Dies sei ein Kriegsakt, so Präsident Hollande am Freitagabend zu sechs koordinierten Terrorakten der Islamisten vom "Islamstaat", der sich da-zu bekannte. François Hollande verfolgte im Stadium das deutsch-fran-zösische Fußballspiel. Zum Glück kamen die drei Terroristen dort nicht hinein: einer fiel, zwei detonierten sich kurz davor. Ihre Angriffe mit Selbstmordwesten und AK47 Waffen zeitigten in vier Stunden 132 Tote und 415 Verletzte, darunter 80 schwer. Sieben Jihadisten kamen um, ei-ner ist flüchtig. Wie das Brandenburger Tor in Farben der Trikolore aus Solidarität aufschien, so auch das New Yorker One World Trade Center.
New York: Freedom Tower erstrahlt aus Solidarität in Blau, Weiß und Rot. |
Im Ausnahmezustand bei geschlossenen Grenzen und drei Tagen Staatstrauer, tagt das Parlament am Montag. Die Nation wird wohl massiver in den Krieg ziehen, um den "Islamstaat" als durch Hollande benannte Quelle des Verbrechens auszuschalten. Wohl kommunizierten Attentäter dabei mit ar-Raqqa. Bereits am Jahresbeginn erlebte die Nation ähnlichen Terror von Islamisten gegen die Redaktion "Charlie Hebdos". Noch Sonntag bombardierte Frankreichs Luftwaffe Ziele in ar-Raqqa, im Herz von ISIS.
Ob dies zur Wende im Globalkrieg führt, ist fraglich. Im türkischen Antalya beraten die G20-Staaten. Amerika nimmt keine Kursänderung vor. Präsident Obama traf am Rande seinen Amtskollegen Putin und bat diesen, den "Islamstaat" zu bekämpfen, seine Abwehr gegen die Schaffung vollendeter Tatsachen durch den Kreml aufgebend. Dieser regte das bereits vor den Vereinten Nationen an und verglich es mit der Anti-Hitler-Koalition. Jedoch ist dieses Bild völlig verzerrt. Vielmehr leben undemokratische Regimes auf. Im Überlebenskampf Israels bedrängt es die Europäische Union noch. Wo bleibt da Berlin?
Wladimir W. Putin verhüllt seine Ziele nicht. Er behält sich vor, dass Syrer die Regierung wählen. In Klartext: vorerst bleibt Bashshar al-Asad. Daran krankte die Wiener Beratung eines Dutzends von Staaten am Samstag. Zwar empfahlen sie, Wahlen in zwei Jahren. Doch verfehlte sie Einigkeit zu al-Asad. So hat Obamas Bitte an Putin einen Tribut. Einst befreite die Anti-Hitler-Koalition die Welt vom Übel. Dafür dehnte sich ein ähnlich extremes Regime in Osteuropa und global ein halbes Jahrhundert aus.
Als Sowjets implodierten, richtete sich so etwas wieder nach zwei Dekaden im russischen Kern auf und bildet totalitäre Achsen mit Regimes in China, Nordkorea, Iran, Syrien, West- und Mittelasien und Nordafrika. Der Preis, den Kreml in Mittelost als "Partner" einzuladen, steigt enorm. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam Befreiung und Unfreiheit für andere Völker, siehe auch Ukraine. So gelangt Mittelost nicht aus Kriegen und Elend heraus, sondern es zieht Europa voll mit hinein.
Camerons Gewinn
Es liegt an Wählern in Demokratien, fähige Politiker zu finden, die auf freiheitlicher Basis Führungen gegen solche neuartigen Achsen im Globalkrieg übernehmen. Amerika im ständigen Rückzug mag sich die Welt nicht lange leisten. Unter vier traditionellen Partnern, also Amerika, Frankreich, Großbritannien und heute auch Deutschland, hat lediglich London seit dem 19. Oktober eine offensive Strategie gegen diverse Arten des Extremismus, also gewaltsamer oder gewaltarmer von Islamisten und Neonazis.
David Cameron zielt auf Partnerschaften von Kommunen aufwärts ab. Er spitzte es auf den islamistischen Extremismus zu (linker Extremismus geht auch um). Gegen Islamismus vorzugehen, sei das Ringen seiner Generation. Die vergiftete Ideologie lasse wählen: Kopf in den Sand samt Schattenboxen oder Ausweiten demokratischer Werte, mit Zähnen und Klauen zu verteidigen. Er will den Kampf der Ideen wieder gewinnen. Überschaut man den britischen Weg, so kommt dies etwas sehr spät, hoffentlich nicht zu spät. Abgesehen von Paris, wo Staatsanwalt Francois Molins über die jihadistischen Zellen, extremistische Ideologie des Islamismus und islamistische Radikalisierung sprach, plagen sich Washington und Berlin in voller Verbalakrobatik und Vernebelung.
Clintons Unterscheidung
Auf der dritten Debatte von Demokraten in Des Moines, Iowa, erklärte Hillary R. Clinton Samstag, Amerika stünde nicht im Krieg mit "radikalem Islam", sondern mit Islamisten, worunter Jihadisten fielen. Was sind Islamisten, wenn nicht radikal? Sie kritisiert George W. Bush, der nach 9/11-Anschlägen gegen "gewaltsamen Extremismus" anging. Doch sei Amerika im Krieg gegen Leute, die ihre Religion für Macht und Unterdrückung nutzen. Ihr Kollege Bernie Sanders meinte, der Begriff sei nicht wichtig, sondern den "Islamstaat" und al-Qaida zu zerstören. Martin O'Malley nennt sie "radikale Jihadis". Er warnte, Muslime in Amerika Terroristen zu nennen, sondern es käme darauf an, radikale Gruppen auswärts zu bekämpfen. Muslime sehen, diese pervertieren ihren Glauben.
Ohne präzise Begriffe keine wirksame Kur. In Antalya sprach Präsident Erdoğan Sonntag vom globalen kollektiven Terrorismus, der keine Religion, Rasse oder Nation anerkenne, indes Präsident Obama auf eine verdrehte Ideologie des Tötens Unschuldiger verwies. Über 120 Jahre Islamismus sind unbekannt. Zum Glück nicht den Ägyptern und vielen Islamgelehrten aus 45 Ländern, die am Samstag in Luxor die Erneuerung des religiösen Diskurses und die Delegitimierung des terroristischen Denkens erörterten. Al-Azhar Großscheich Ahmad M. at-Tayyib warb um ein neue Islam-Sicht, darum, nicht diese Religion für die Verbrechen auszunutzen wie in Paris und im "Islamstaat". Er plädierte für eine kollektive Selbstverbesserung: إجتهاد جماعي. Vielleicht ein effektives Konzept.
Merkels Absolutheit
Kanzlerin Merkel will lieber in Afrika und Mittelost Fluchtursachen bekämpfen und in kameradschaftlichen Verhältnissen viel zahlen. Sie lehnt eine Obergrenze für Flüchtlinge ab, zeigt ihr freundliches Gesicht und hält an ihrem Kurs "absolut" fest. Wie lange lassen sich Steuerzahler dies ohne demokratische Legitimation ihrer Politik gefallen? Treibt es Angela Merkel willkürlich weiter, könnten sich "Pariser Anschläge" bald in Deutschland abspielen. Ihre Kanzlerschaft machte dann Geschichte, aber nicht auf der Sonnenseite.