwischen der Hamas und der von der Fatah beherrschten palästinensischen Autonomiebehörde.
Der hochrangige Hamas-Führer Mahmud Zahar wird in einem Fernsehclip vom August 2014 gezeigt, wie er auf einer Hamas-Kundgebung zur Feier ihrer Anschläge gegen Israel während der Operation Fels in der Brandung im letzten Sommer spricht. (Bildquelle: Screenshot eines MEMRI-Videos) |
Während der letzten Wochen intensivierten die Hamas-Führer ihre Kritik an Abbas, der vor kurzem 80 Jahre alt wurde; sie forderten seine Entfernung aus der politischen Szene. Hamas-Führer ließen auch die Gelegenheit nicht aus jeden daran zu erinnern, dass Abbas nicht länger legitimer Präsident ist, weil seine Amtszeit im Januar 2009 auslief. Salah Bardawil, ein weiterer offizieller Hamas-Vertreter, sagte, Abbas handle, als sei er ein Diktator, "der in einem Zustand persönlicher Uneinsichtigkeit und völliger Weigerung die Macht zu teilen".
Die Angriffe der Hamas auf Abbas werden von einigen Palästinensern als Teil ihrer Bemühungen zur Vorbereitung der Gründung einer separaten Einheit im Gazastreifen betrachtet. Heute ist offensichtlich geworden, dass das Gerede von "nationaler Versöhnung" und "Einheit" zwischen Hamas und Fatah nicht ernst ist.
Vertreter von Hamas und Fatah stimmen darin überein, dass die Spaltung zwischen der Westbank und dem Gazastreifen wahrscheinlich noch viele Jahre bestehen bleibt.
Abbas' wiederholte Äußerungen, dass es keinen Palästinenserstaat ohne den Gazastreifen geben wird, spiegeln nichts außer Wunschdenken seinerseits. Tief im Inneren weiß Abbas, dass die Hamas ihm nicht gestatten wird den Gazastreifen zu betreten oder dort ein Regierungsgremium einzurichten.
Abbas und die PA suchen weiter die Hilfe und Unterstützung der Welt bei der Gründung eines unabhängigen Palästinenserstaats in der Westbank, dem Gazastreifen und Ostjerusalem. Doch sie erzählen der Welt nicht, wie genau sie vorhaben dieses Ziel zu erreichen und das zu einer Zeit, in der die Hamas ihren Griff auf den Gazastreifen festigt und Pläne schmiedet, aus ihm einen separaten Staat zu machen.
Palästinensische politische Analysten glauben, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bevor die Hamas Erfolg damit hat ihren Plan zu vollenden, aus dem Gazastreifen einen unabhängigen Staat zu machen. "Die Diskussion dreht sich nicht länger darum, ob es einen Abtrennungsplan für den Gazastreifen gibt, sondern wann und wie er umgesetzt wird", sagte Hassan Asfour, ein ehemaliger PA-Minister, der der Fatah nahe steht. "Es ist die Pflicht der PA-Führung zu sagen, was sie tun will, um diesen Plan zu durchkreuzen."
An den PA-Präsidenten gerichtet fügte Asfour hinzu: "Herr Mahmud Abbas, es reicht nicht im Fernsehen über den Abtrennungsplan [der Hamas] zu reden. Überlegen Sie, wie man ihn vereitelt. Sonst wird niemand sagen, dass die Hamas den Gazastreifen 'kaperte'; stattdessen wird jeder davon reden, dass die PA-Führung den Gazastreifen im Stich ließ."
Wenn und wann die Hamas ihren Plan umsetzt und ihren eigenen souveränen Staat im Gazastreifen gründet, wird die internationale Gemeinschaft - in erster Linie die USA und die EU - sich damit abfinden müssen, dass die Zweistaaten-Lösung letzten Endes verwirklicht worden ist; die Palästinenser sind landeten bei zwei eigenen Staaten - einem islamistischen Emirat im Gazastreifen und einem von der PLO kontrollierten Staat in der Westbank.
Die Amerikaner und Europäer werden auch sehr sorgfältig dem zuhören müssen, was die Hamas sagt: nämlich dass ein Palästinenserstaat in der Westbank oder dem Gazastreifen oder jeglichem Teil der Palästinensergebiete ihren Kampf zur Vernichtung Israels und seiner Ersetzung durch einen Staat Großpalästina nicht beenden würde.