Kanzlerin Merkel stellte sich den Medien zu Flüchtlingen aus Mittelost nach Europa und Deutschland. Bis zu einer Million kommen 2015 aus Afghanistan, Pakistan, Eritrea, Syrien und Irak. Das Grundgesetz berge dies Recht politisch Verfolgter auf Asyl. Wer dies nun antaste oder Hass zeige, den treffe die Härte des Rechtsstaats. Ihr humanes Willkommen. Ereilt Berlin nun die Asylantenkrise daheim, da es sich in Syrien und Mittelost rauszuhalten suchte, selbst nach Giftgaseinsätzen 2013?
Angela Merkel erhob diese Krise zu einer Nationalaufgabe. Zuvor gerieten Frank-Walter Steinmeier wie Präsident Obama, Brüssel und die Nato zu reaktiv gegenüber Syrien-Irak. Mitte 2013 lehnte Merkel dort jede deutsche Beteiligung ab. Ihr Außenminister hätte klar auf Libyen reagieren müssen. Es fehlten sein offensiver und kritischer Umgang mit dem Islamismus und mit dem Atompakt. Die Kanzlerin, die dahinter steht, meinte defensiv, ihr Kurs sei Russland "nicht zu provozieren". Vielleicht wird ihr Nachfolger dies künftig einmal über Teheran sagen müssen. Im Ernstfall decken Moskau und Beijing Teheran ab. Riskierte ein US-Präsident dann, wie Obama immer noch erklärt, alles wegen Israel-Iran?
Merkel ist gegen das Gerede von der Weltmacht. Heute sucht sie mehr Verantwortung in Mittelost. Berlin sollte in der Revision seiner Regional- und Länderpolitik jene Ansätze finden, die Flüchtlingsmiseren abwenden, und seine Jihad-Geschichte aufarbeiten. Eine solche Initiative in Mittelost sicherte für Europa mehr innere Kohärenz wie eine Agenda des Antiislamismus und der Dejihadisierung. Kein Verstecken mehr hinter Amerika oder Europa. Vor einhundert Jahren erkundete der Berliner Martin Hartmann den Islamismus. Viel, was er fand, ist gültig. Manche sind mit Teilen davon sozialisiert, bringen diese mit.
Jihadeiferer
Der Arabist Martin Hartmann (1851-1918) edierte als 30jähriger einen "Arabischen Sprachführer für Reisende". Er diente Jahre als Kanzlerdragoman am Bairuter Konsulat. Prima geschult in Leipzig, lehrte er seit 1887 Arabisch am Berliner Seminar für Orientalische Sprachen. Er zog Beamte für den Auswärtigen Dienst heran. Zuvor erkundeten Orientalisten weder Soziologie noch Moderne. Aber er studierte Islam von Chinesisch-Turkestan über Ägypten-Libyen bis Westafrika, bereiste 1909 ebenso die Türkei. Er gründete 1912 die "Deutsche Gesellschaft für Islamkunde" und Georg Kampffmeyers Journal "Welt des Islams" mit. Im 55. Jahr gar mit online-Ausgabe. Hartmann prüfte seit 1898 die Idee des Jihads, suchte dazu Regeln.
Martin Hartmanns "Fünf Vorträge über den Islam", Leipzig 1912
- Presse, Parlamente aller Länder: panislamische Gefahr, aber sind muslimische Mitmenschen unsere Feinde?
- Marokko französisch, Persien britisch-russisch, Zentralasien russisch; allein Afghanistan/Türkei wehrfähig
- Fernere Hälfte der Muslime unter Kolonialisten - in Britisch-Indien 61 Mio., Niederländisch-Indien 33 Mio.
- Afghanistan, Türkei einzig eigenständige Islamländer mit 20 Mio.; unter Nichtmuslimen 230 Mio. Muslime
- 230 von 250 Mio. auch Reste des Bagdader Kalifats; Fazit: Islam ist als religiös politische Macht gebrochen
- Folge: Islam geht in Kulturwelt ein; einsichtige Muslime dazu Ja; Liaison Staat/Moschee: "Fluch des Islam"
- Fluch ist Wurzel dass Blühte zur Einöde, Völker der Künste zu fanatischen Massen niederer Gelüste wurden
- Medinas Schande: Ausrottung der Juden (627, Banu Quraiza بنو قريظة) und Mekka-Verbot für Nichtmuslime
- Drei Islam-Gruppen: 1 Bluts- oder 2 Glaubensverwandte; oder 3 Gottesmacht, die mit Realitäten kollidierte
- Doch die Höhere Einheit siegt, weder Propheten- noch Arabersippe, sondern "islamisch" ist letzter Trumpf
- Stopp Religion als Konflikt im Weltleben? Dazu erster Schritt im Staat Werden der Religion zur Privatsache
- Zwei Regeln: Erhaben über Nichtmuslime, besteuerte und geduldete Hörige, und Todesstrafe für Apostasie
Er sah Muslime nicht als "unsere Feinde" an, erhellte aber das Denken von Islamisten. Deren Erhabenheit der Suprimität folgte aus ihrer Idee einer "höchsten, wahren, letzten Offenbarung", mithin kein Zurück mehr zum "Vorislam". Deutsche seien turkophhil. Wie finden Islamländer die Moderne? Indem sie Kapitalismus mit Sozialismus vermischen. In Westasien kamen sie nicht einmal so weit wie Japan ab 1870, da sie "islamisch" bleiben wollten. Sie müssten Kulturstaaten werden. Damit Religion kein globaler Zündstoff sei, erläuterte der Akademiker weiter, möge sie zuerst in den Staaten zur Privatsache werden.
Hartmann beleuchtete die Sprengkraft von Wilhelms II. Ideen der Jihadrevolten im Hinterland seiner Rivalen, als die allermeisten Muslime unter diesen Nichtmuslimen in Europas Kolonien lebten. Er fand deren dritte Gruppe, die als ihre Staatsidee Unfassbares einführte: die Herrschaft Gottes und des Koran. Dies wäre unverträglich mit der Realität, zeitige ewige Zwiste. Das waren die Salafisten unter den Islamisten mit ihrem Islamstaat.
Nur zwei Jahre später im Weltkrieg wirkte Hartmann gegen seine Einsichten. Er förderte die deutsch-osmanische Jihadisierung des Islam, empfahl 1914 das durch Salih at-Tunisi für Kriegsminister Enver Pascha im Koalitionskrieg adaptierte Jihaddogma. Doch nach Kriegsende zerfiel des Osmanenreich in Dutzende Nationalstaaten. Deren Islamisten und Nationalisten verfehlten nach dem Ende des Kalifats 1924 ein Araberkalifat. Sie wirkten mit Nazis im Zweiten Weltkrieg, gaben diesen danach auch in Irak und Syrien Asyl, um deren Wissen zum Aufbau von Geheimapparaten gegen Juden und Israel zu benutzen.
Seit den 1960er Jahren kamen der Sozialismus der Sowjetart und ostdeutsche Einflüsse hinzu. Dies zeitigte noch islamistischere Reaktionen in Saudi-Arabien und 1979 Irans islamische Revolte. Autokratien wie al-Asads gerieten despotischer. Das "syroirakische Kalifat" von sunnitischen Arabern, wo zudem Apparate der Überwachung nach früheren Baath/Stasi-Blaupausen aufleben, zerstört das Vorislamische, betreibt Genozid an Minoritäten, Sklaverei und Fluchtwellen nach Europa und Deutschland. Was Hartmann noch einst als weit weg galt, treibt jetzt hautnah den früher langjährigen Jihadsponsor Berlin in eine gravierende Asylkrise. In der Tat, dies ist nur als nationale und europäische Aufgabe überwindbar.