Wir sprechen hier nicht von der trostlosen Art muslimischer Kleidung in Raqqa oder Kabul, sondern von einem globalen Markt, der ein verwestlichtes, farbenfrohes, angeblich freudiges islamisches Unternehmen ist.
Zuerst war es eine muslimische Frau, die im Playboy einen Hijab trug. Dann gab Nike einen "Performance-Hijab" für Athleten heraus. Im vergangenen Frühjahr eröffnete Aab, einer der weltweit führenden islamischen Bekleidungshändler, pünktlich zur jährlichen London Fashion Week seine erste Boutique in London. Die Vogue Arabia veröffentlichte ihre erste Printausgabe. Letzten Monat enthüllte Mattel, sozusagen, die weltweit erste Hijab-tragende Barbie-Puppe, die offenbar Teil einer neuen Serie ist, die Frauen gewidmet ist, die "soziale Barrieren durchbrechen".
Ein konformistisches und "integratives" Establishment, das nach Profit strebt, hat den islamischen Schleier zu einem vermeintlich neuen Symbol für Freiheit und Mode gemacht. Islamisten haben diese Psychologie unter den westlichen Eliten verstanden, die fürchterliche Angst davor haben, der "Islamophobie" beschuldigt zu werden. Auf diese Weise wurde die islamistische Frauenfeindlichkeit in ein globales Gewand gekleidet. Nehmen Sie eine aktuelle Vogue-Ankündigung:
"Dolce & Gabbana produziert eine Kollektion von Hijabs und Abayas [saudi-arabische Frauenbedeckung in voller Länge], die sich an muslimische Kunden im Nahen Osten richtet. Für muslimische Frauen mit Vorliebe für Luxusmode ist diese Kollektion eine spannende Entwicklung".
Ein Modell, das einen Hijab und eine Ganzkörperbedeckung trägt, läuft auf der New Yorker Fashion Week am 14. Februar 2017 auf dem Laufsteg der Anniesa Hasibuan-Kollektion. (Foto von Neilson Barnard/Getty Images für Anniesa Hasibuan) |
Bedauerlicherweise sind Schleier und Abayas für die meisten Frauen im Nahen Osten keine "aufregende Entwicklung", sondern ein Zwang einer obskurantistischen Ideologie. Nach der Niederlage des islamischen Staates in Raqqa, Syrien, gingen viele Frauen auf die Straße, um ihre Schleier abzunehmen. Im vergangenen Juni hat man ähnliche Bilder gesehen, nachdem Raqqa zum ersten Mal von der islamistischen Diktatur befreit wurde. Frauen wurden dabei gefilmt, wie sie ihre Schleier verbrannten.
Islamisten haben große Mühe gehabt, Hijabs und Abayas ohne Einschüchterung und Gewalt durchzusetzen; das westliche Establishment scheint ihnen jedoch dabei zu helfen, erfolgreich zu sein und ihre Ideologie zu legitimieren, indem es diese Unterdrückungsinstrumente in ein Mainstream-Gewand umwandelt. Eine schwedische Delegation von 15 Beamten, die unter der Leitung des schwedischen Premierministers den Iran besuchte, umfasste beispielsweise elf Frauen, die im Iran "fast die ganze Zeit" islamische Kopftücher trugen. Dieses europäische Tempo, sich dem politischen Islam zu unterwerfen, zeigte sich auch in der beschämenden Verhüllung nackter Statuen in Rom während des Besuchs des iranischen Präsidenten Hassan Rouhani im Jahr 2016.
Das Kopftuch, auch wenn es aus freien Stücken getragen wird, definiert Frauen im Namen der Religion als verantwortlich für die Kontrolle sexueller Triebe bei Männern. Indem Frauen als "bescheiden" und "unbescheiden" eingestuft werden, ist es ein Zeichen der Unterwerfung unter islamistische Codes, die aus dem 7. Jahrhundert stammen. Selbst darauf hinzuweisen, dass dies in ihren eigenen Büchern wie dem Koran gesagt wird, gilt als "islamfeindlich".
Während die Modebranche damit beschäftigt ist, den politischen Islam zu beschwichtigen, leiden Frauen in vielen islamischen Ländern noch immer unter Gewalt und Einschüchterung durch das islamische Recht (Scharia). Die Frage der Frauenrechte - Auto fahren (jetzt endlich erlaubt in Saudi-Arabien); Fahrrad fahren (im Iran verboten); das Haus ohne Erlaubnis eines männlichen "Vormunds" verlassen; den gleichen "Wert" vor Gericht haben wie ein Mann; nicht geschlagen werden und so weiter - ist zum Standard für den Fortschritt in der islamischen Welt geworden.
In Indonesien wurde vor kurzem eine Frau wegen "Ehebruchs" öffentlich mit Stockhieben bestraft. Sie musste sich vor einer Menge von Zuschauern niederknien, wurde dann 100 Mal von einem maskierten Vollstrecker geprügelt und musste danach in ein Krankenhaus eingeliefert werden.
Unterdessen versucht The Independent in Großbritannien, einem Land, in dem einige dieser islamischen Mode-Events stattfinden, zu leugnen, dass muslimische Frauen in den Scharia-Gerichten, die in Großbritannien legal operieren, unter Missbrauch leiden. In Frankreich sind viele Cafés zu "No-Go-Zonen für Frauen" geworden. Die Unterwerfung von Frauen wird nicht nur in der islamischen Welt, sondern jetzt auch in Asien und im Westen durchgesetzt.
Nach Ansicht der französischen Philosophin Elisabeth Badinter hat die Auffassung, dass alle Kulturen gleichwertig sind, verbunden mit der Auffassung, dass es wichtig ist, die Unterschiede aller zu schützen, "dazu beigetragen, die Universalität der Menschenrechte in Frage zu stellen". Der Kulturrelativismus, auf dem diese Verherrlichung muslimischer Schleier beruht, sperrt Frauen in einen untergeordneten Zustand ein. Er verrät auch all jene muslimischen Frauen, die von einer Welt ohne religiöse Gebote träumen - wie z.B. die obligatorische Jungfräulichkeit und alleinige Ehrenträgerin einer ganzen Familie oder eines Clans zu sein - und er verrät jene Frauen, die sich nach einer Welt sehnen, in der jeder Mann und jede Frau ihre eigene Identität aufbauen können. Bedeutet "Barrieren durchbrechen" (wie Mattel verkündet) für eine Frau soziale Emanzipation und Wahlfreiheit oder Unterwerfung und "Bescheidenheit"?
Der Essayist Pascal Bruckner schrieb:
"Die Feinde der Freiheit werden zuerst aus den freien Gesellschaften rekrutiert, aus einigen der aufgeklärten Eliten, die dem Rest der Menschheit, sogar ihren eigenen Landsleuten, den Nutzen demokratischer Rechte verweigern, wenn sie das Unglück haben, einer anderen Religion, einer anderen Ethnie anzugehören".
Anstatt diese Schleier zu akzeptieren, sollte ein wahrer Feminismus die Rechte und Freiheiten aller Frauen verteidigen. Er sollte nicht ideologisch unterwürfig gegenüber denjenigen sein, die Frauen unterdrücken. Er sollte Frauen nicht auf ihre "Herkunftskultur" verweisen, unter dem Vorwand, ihre "Verschiedenheiten" nicht zu verletzen. Auf diese Weise kommt es nur zu einer Verstärkung von Ehefrauenprügel, Zwangsverheiratung, Zwangs-Abgeschiedenheit, Polygamie, Rechtsungleichheit, weiblicher Genitalverstümmelung und Steinigung wegen angeblichen "Ehebruchs", was allzu oft Vergewaltigung bedeutet.
Giulio Meotti, Kulturredaktor für Il Foglio, ist ein italienischer Journalist und Autor.