Trotz der angeblich strengeren Asylregeln, die am 24. November verkündet wurden, herrscht in Schweden weiter das Chaos. Seit Jahresbeginn wurden 150.000 Asylbewerber registriert; da es für sie keine Unterkünfte gibt, schlafen Menschen in Zelten, auf Pappkartons in Ausstellungshallen oder sogar auf der Straße. Viele fliehen aus den Einrichtungen der Einwanderungsbehörde. 22.000 Personen, die eigentlich abgeschoben werden müssten, weigern sich, das Land zu verlassen. Verständlicherweise sind die Schweden zutiefst besorgt, dass sich Terroristen unter den Flüchtlingen verstecken könnten. Die Polizei ist mit nutzlosen Grenzkontrollen beschäftigt und kann nicht mehr ihrer normalen Arbeit nachgehen. Es ist keine Übertreibung, wenn man sagt: Schweden hat über so gut wie alles den Überblick verloren.
Darüber beschweren sich mittlerweile sogar die Asylbewerber. In der Sendung Uppdrag Granskning des staatlichen schwedischen Fernsehens berichtete Salwa, eine Mutter mit kleinen Kindern, am 2. Dezember dem Reporter, wie sie gezwungen ist, mit Männern, die sie als "schlechte Menschen" bezeichnete, zusammen in einer Asylunterkunft zu leben. Als der Reporter Salwa erklärte, dass jede Woche 10.000 neue Asylbewerber ankommen und deshalb alles drunter und drüber geht, erwiderte sie: "Dann schließen Sie die Grenzen. Hören Sie auf, noch mehr Leute aufzunehmen. Wenn Sie zehn Gäste in Ihrem Haus haben und nicht genug Platz für sie ist, würden Sie dann noch zehn weitere einladen?"
Schwedens sozialdemokratischer Ministerpräsident Stefan Löfven hatte im April in einem Interview mit der Tageszeitung Sydsvenskan gesagt:
"Es gibt keine Obergrenze [für die Zahl von Flüchtlingen, die Schweden aufnehmen kann]. Wir werden die Flüchtlinge aufnehmen, im Einklang mit den Abkommen, an die wir gebunden sind. Das haben wir auch früher getan. In den frühen Neunziger Jahren kamen viele aus dem ehemaligen Jugoslawien. Heute sind sie ein natürlicher Bestandteil der schwedischen Gesellschaft. Sie leisten einen großen Beitrag."
Folglich erschütterte es das schwedische Establishment wie ein Erdbeben, als Ministerpräsident Löfven und die stellvertretende Ministerpräsidenten Åsa Romson (Grüne Partei) am 24. November ihre neue, strengere Einwanderungspolitik vorstellten. Journalisten, die den regierenden Politiker niemals eine einzige kritische Frage über ihre Neigung zu offenen Grenzen gestellt hatten, schienen nun fassungslos – obwohl in den letzten Monaten eine Behörde nach der anderen vor einem unmittelbar bevorstehenden Zusammenbruch des Systems gewarnt hatte. Als Romson während der live übertragenen Pressekonferenz anfing zu weinen, weil sie, wie sie sagte, "gezwungen" sei, bei der Verschärfung der weltweit großzügigsten Einwanderungspolitik mitzumachen, glaubten alle, es müsse wohl wirklich etwas dran sein an den neuen Einwanderungsregeln.
Die Botschaft, die dem schwedischen Volk am 24. November übermittelt wurde, war die, dass die Grenzen so ziemlich geschlossen würden; dass Löfven entdeckt hatte, dass es doch ein Limit gibt. Die politische Partei, die der Einwanderungspolitik am kritischsten gegenübersteht, die Schwedendemokraten (Sverigedemokraterna), verkündete den Sieg. Ihr Vorsitzender, Jimmie Åkesson, ging sofort auf die Konservativen (Moderaterna) und die Christdemokraten (Kristdemokraterna) zu und bot ihnen an, die Regierung abzusetzen und mit ihnen eine neue zu bilden. Dass diese Einladung umgehend zurückgewiesen wurde, ist wohl im Lichte der Tatsache zu sehen, dass alle sieben Parteien im Parlament geschworen haben, niemals mit den "fremdenfeindlichen" Schwedendemokraten zu kooperieren.
Es macht also wohl keinen Unterschied, dass die anderen Parteien die politische Linie der Schwedendemokraten weitgehend übernommen haben – oder dass viele Konservative noch weiter gehen wollen und ihre Gesetzentwürfe leicht durchs Parlament bringen könnten, indem sie eine gemeinsame Regierung mit den Schwedendemokraten bilden.
Jemand von außen könnte den Eindruck bekommen, dass nun alle Parteien in Schweden darum konkurrieren, wer die schärfsten Maßnahmen vorschlägt. Die Konservativen fordern unter anderem, dass Personen, die aus einem anderen EU-Land kommen, nicht mehr in Schweden Asyl beantragen können sollen. Zudem verlangen sie neue Maßnahmen, um diejenigen abzuschieben, deren Antrag abgelehnt wurde. Die Regierung verhandelt bereits mit der afghanischen Regierung, um diese dazu zu bewegen, einige der Afghanen zurückzunehmen, die dieses Jahr in Schweden Asyl beantragt haben (insgesamt 36.261, davon 20.947 angebliche "Kinder").
Bislang scheint noch keinem Journalisten der Mainstreammedien aufgefallen zu sein, dass die neuen Grenzkontrollen – die eingeführt wurden, weil die Regierung offenbar zu dem Ergebnis kam, dass es eine "ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung und der Sicherheit im Land" gibt – keine erkennbaren Auswirkungen gezeitigt haben.
Die Medien vermitteln der Öffentlichkeit weiterhin den Eindruck, Asylbewerber würden tatsächlich an der Grenze gestoppt, und dass bis Weihnachten alle Grenzübergänge kontrolliert würden, wie es der Minister für Justiz und Migration, Morgan Johansson, angekündigt hat.
Doch wie an dieser Stelle kürzlich angemerkt wurde, braucht ein Terrorist, der nach Schweden reist, um Terroranschläge zu verüben, und der vermeiden möchte, irgendwelche Papiere vorzeigen zu müssen, nur der Grenzpolizei zu sagen, dass er Asyl beantragt. Er wird dann umgehend zur nächsten Einrichtung der Einwanderungsbehörde gefahren. Während diese versucht herauszufinden, mit wem sie es zu tun hat, kann er in der Ruhe des schwedischen Landlebens ungestört seine Anschläge planen. Und da die Einwanderungsbehörde im Schnitt 222 Tage benötigt, um eine glaubhafte Identität zu ermitteln, braucht er sich dabei nicht zu hetzen.
Bei der Grenzpolizei an der Öresundbrücke (zwischen Dänemark und Schweden) gibt es jemanden, der diese Farce satt hat. Gegenüber dem Gatestone Institute sagt er, dass die neuen Kontrollen zwar dazu führten, dass eine Reihe von Leuten – von denen viele geplant hätten, durch Schweden zu reisen, um in Finnland oder Norwegen Asyl zu beantragen – aus eigenem Antrieb nach Dänemark zurückgekehrt sind. Dass sich aber jemand weigere, sich entweder auszuweisen oder Asyl zu beantragen, und ihm folglich die Einreise verweigert wird, passiere selten.
"Die Wahrheit ist, dass Personen mit bösen Absichten genau wissen, was sie zu tun haben, wenn sie hierher kommen", sagt er.
"Die Information verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Die neuen Grenzkontrollen dienen lediglich dazu, die Öffentlichkeit zu beruhigen. Sie haben absolut keinen Einfluss auf den Zustrom von Migranten. Der Öffentlichkeit wird ein völlig falsches Bild von dem vermittelt, was wir hier machen. Die Leute wissen nicht, dass wir wahnsinnig viel Zeit damit verbringen, schwedische und dänische Pendler zu kontrollieren. Würden wir das nicht tun, würde die Presse ausrasten und über Diskriminierung schwadronieren."
"Man gewinnt den Eindruck, als würden diejenigen, die an der Macht sind, gar nicht wollen, dass Leute, die sich illegal hier aufhalten, abgeschoben werden. Sie geben ihnen kostenlose Gesundheitsversorgung, kostenlose zahnärztliche Behandlung und Schulunterricht für ihre Kinder. Die Botschaften sind immer mehrdeutig. Ich denke, sie müssen sich darüber klar werden, was sie eigentlich wollen. Diese Kontrollen haben keine Bedeutung. Sie sind bloß eine Formalität, um alles gut aussehen zu lasen und zu vermeiden, irgendjemanden zu diskriminieren. Wir sollten unsere Zeit und Mühe lieber dort einsetzen, wo beides benötigt wird."
Gatestone fragte Stephan Ray, den Pressesprecher der schwedischen Nationalpolizei (Rikspolisstyrelsen), warum die Polizei enorme Ressourcen in Grenzkontrollen investiert, die tatsächlich keinerlei Nutzen haben. Darauf sagte Ray, er habe nicht die Zeit, darüber zu reden, da er zum WC müsse; dann legte er auf.
Ein Experte für internationales Recht, der anonym bleiben möchte, sagte Gatestone, dass er nicht verstehe, was in den Köpfen der Regierung vorgehe, wenn sie Leuten, von denen Gefahren ausgehen könnten, die Einreise nach Schweden erlaube. In keinem internationalen Vertrag stehe irgendwo, dass das Asylrecht Vorrang habe vor der Sicherheit der einheimischen Bevölkerung eines Landes. Das Vernünftigste wäre es, sagt er, umzäunte Flüchtlingslager in Grenznähe zu errichten und die Asylbewerber nicht eher raus zu lassen, bis klar ist, dass sie keine Terroristen oder Kriegsverbrecher sind: "Laut der [Genfer] Flüchtlingskonvention von 1951", sagt er, "hat ein Land selbst dann das Recht, Leute zurückzuschicken, wenn sie Kriegsverbrecher sind und ihnen in ihrem Land die Todesstrafe droht".
Dessen ungeachtet können verurteilte Mörder und Kriegsverbrecher – zu ihrem Glück –in Schweden bleiben. Als Regel gilt, dass niemand, dem in seinem Heimatland die Todesstrafe oder Verfolgung drohen, zurückgeschickt wird. Das gilt sogar für Leute, die in Schweden schwerste Straftaten verübt haben und vom Gericht dazu verurteilt wurden, das Land zu verlassen. So ist etwa völlig unklar, ob der IKEA-Mörder Abraham Ukbagabir nach Eritrea abgeschoben werden kann, nachdem er seine Gefängnisstrafe abgesessen hat. Denn es gibt offenbar "Hindernisse", die einer Abschiebung nach Eritrea im Wege stehen. Kürzlich enthüllte die alternative Nachrichtenseite Nyheter Idag, dass, weil es "Hindernisse" bei der Abschiebung von Personen nach Syrien gibt, sogar Terroristen, von denen man weiß, dass sie Kämpfer des Islamischen Staates sind, in Schweden bleiben dürfen, wenn sie Asyl beantragen.
Gatestone fragte die Einwanderungsbehörde, warum sie sich über die Sicherheit ausländischer Bürger mehr Sorgen macht als über Leib und Leben der schwedischen Bürger. Matilda Niang vom Pressebüro der Einwanderungsbehörde antwortete, es sei unmenschlich, Asylsuchende so lange einzusperren, bis ihre Identität geklärt ist. "Das Einsperren", sagte sie, "würde auch Asylbewerber treffen, die keinerlei Verbrechen begangen haben".
Obwohl also viele Schweden erleichtert aufatmeten, als die Regierung verkündete, die Einwanderung zu begrenzen, birgt die neue Politik in Wirklichkeit keinerlei Unterschied.
Kein amtierender Politiker hat bislang Zweifel daran geäußert, dass es klug ist, Schweden von einem schwedischen Land in ein multikulturelles umzukrempeln, und niemand hat bislang gesagt, dass die Politik, Migranten zu importieren, aufhören muss.
Es ist sehr gut möglich, dass die Maßnahmen der Regierung bloß eine Fassade sind, die die schwedische Bevölkerung beruhigen soll, in der Hoffnung, dass aus dem Kessel etwas Dampf abgelassen wird.
Zu den neuen Maßnahmen gehören:
- Ein Moratorium für das Erteilen von dauerhaften Aufenthaltsgenehmigungen. Von nun gilt eine Aufenthaltserlaubnis drei Jahre und kann dann um ein weiteres Jahr verlängert werden. Eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis wird nur Personen erteilt, die nach Ablauf dieser Frist in der Lage sind, finanziell auf eigenen Beinen zu stehen.
- Strengere Regeln im Hinblick auf den Familiennachzug.
- Strengere Anforderungen, was die wirtschaftliche Unabhängigkeit betrifft.
- Medizinische Bestimmung des Alters sogenannter unbegleiteter Flüchtlingskinder.
- Personenkontrollen in allen öffentlichen Verkehrsmitteln: Auf Fähren, in Zügen und Bussen muss von nun an jeder einen Personalausweis oder Führerschein mit sich führen.
Die Befristung der Aufenthaltserlaubnis ist eine Nachricht, die sich unter den Migranten schnell herumsprechen wird. Ob das bedeutet, dass weniger Personen bleiben dürfen, ist aber fraglich. Nichts hält die Regierung davon ab, die befristete Aufenthaltserlaubnis nach Ablauf der vier Jahre in eine dauerhafte umzuwandeln. Zudem gibt es das Problem, was mit jenen Migranten zu geschehen hat, die das Land dann nicht verlassen. Bei den Afghanen, die behaupten, unter 18 zu sein, um eine bevorzugte Behandlung ihrer Asylanträge zu erwirken, das Alter medizinisch zu bestimmen, könnte allerdings einen Effekt haben. Schwedens Versäumnis, das Alter von Asylbewerbern zu bestimmen, hat zu einer Flut von "bärtigen Kindern" geführt. Jede Woche kommen 1.000 "Kinder" an, 80 Prozent von ihnen aus Afghanistan. In Dänemark, wo Altersbestimmungen üblich sind, hat sich herausgestellt, dass 50 Prozent der sogenannten Kinder in Wahrheit Erwachsene sind. In Norwegen und Finnland liegt diese Zahl sogar bei 66 Prozent.
Etwa 75 Prozent aller "Kinder", die einen Asylantrag stellen, erhalten in Schweden Asyl. Zu behaupten, unter 18 zu sein, steht darum bei Asylbewerbern hoch im Kurs. 2013 gab es 4.000, 2014 waren es 7.000; in den ersten elf Monaten des Jahres 2015 beantragten sage und schreibe 32.180 "unbegleitete Flüchtlingskinder" in Schweden Asyl. Mehr als die Hälfte kommt aus Afghanistan, die zweitgrößte Gruppe stammt aus Syrien, gefolgt von Eritrea und Somalia. Etwa 2.000 von ihnen sind Mädchen.
Einige Tage nach der Bekanntmachung von Schwedens neuen Asylregeln verlangsamte sich der Zustrom von Migranten deutlich. Am 28. und 29. November wurden nur noch 392 bzw. 375 Personen registriert (der Rekord liegt bei 1.500 pro Tag), die meisten von ihnen aus Afghanistan, Syrien und dem Irak. Am nächsten Tag sprang die Zahl der Anträge allerdings wieder auf über 1.000.
Der Rückgang sei sehr wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass weniger Flüchtlinge von der Türkei aus auf griechischen Inseln ankämen, sagte Anders Westerlund, ein Nachrichtenanalyst der Einwanderungsbehörde, gegenüber der Tageszeitung Aftonbladet. "Wir beobachten auch, dass strengere Grenzkontrollen auf dem Balkan und das kühle Wetter Leute davon abhalten, nach Europa zu kommen", sagte er. "Der Winter steht vor der Tür, das macht die Reise riskanter."
Unterdessen ist die Polizei mit nutzlosen Grenzkontrollen überfordert, kann ihre normale Arbeit nicht erledigen und Verbrecher tummeln sich auf den Straßen.
Die Staatsanwaltschaften haben scheinbar so wenig zu tun, dass sie kürzlich der Einwanderungsbehörde versprochen haben, ihr 30 unterbeschäftigte Staatsanwälte zur Verfügung zu stellen. Natürlich kommt die Einwanderungsbehörde kaum mit der derzeitigen Situation zurecht, obwohl sie kürzlich 1.200 weitere Mitarbeiter eingestellt hat. Die von der Einwanderungsbehörde gezahlten Gehälter kosten die schwedischen Steuerzahler 250 Millionen Kronen pro Monat (27 Millionen Euro) bzw. drei Milliarden Kronen (324 Millionen Euro) pro Jahr.
"Wir können 30 Staatsanwälte und Bürokräfte ausleihen", sagt der oberste Staatsanwalt Solveig Wollstad in einem Interview mit Gatestone, "weil die Zahl der Fälle zurückgeht. Die Polizei ist mit anderen Dingen beschäftigt, wie etwa dem Kampf gegen den Terrorismus und sich um Migranten zu kümmern."
Auf die Frage, ob die Situation irgendetwas damit zu tun habe, dass weniger Verbrechen verübt würden, antwortet Wollstad: "Nein, nein, nein. Der Rückgang hat seine Ursache nur darin, dass die Polizei sich so sehr um andere Dinge kümmert, wie die Verhinderung von Terroranschlägen und mit dem Zustrom von Migranten zurechtkommen. An den Grenzen werden nun mehr Polizisten benötigt. Schweden ist in der Krise. Wir sind nicht die einzigen, die Personal ausleihen: Das betrifft auch die Nationale Gerichtsverwaltung, die Strafverfolgungsbehörde, die Gefängnis- und Bewährungsaufsicht und eine Reihe von anderen Behörden."
Kurz: Die einzig sichtbare Auswirkung der neuen von der "humanitären Supermacht" erlassenen Asylregeln ist, dass die schwedische Polizei damit beschäftigt ist, die Ausweise von Leuten zu kontrollieren, die in Schweden kein Asyl beantragen wollen, und darum keine Ressourcen mehr hat, um Verbrecher zu ergreifen.
"Solange die in Schweden herrschende Rhetorik als ein Ausdruck von Göttlichkeit und Güte betrachtet wird", schrieb der Buchautor und Dozent für Betriebswirtschaft, Jan Tullberg, kürzlich in einem Artikel, "wird politische Inkompetenz weiterhin das Land lahm legen."
Während das Gatestone Institute zu den Artikeln steht, die Ingrid Carlqvist bisher für Gatestone geschrieben hat, ist Gatestone auf keine Weise mehr mit ihr verbunden.