Selten zuvor agierte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen derart rasch: einhellig nahm er Montag früh, am 20. Juli, Präsident Obamas Atompakt vom 14. Juli samt liierten Texten an, noch ehe der Kongress abstimmte. Der ist überrumpelt, zumal Nebenpakte der Atom-Energiebehörde zum Militärort Parchin und zur nuklearen Vorarbeit geheim bleiben sollen. Berichte folgen am Jahresende. Das ist gegen die Resolution des Kongresses vom 14. April, der alles sehen will. Dies ist Obamas Pakt, der plangemäß in Kairo am 4. Juni 2009 sagte, keine Nation soll wählen, welche Nation Atomwaffen habe, wobei jede Nation, auch Iran, das Recht auf friedliche Kernenergie habe, und am 29. Dezember 2014, er hoffe auf Iran als normale "sehr erfolgreiche Regionalmacht". Wer, Obama oder Ali al-Khaminai, handelt irreal?
Als Außenminister John Kerry am 22. Juli in einer sekreten Sitzung Kongressmitglieder zum Atompakt informierte, sagte danach der New Yorker Peter King, das sei ein schlechter Pakt für Amerika. Kerry meinte, Iran fühle sich verraten, würde dieser Pakt nicht bestätigt und Amerika wäre isoliert (daher die Eile mit der UN). Kings Antwort: Dies sei ihm egal, es gehe um Amerikas Sicherheit und Kerry hätte Iranern die Rolle des Kongresses erklären müssen. Es sei völlig falsch und arrogant von der Administration gewesen, ergänzte King, die Sache der UN zu geben, ohne dass der Kongress abstimmte. Er votiere gegen den Pakt.
Offen ist, ob der Kongress eine vetosichere Mehrheit gegen Obama erzielt. Sollte das so sein, würde der Pakt negiert. Risiko: Teheran ist nicht mehr gebunden und strebt offen Atomwaffen an. Auch tut der Führer Ayatullah Ali al-Khaminai so, als hätte Iran nicht alle Welt ein Dutzend Jahre betrogen. Seine jüngsten Tweets erhellen seine aggressive Absicht.
Ausgewählte Tweets des iranischen Führers Ayatullah Ali al-Khaminai, Teheran 18. bis 20. Juli 2015
|
Kanzlerin Merkel, die am 17. Juli mit Premier Netanjahu zum Pakt telefonierte, wähnte darin den "historischen Tag für alle, die eine friedliche Konfliktbeilegung" wollen (Obamas Rede: "Krieg oder Frieden"). Der Pakt sollte besser sein. Netanjahu nennt ihn "historischen Fehler". Merkel ruft "Hurra!", Netanjahu "Verrat!" Wahrt sie Israels Interesse? Ihr fehlt Eigenes gegen Obama, für Israel, obwohl sie klarer Islamismus sieht.
Gegenideologie
Jüngst betrat David Cameron ein Feld, das, Tony Blair ausgenommen, viele kaum erkennen oder vernebeln. Präsidenten von Bill J. Clinton bis Barack H. Obama predigten Extreme: "Islam ist Frieden" bis "Das ist kein Islam". Dreierlei fehlte: die Trennung von Ideologie und Religion, Islamismus und Islam,الإسلامية والإسلام , Muslimen und Islamisten, letzteres als deren Selbstzeichnung al-Islamiyyun,الإسلاميون . Untauglicher ist "Politislam", al-Islam as-Siyasi, الإسلام السياسي, da Islam in der Einheit von Macht und Moschee stets politisch ist. Laut "Economist" reifen Islamismus von al-Qaida und "Islamstaat" zur Ideologie Afrikas.
Politiker verkennen beide Seiten einer Medaille, Terrorismus und Islamismus. Da diese Folge und Ursache sind, muss die Strategie gegen Terror zuerst dessen Ideologie betreffen, Islamismus. Alles, was Terroristen tun, läuft ja zuerst in ihren Köpfen ab, ob im Rückgriff auf Islammuster oder den Panislamismus um 1900 als Bewegung mit Jihad-Doktrin. Nötig ist heute eine nationale Agenda des Antiislamismus, die Ideologie samt Terror überwindet.
Cameron meint, jede Strategie, den islamistischen Extremismus zu schlagen, muss zuerst die extreme Ideologie konfrontieren, auf dem er beruhe. Wäre zu ergänzen, die Ideologie kam nach 1700 auf. Abd al-Aziz Hamza gab seine "Theorie des Islamismus" 1917 bekannt: eine globale Muslimbruderschaft für das Kalifat im Griff zur Weltmacht, wo Feinde universell bekämpft werden.
Dass Cameron "Islamismus" verfehlt und "islamistischer Extremismus" benutzt, hemmt Vergleiche in Jahrhunderten, obwohl Briten wie George P. Gooch und der Iranist Edward G. Browne 1902 nicht nur Islamismus sahen, sondern die Gefahr, dass der Kaiser die Ideologie durch Bruderschaften im nahenden Weltkrieg gegen die Kolonien ausnutzen würde, gegen das Empire. Was 1914 noch als dreikontinentaler Jihad in Afrika, Asien und Europa begann, globalisierte sich ständig, hörte nie auf. Dies sind 101 Jahre globaler Jihad.
Premier Cameron widersprach nun Obama, der betonte, Terror mit Islam zu verknüpfen, gebe dem nur Legitimität. Doch, dies sei Islam, Extremisten nennen sich Muslime [um diese zu lenken und in ihrem Namen "Höherwertigkeit gegen Ungläubige" zu zeigen,كفّار Kuffar]. Wer dies negiere, schwäche nur Reformer, die den Mix von Religion in Politik abweisen, auch durch die Islamtexte. Camerons "Extremisten" und "Counter-Extremism" bleiben zwar unscharf, wo es in einem Wort um "Islamisten" und "Antiislamismus" geht. Doch hegt er eine Agenda und gibt Obama, Merkel und François Hollande Hausaufgaben auf. Man darf auf seinen zweiten Schritt sein, die für Herbst angekündigte "Strategie des Anti-Extremismus".