Schwedens jüngster Versuch, sich als humanitäre und feministische Supermacht aufzuspielen, endete letzte Woche in einem Desaster.
Am 9. März sollte die sozialdemokratische Außenministerin des Landes, Margot Wallström, in Kairo eine Rede vor einer Versammlung der Außenminister der Arabischen Liga halten.
Der Generalsekretär der Arabischen Liga, General Nabil el-Arabi, hatte sie als Ehrengast geladen. Dass einem europäischen Außenminister eine solche Ehre zuteil wird, ist ungewöhnlich; das Angebot wurde, so glauben ägyptische Kreise, wohl im Zuge von Schwedens jüngster Entscheidung gemacht, Palästina als Staat anzuerkennen.
Wallström aber kam gar nicht zu Wort. Wie sie selbst erklärt, hinderte man sie an der geplanten Rede, nachdem Saudi-Arabien gegen diese Protest eingelegt hatte. "Sie haben sehr deutlich auf das reagiert, was wir über Demokratie und Menschenrechte gesagt haben", sagte sie gegenüber dem staatlichen schwedischen Radio. Generalsekretär el-Arabi verweigerte einen Kommentar, auch die Sprecher der schwedischen und der saudischen Botschaften in Kairo standen für Anfragen nicht zur Verfügung.
Es ist unklar, ob der Text von Wallströms Ansprache vor dem Treffen an die arabischen Außenminister verteilt worden war. Es kann ihnen jedoch nicht entgangen sein, dass sie zuvor die Auspeitschung des wegen "Beleidigung des Islam" verurteilten saudischen Bloggers Raif Badawi und die Lage der Frauenrechte in dem Königreich am Golf kritisiert hatte.
In Schweden selbst standen Wallström und Ministerpräsident Stefan Löfven bislang in der Kritik, weil sie entschieden hatten, Schwedens umstrittene Waffenexporte an Saudi-Arabien fortzusetzen.
Am 10. März aber verkündete der schwedische Verteidigungsminister Peter Hultqvist eine Wende in dieser Frage: Schweden werde die Waffenverkäufe an Saudi-Arabien stoppen. Diese Entscheidung, so beteuert die schwedische Regierung, sei etliche Tage vor dem unglücklichen Erlebnis getroffen worden, das Außenministerin Wallström in Ägypten hatte.
Einen Tag später, am Mittwoch, rief Saudi-Arabien seinen Außenminister aus Stockholm zurück.
Schwedens Außenministerin Margot Wallström wollte die Arabische Liga über Menschenrechte belehren. Saudi-Arabiens König Salman war not amused. (Foto: Wikimedia Commons) |
Unmittelbar nach der saudischen Absage von Wallströms Rede auf der Kairoer Konferenz hatte ihr Pressesprecher, Erik Boman, der schwedischen Nachrichtenagentur TT gesagt: "Sie [die Saudis] versuchen, das Gesicht zu wahren."
Schwedische Prioritäten
Inzwischen wurde der Text von Wallströms geplanter Rede auf einer Website der schwedischen Regierung veröffentlicht.
Sie bezieht sich darin nicht auf Menschenrechtsverletzungen in bestimmten arabischen Ländern, sondern auf die missliche Lage von Frauen und die Menschenrechte im Allgemeinen:
"Menschenrechte sind eine Priorität der schwedischen Außenpolitik. Die Freiheit, Vereine zu gründen, sich zu versammeln, die Religion auszuüben und sich zu äußern sind nicht nur fundamentale Menschenrechte und wichtige Werkzeuge beim Aufbau lebendiger Gesellschaften. Sie sind unabdingbar im Kampf gegen Extremismus und Radikalisierung. Ebenso wie eine lebendige Zivilgesellschaft. ... Gestern war der Weltfrauentag. Dies ist ein Tag, an dem die Errungenschaften der Frauen gefeiert werden, der Herausforderungen gedacht und der Blick auf Frauenrechte, die Repräsentanz von Frauen in der Gesellschaft und ihre materielle Teilhabe gerichtet wird. Die Erfahrung lehrt uns, dass Frauenrechte nicht nur den Frauen zugute kommen, sondern der Gesellschaft als ganzer. ... Vor über 20 Jahren, im Jahr 1994, traf sich die Internationale Konferenz für Bevölkerung und Entwicklung hier in Kairo, um über verschiedene Dinge zu beraten, darunter die Bildung von Frauen und ihr Schutz vor allen Formen der Gewalt, wie etwa der weiblichen Genitalverstümmelung und sexueller Belästigung. Viele dieser Punkte stehen auch heute noch im Mittelpunkt; ich halte Sie dazu an, dazu beizutragen, die Vereinbarung umzusetzen, die hier in Kairo vor 20 Jahren unterzeichnet wurde."
Die Außenministerin scheint nicht zu wissen, dass "Menschen- und Frauenrechte" in vielen arabischen Staaten, darunter Saudi-Arabien, ein No-Go-Thema sind. Sie scheint auch ahnungslos zu sein, was die Kairoer Erklärung über Menschenrechte im Islam von 1990 betrifft, der zufolge jegliches Menschenrecht in Einklang mit dem Recht der islamischen Scharia stehen muss – was bedeutet, dass es keine "Menschenrechte" nach westlichem Verständnis gibt, sondern nur Pflichten, die Allah und sein Prophet dem Menschen auferlegt haben. Alles, was im Rahmen der Scharia ist, ist ein Menschenrecht. Alles andere ist kein Menschenrecht.
Verurteilung Margot Wallströms
Nach dem diplomatischen Eklat in Kairo verurteilten die arabischen Außenminister Wallström in einer Erklärung: "Die arabischen Staaten weisen Wallströms Äußerungen ganz und gar als unverantwortlich und inakzeptabel zurück. ... Die Verfassung Saudi-Arabiens gründet auf der Scharia, die die Rechte der Menschen schützt und ihr Blut, ihren Besitz und ihre Ehre wahrt."
Das saudische Kabinett unter Vorsitz des Wächters der Zwei Heiligen Moscheen, König Salman, wies am 9. März jegliche Kritik an der saudischen Rechtssprechung zurück; deren Urteile basierten auf dem islamischen Recht und "werden unparteiisch umgesetzt, um die Stabilität und Sicherheit des Landes zu bewahren".
Schwedens Regierung, Parlament und Mainstream-Medien scheinen keinen Schimmer zu haben, was das Gesetz der islamischen Scharia bedeutet. Im Grunde ihres Herzens glauben sie offensichtlich, dass wir alle dasselbe denken. Da Schweden sich für Demokratie, Freiheit und Gleichberechtigung einsetzt, kann sich das schwedische Establishment wohl nicht vorstellen, dass andere darüber anders denken könnten.
Das ist das Credo, das Schwedens Außen- und Einwanderungspolitik seit vielen Jahren zugrunde liegt. Nun aber ist die schwedische "humanitäre Supermacht" offenbar an die Grenzen einer auf Liebe und Verständnis basierenden Politik gestoßen.
Hätte Margot Wallström die Diplomatenschule besucht, wäre ihr klar gewesen, dass sie und ihre Regierung drei Raketen auf die arabische Welt und insbesondere auf Saudi-Arabien abgefeuert haben:
- Schweden weigert sich, Saudi-Arabien weiterhin Waffen zu verkaufen.
- Margot Wallström will die Arabische Liga über Menschenrechte belehren.
- Wallströms Sprecher beschuldigt die Saudis, das Gesicht wahren zu wollen.
Als Folge der jüngsten Entwicklung hat Schweden im Nahen Osten – und wahrscheinlich in der ganzen islamischen Welt – an Einfluss verloren.
Durch die Anerkennung von Palästina als souveränem Staat und seine jahrelange anti-israelische Propaganda hat sich Schweden in Israel zur terra non grata gemacht – und jetzt kann auch Saudi-Arabien es nicht mehr leiden.
Ein Mitgliedsland der EU, das sich als universellen Lieferanten von Frieden und Liebe betrachtet, ohne zu verstehen, was tatsächlich in der Welt abgeht, wird natürlich dort, wo echte Politik gemacht wird – in Washington, London, Berlin, Brüssel, Moskau, Peking, Kairo usw. – an Glaubwürdigkeit und Einfluss verlieren.
Man fragt sich, wohin die schwedische Regierung als nächstes gehen wird, um Abnehmer für ihre uninformierte, idealistische Weltpolitik zu finden.
Während das Gatestone Institute zu den Artikeln steht, die Ingrid Carlqvist bisher für Gatestone geschrieben hat, ist Gatestone auf keine Weise mehr mit ihr verbunden.